Goslar. Nach fast 18-monatiger Schließzeit öffnet das Goslarer Theater am kommenden Donnerstag wieder seine Türen für Besucherinnen und Besucher. Unter Beachtung der 2-G-Regel wird als erstes "007 - Keine Zeit zu sterben" zu sehen sein. Florian Wildmann freut sich im Gespräch mit regionalHeute.de über den Neustart in einem der ältesten Kinos Deutschlands. Denn während der Corona-Pandemie sah es zeitweise düster um das Traditionshaus aus.
Vorstellungen wird es im Goslarer Theater künftig von Donnerstag bis Sonntag geben. Vorerst je zwei Vorstellungen pro Tag, nachmittags und Abends. Dass man sich im Goslarer Theater dafür entschieden habe, den Zugang nur Geimpften und Genesenen zu ermöglichen, liege an den beengten Verhältnissen. "Dazu kommt, dass wir gesagt haben, nach 18 Monaten Stillstand muss die Bude wieder laufen", erklärt Wildmann. Denn mit 2G entfällt auch die Beschränkung bei der Anzahl der maximal belegbaren Sitzplätze.
Das Goslarer Theater soll künftig eher Programmkino werden und auch als Vorstellungsort für Kunstfilme dienen. Wildmann will auch alte Traditionen wiederbeleben: "Mal eine lange Filmnacht, mal ein Wunschfilm und all solche Sachen, die wir einfach im großen Haus gar nicht machen können"; Kino mit den Zuschauern, sozusagen. Ein Programm mit ausgesuchten Filmen für die ganze Familie, wie es die Cineplex-Website selbst beschreibt.
Auf die Frage, ob er nach all der Zeit daran gedacht habe, das Kino zu schließen wird der Kinobetreiber ernst: "Für mich nach rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten, ja. Für Jill, meine Frau, unter den Traditionsgesichtspunkten nie." 1910 habe seine Familie das erste Goslarer Kino im Fleischscharren eröffnet: "Wir sind einer der ältesten Kinofamilienbetriebe deutschlandweit. 111 Jahre. Im nächsten Jahr feiern wir 25-jähriges Bestehen der Cineplexgruppe. Da wird auch ein Buch herauskommen, in dem alle Familiengeschichten der ganzen Unternehmensgruppe erzählt werden."
Rein wirtschaftlich gesehen wird das Traditionshaus in der Innenstadt vom Cineplex in der Baßgeige gestützt. Von dem, was das Goslarer Theater früher mal als eigenständiges Kino gemacht hat, ist etwa ein Fünftel übrig geblieben." Im großen Cineplex werde etwa der sechsfache Umsatz gemacht. "Wobei man auch bedenken muss", so Wildmann, "so einen Kinostandort wie Goslar gibt es bundesweit nicht nochmal. Eine Stadt mit eigentlich unter 50.000 Einwohnern und 13 Kinosälen an zwei verschiedenen Standorten muss man echt suchen."
Kinos für die Region
Entsprechend groß sei auch das Einzugsgebiet der Goslarer Kinos. Mit der Schließung des Kinos in Salzgitter sei nun auch diese Stadt hinzugekommen. Richtung Westen gebe es in Bad Gandersheim lediglich ein Kino mit einem Saal, größere Kinos gibt es erst wieder in Hildesheim und Göttingen. "Das nehmen wir alles mit", so Wildmann stolz. "Die Erreichbarkeit von der B6 ist auch wahnsinnig gut. Und ein Riesenteil unserer Besuche machen auch Besucher aus dem Landkreis Harz aus. In Wernigerode gibt es ja auch nur drei Säle."
Verleihgebühren belasten Kinobetreiber
Mit mehr Sälen zu planen sei heutzutage auch geboten. Während in den 90er-Jahren noch sieben bis acht große Säle für einen Multiplex-Standort en vogue waren, plane man heute lieber mit 10 bis 14 Räumen und zeige dafür mehr Filme. Auch, weil die Verleihgebühren in den letzten 30 Jahren stetig gestiegen seien. Die Vorstellung, dass ein Kinobetreiber nur einmal für den Verleih eines Films bezahlt und der Rest Profit ist, sei falsch: "Wir bezahlen unseren Anteil pro Kinobesucher. Der liegt pro Karte bei 53 Prozent innerhalb der ersten vier Wochen", stellt Wildmann klar. "Deshalb wundern sich viele auch im Goslarer Theater, wenn wir Filme nach etlichen Wochen zeigen, die vorher im Cineplex gelaufen sind. Aber nach den ersten vier Wochen geht die Verleihgebühr nach unten. Da kann ich teilweise mehr verdienen als in den ersten vier Wochen."
"Das Leben kehrt zurück"
Am Erfolg von Kinos auch in Zukunft hat Wildmann keinen Zweifel. Von vielen Medien sei zwar regelmäßig beschworen worden, dass Kinos tot seien, aber "die lagen bisher immer alle daneben", so Wildmann. "Mittlerweile liest man das schon gar nicht mehr. Alle haben gesagt, mit Corona wird das alles nichts mehr mit Kino. Es wird nicht mehr zurückkommen. Was die immer alle völlig außer Acht lassen, ist die soziale Komponente. Und diese soziale Komponente hab ich im Kino. Die hab ich zu Hause nicht." Bei der zaghaften Eröffnung unter strikten Auflagen zwischen dem ersten und zweiten Lockdown sei es schwierig gewesen. Zwei bis drei zugfähige Filme waren da, die Situation, so der Goslarer Kinobetreiber vorsichtig, sei "nicht so gewesen, dass man sich gefreut hat." Zur Eröffnung aller Kinos deutschlandweit - eine Einigung in der Branche - kamen jedoch endlich die langersehnten großen Neuerscheinungen. "Und siehe da: Wir waren unterm Strich alle selber davon überrascht, wie viele Besucher eigentlich kommen. Das Leben kehrt zurück. Das Leben kehrt, glaube ich, viel deutlicher nach draußen zurück als es in den eigenen vier Wänden stattfinden wird", so Wildmann abschließend.
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