Auch das noch: Fliegerhorst-Neubaugebiet liegt wohl auf ehemaligem Zwangsarbeiterlager

Historische Dokumente liefern deutliche Anhaltspunkte dafür, dass auf dem Gelände des geplanten Neubaugebietes zur Zeit des Nationalsozialismus russische Zwangsarbeiter untergebracht waren.

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Viele Fliegerhorst-Gebäude haben eine düstere Vergangenheit. Auf dem Gelände musste auch Zwangsarbeit von ausländischen Gefangenen der Nationalsozialisten verrichtet werden.
Viele Fliegerhorst-Gebäude haben eine düstere Vergangenheit. Auf dem Gelände musste auch Zwangsarbeit von ausländischen Gefangenen der Nationalsozialisten verrichtet werden. | Foto: Marvin König

Goslar. Am heutigen Donnerstagnachmittag tagt der Bauausschuss über den Beschluss eines neuen Bebauungsplans am nördlichen Fliegerhorst. Politisch und gesellschaftlich sind die Bautätigkeiten dort hoch umstritten (regionalHeute.de berichtete). Nun haben Goslarer Historiker alte Lagepläne aus der Zeit des Nationalsozialismus und bislang erfolgte Forschungen ausgewertet und kommen zu dem Schluss: Der Bebauungsplan 177 liegt direkt auf dem ehemaligen Barackenlager für sowjetische Zwangsarbeiter.


Das an der Straße Grauhöfer Landwehr unweit des Fliegerhorstes gelegene SS-Außenlager des Konzentrationslagers Buchenwald ist hinlänglich bekannt. Im Jahr 2002 wurde unter Bürgermeister Rüdiger Wohltmann ein Gedenkstein eingeweiht, der sich an einem Gehweg nahe des Westeingangs zur sogenannten "Franzosenkaserne" befindet. "Die Häftlinge mussten unter anderem auf dem militärisch genutzten Fliegerhorst und in der Sandgrube Hahndorf Zwangsarbeit leisten. Eine präzisere Formulierung wurde uns seinerzeit von der Kulturausschussvorsitzenden, die den Stein politisch zu bewilligen hatte, nicht gestattet. Aus Rücksicht auf die Bundeswehr, wie sie ganz offen sagte." - So geht es aus einer Studie des beteiligten Vereins Spurensuche Harzregion e.V. aus dem Jahr 2020 hervor.

Russenlager-Standort nicht abschließend geklärt


In den Akten aus der Zeit des Nationalsozialismus wird auch mehrfach das "Russenlager" erwähnt. Wo sich dieses offenbar erst 1941 eingerichtete Lager befand, konnte durch den Spurensuche-Verein nicht abschließend geklärt werden: "Offensichtlich aber innerhalb des Fliegerhorsts und nicht im Bereich des Arbeiter-Baracken-Lagers an der Landstraße. Es existierten zwei Holzbaracken nördlich Gebäude 71 die, möglicherweise - extra eingezäunt - das sogenannte "Russenlager" darstellten.

Indizien für Bauten hinter "Block 71"


Konkret beziehen sich diese Ergebnisse auf Forschungsarbeiten des Fliegerhorst-Historikers Dr. Donald Giesecke. Er selbst diente als Oberfeldarzt der Reserve zu Bundeswehrzeiten dort. Der Bau des Russenlagers geht aus einem Schriftverkehr zwischen einem SS-Hauptscharführer an die Kommandantur des Konzentrationslagers Buchenwald vom 15. November 1941 hervor. "Wahrscheinlich handelte es sich um Holzbaracken, die hinter Block 71 zu diesem Zeitpunkt erstellt wurden", schlussfolgert Giesecke in seinem Buch. Ein Vergleich mit zeitgenössischen Bebauungsplänen belegt tatsächlich das Auftauchen mehrerer mit "Baracke" gezeichneten Gebäude hinter Block 71 zu diesem Zeitpunkt. Eben genau auf der Fläche, auf der mit positivem Beschluss des Bauausschusses am heutigen Donnerstag nun 15 Wohnhäuser entstehen könnten.


Brandbrief an die Kriegsgräberfürsorge


Auch wenn ein abschließender Beweis dafür, dass es sich bei den Baracken tatsächlich um das schriftlich überlieferte "Russenlager" auf dem Gelände des Fliegerhorsts handelt noch aussteht, liefern die neuen Erkenntnisse deutliche Indizien. Belege für die Unterbringung von Zwangsarbeitern auf dem Fliegerhorst-Gelände zwischen 1938 und 1944 bestehen ohnehin. So spricht die Studie von "87 Personen unterschiedlicher Nationalitäten, die mit einer Arbeitstätigkeit auf dem Fliegerhorst in Verbindung zu bringen sind." Der Verein Spurensuche Harzregion e.V. hat sich deshalb mit einem Brandbrief an das Büro für Kriegsgräberfürsorge und Gedenkarbeit der russischen Föderation in Berlin gewandt. Eine Rückmeldung stand zum heutigen Donnerstag noch aus. Auch für regionalHeute.de war das Büro bislang nicht zu erreichen.


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