AFD-Mann Claussen äußert sich zu seinem Auftritt im Kreistag

von Nino Milizia


Dr. Tyge Claussen (AFD). Foto: Privat
Dr. Tyge Claussen (AFD). Foto: Privat

Goslar. Nach dem Eklat im Kreistag hat Dr. Tyge Claussen in einem Schreiben an den Landrat Stellung zu seinem Auftritt bezogen. Um eine faire Berichterstattung zu gewährleisten, veröffentlichen wir an dieser Stelle ungekürzt und unkommentiert die Erklärung des AFD-Mitglieds.


Sehr geehrter Herr Landrat Brych,

Mit Hilfe des - wegen seiner System-Mängel und Manipulierbarkeit - berüchtigten, statistischen Mandatszuteilungsverfahrens von Hare-Niemeyer hat der Landkreis Goslar, im Kreiswahlbereich Oberharz der FDP zu einem weiteren Kreistagssitz verholfen. Dadurch erhielt die AfD im Oberharz keinen Kreistagssitz. Diesen Sitz hätte aber Ihre Behörde meiner Partei AfD zuteilen müssen. Denn mit 2.198 Wählerstimmen hatte die AfD in der Kreistagswahl vom 11.9.16 deutlich mehr Stimmen gewonnen als die FDP mit 1.939 Stimmen. Durch diese verfassungswidrige Wahlerfolgs-Umkehr (BVerfG-Urteile v. 3.7.08 - 2 BvC 1/07 u. v. 25.7.12 – 2 BvE 9/11, s. z.B. Randnr. 85) wurde im Nachhinein in wahlverfälschender Weise die Wählerentscheidung auf den Kopf gestellt. Als AfD-Kandidat war ich davon direkt nachteilig betroffen.

In meinem Wahleinspruch vom 19.9.16 forderte ich Ihre Behörde auf, der FDP diesen Sitz wieder zu entziehen und der AfD zuzuteilen. Am 9.11.2016 verhandelte der Kreistag über meinen Wahleinspruch. Als Einspruchsführer hatte ich Rederecht, um mein Begehren zu begründen. Ihre Behörde lud mich daher zu dem Verhandlungstermin des Kreistages ein.

Mitten in meiner Rede entzog mir die Kreistagsvorsitzende Frau Lucksch überraschend und willkürlich das Wort. Angeblich hätte ich die Redezeit überschritten. Aber weder in der Sitzung selbst noch in der schriftlichen Einladung Ihrer Behörde ist mir mitgeteilt worden, dass meine Redezeit begrenzt war! Das hatte mich aus der Fassung gebracht. Für mein entrüstetes Benehmen bitte ich um Entschuldigung, aber auch um Verständnis.

Denn anders als die Kreistagsmitglieder befand ich mich – wie aus der Einladung Ihrer Behörde (1.0.1) vom 19.10.16 zu entnehmen ist - in einem Verhandlungstermin am Ende eines gesetzlichen Wahleinspruchsverfahrens. Um mein Begehren begründen zu können, hatte ich als Verfahrens-Betroffener nicht nur Anspruch auf eine angemessene Redezeit, sondern sogar auf einen Meinungsaustausch! Zum letzteren kam es aber nicht. Ich musste meine Rede abbrechen und den Saal verlassen. Danach konnte die Kreiswahlleiterin Frau Körner mehrmals ihre Rechtsauffassung gegenüber den Kreistagsabgeordneten vertreten und zur Diskussion stellen. Genau das wurde mir als Verfahrensbeteiligter verwehrt! Die Einseitigkeit bestand auch darin, dass mein Wahleinspruch den Abgeordneten nicht zur Verfügung gestellt worden war; ihnen wurden nur die Verwaltungsvorlage mit der Beschlussempfehlung von der Kreiswahlleiterin Frau Körner zugesandt.

Daher die Frage: ist dieser Verhandlungstermin ordnungsgemäß durchgeführt worden?

Unabhängig von der erwähnten Unzuverlässigkeit und Manipulierbarkeit des Sitzzuteilungsverfahrens von Hare-Niemeyer hat die Benachteiligung der AfD offensichtlich noch weitere Ursachen. Wegen Redeverbotes konnte ich dazu nicht mehr weiter vortragen. Das möchte ich hier nachholen. Denn im Vergleich zu den anderen Parteien musste die AfD die meisten Stimmen aufbringen, um überhaupt einen Kreistagssitz zu bekommen. Im Kreisgebiet benötigte die AfD für einen Sitz 3.821,00 Stimmen. Die wenigsten Stimmen benötigten die Parteien der Koalition SPD, die FDP und die Grünen mit 3.418,53, 3.122,00 bzw. 3.101,25 Stimmen je Sitz. Gleiches ist auch in der Stadt Goslar geschehen. Dort musste die AfD sogar rund doppelt so viele Stimmen aufbringen um einen Ratssitz zu bekommen als die Alternative für Goslar (AfG). Da diese Merkwürdigkeit mehrmals auftrat, kann es sich nicht um einen Zufall handeln.

Dazu passt, dass die Kreiswahlleiterin Frau Körner – anders als ihre Kollegen der Stadt Goslar - seit Mitte September auf unsere Beschwerden, und auf meinen Hinweis im Kreiswahlausschuss sowie auf unsere Wahleinsprüche und meinen Nachtrag nicht reagiert hatte; und das, obwohl sie zur Bearbeitung eines Wahleinspruchs gesetzlich verpflichtet ist. Sie hatte bis zum Kreistagstermin 9.11.16 nicht zu erkennen gegeben, ob sie die Wahleinsprüche der AfD in der Sache überhaupt in Bearbeitung genommen hatte. Frage: Kann das noch als bürgerfreundliches Verwaltungshandeln gelten oder ist das schon ein Verstoß gegen die amtliche Prüfpflicht? Angesichts des Näherrückens der konstituierenden Kreistagssitzung am 9.11.16 waren wir zu den Eilanträgen beim Gericht genötigt.

Im Übrigen hatte das Gericht sich mit keinem Wort zur Sache geäußert. Es hat nur darauf hingewiesen, dass vor einer Klage die Wahlprüfungsentscheidung am 9.11.16 im Kreistag abgewartet werden müsse. Bekanntlich hat der Kreistag meinen Wahleinspruch am 9.11.16 abgelehnt. Gegebenenfalls behalte ich mir eine Klage vor. Ich bitte Sie daher, mir die Kreistagsentscheidung nebst Begründung unverzüglich zuzuschicken.

Außerdem bitte ich Sie meine Fragen zum Ablauf des Wahleinspruchsverfahrens und des Verhandlungstermins schnellstmöglich zu beantworten.

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