"G" wie Goslar - Buchstabiertafel wegen NS-Vergangenheit geändert

Die Tafel wurde aufgrund von Kritik vom Antisemitismusbeauftragten des Landes Baden-Württemberg vom Deutschen Institut für Normung (DIN) von Vornamen auf Städtenamen umgestellt.

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Symbolbild | Foto: Till Siebert

Goslar. Das Deutsche Institut für Normung e. V. (DIN) hat vorige Woche seine aktualisierte Buchstabiertafel vorgestellt. Im vorigen Sommer hatte der Verein auf die Kritik reagiert, dass im Rahmen der NS-Zeit jüdische Namen auf der Buchstabiertafel ersetzt wurden. So wurde aus David Dora und aus Nathan Nordpol. Es wurde eine neue Buchstabiertafel vorgeschlagen, die auf Städtenamen setzt.



Jetzt wurden einige Städtenamen geändert und die neue Tafel zur Verwendung veröffentlicht. Dabei flogen die beiden niedersächsischen Städte "H wie Hannover" und "O wie Oldenburg" raus und wurden durch Hamburg und Offenbach ersetzt. Dafür schaffte es nun aber die Stadt Goslar, die sächsische Stadt Görlitz zu verdrängen. Das geht aus einer Pressemitteilung des DIN e.v. hervor.

Mit der DIN 5009 „Ansagen und Diktieren von Texten und Schriftzeichen“ wird die finale Version der neuen Buchstabiertafel mit Städtenamen vorgestellt. Der zuständige DIN-Arbeitsausschuss aus Experten aus den Bereichen Wirtschaft, Bildung und öffentliche Hand hatte die aus der interessierten Öffentlichkeit eingegangenen Kommentare zum Norm-Entwurf sorgfältig geprüft und auf dieser Basis die Buchstabiertafel überarbeitet: Neun Städtenamen wurden ersetzt, entfallen sind zudem die Ansagewörter für die Laute „CH“ und „SCH“. Die Anwendung der Norm DIN 5009 und der Buchstabiertafel sei freiwillig. Die Buchstabiertafel richte sich, insbesondere an Nutzer in Wirtschaft und Verwaltung.

Kommentare sorgen für Verbesserungen


Die DIN 5009 definiert Regeln für die gesprochene Ansage von danach zu schreibenden Texten. Dazu gehören beispielsweise das klassische Diktat am Telefon, aber auch speziell das Buchstabieren von Textteilen wie Eigennamen und Internetadressen im Telefongespräch. „Zum ersten Entwurf der Buchstabiertafel haben wir aus der Öffentlichkeit viele gut begründete Kommentare speziell zu den Ansagewörtern erhalten“, sagt Eberhard Rüssing, langjähriger Fachbereichsleiter für die Lernfelder „Kaufleute für Büromanagement“ am Oberstufenzentrum Bürowirtschaft und Verwaltung in Berlin und Obmann des zuständigen Arbeitsausschusses.

Auf Basis der Rückmeldungen wurde etwa aus „A wie Augsburg“ ein „A wie Aachen“ – um am Wortanfang den Doppellaut „AU“ für „A“ zu vermeiden. Ähnlich beim Ortsnamen Stuttgart: Viele Kommentare bezogen sich auf die Aussprache „ST“ für „S“. Die Experten des zuständigen DIN-Arbeitsausschusses gaben desshalb „S wie Salzwedel“ den Vorrang, auch um vielen Kommentaren nach ausgewogenerer geografischer Verteilung zwischen den Bundesländern gerecht zu werden und somit alle Bundesländer, außer Bremen, in der neuen Buchstabiertafel berücksichtigen zu können. Außerdem sei eine flüssigere Aussprache häufig der Grund für Änderungen gewesen. Eine Herausforderung stellten zudem die Umlaute (Ä, Ö, Ü) dar: Mögliche Städte hierfür seien zu unbekannt gewesen oder es habe sie nicht gegeben. Deshalb werde nun das Ansagewort des Grundbuchstabens für die Ansage der Umlaute verwendet – beispielsweise „Umlaut Unna“ für „Ü“.

Ursprüngliche Kritik


Ursprünglicher Anstoß für die Neugestaltung der Buchstabiertafel war ein Hinweis auf deren wechselhafte Geschichte von Dr. Michael Blume, Antisemitismusbeauftragter des Landes Baden-Württemberg. In der Zeit des Nationalsozialismus wurden alle jüdischen Namen in der Tafel ersetzt. Der DIN-Arbeitsausschuss entschied sich bei der Überarbeitung für eine Städtenamentafel. Damit hätten auch andere europäische Länder gute Erfahrungen gemacht: Städtenamen seien sehr eingängig und, anders als Vornamen, nicht der Mode unterworfen.

Der Verein schlägt vor, seine neue Buchstabiertafel könne in unterschiedlichen Gebieten zum Einsatz kommen. Benutzen könnten ihn beispielsweise Rettungsdienste, Luftfahrt, Polizei. Einen Zwang dazu gebe es aber nicht.


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