Internetadressen der Konkurrenz gekapert: Oliver Junk erntet Shitstorm

Der amtierende Goslarer Oberbürgermeister Oliver Junk hat sich mehrere Internetadressen unter dem Namen der SPD-Oberbürgermeisterkandidatin Urte Schwerdtner gesichert. Schwerdtner sieht ihre Namensrechte verletzt.

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Oberbürgermeister Dr. Oliver Junk hat sich verschiedene Internetadressen der SPD-Oberbürgermeisterkandidatin Urte Schwerdtner gesichert. Das löste einen Shitstorm in den sozialen Medien aus.
Oberbürgermeister Dr. Oliver Junk hat sich verschiedene Internetadressen der SPD-Oberbürgermeisterkandidatin Urte Schwerdtner gesichert. Das löste einen Shitstorm in den sozialen Medien aus. | Foto: Marvin König

Goslar. Die SPD-Oberbürgermeisterkandidatin Urte Schwerdtner will juristisch gegen den Amtsinhaber Dr. Oliver Junk vorgehen. Sie sieht ihre Namens- und Persönlichkeitsrechte verletzt. Oliver Junk hat sich im Vorfeld des Wahlkampfes um das Amt der Verwaltungsspitze mehrere Internetadressen mit dem vollen Namen seiner SPD-Kontrahentin eingerichtet, die nun allesamt auf seine Website umleiten. Auf Facebook stellte Schwerdtner bereits die "Charakterfrage".


"Möchten Sie einen Oberbürgermeister, der seine Zeit verwendet, um anderen zu schaden oder eine Oberbürgermeisterin, die gerne hilft?", fragt Schwerdtner auf Facebook. Auf der Facebook-Seite von Oliver Junk hat sich die Angelegenheit inzwischen zu einem regelrechten Shitstorm entwickelt. "Abstoßender, würdeloser Wahlkampf", schreibt ein User. "Was für eine peinliche Aktion" ein anderer. "Unterirdisch Charakterlos" nennt es gar der Autor Erik Flügge - der selbst aus Köln über die "lustigste Macho-Posse Deutschlands" schreibt.

Mehrere Kehrtwenden in wenigen Stunden


Was war geschehen? "Als ich realisiert habe, dass man auf seiner Facebook-Seite landet, wenn man meinen Namen eingibt habe ich das erstmal bei Denic überprüfen lassen". Bei Denic handelt es sich um die zentrale Registrierungsstelle für Internetadressen mit der Domain ".de". "Junk hat sich tatsächlich diese Domains gesichert. Ich habe dann gestern einen öffentlichen Post auf Facebook gemacht. Anschließend wurde dann nicht mehr auf seine Seite, sondern auf irgendeine Comedy-Seite verlinkt. Das gab dann richtig Stress von den Kommentatoren bei Facbeook und Instagram." Kurz darauf landete man plötzlich auf einer Unterseite seiner eigenen Website, die lediglich in großen roten Buchstaben anzeigte: "Wenn mir Goslar wichtig wäre, hätte ich mir diese Seite gesichert." Das Ende der Fahnenstange war auch hier noch nicht erreicht - nach weiterem Druck in den sozialen Medien wurde der Text geändert. Nun war zu lesen:

"Liebe Frau Schwerdtner, nun haben Sie es also doch bemerkt. Es stimmt, ich war so frei und habe im letzten Jahr ein paar Domains reserviert, damit es kein anderer tut. Nicht, dass noch Schindluder damit getrieben wird. Macht man seit den 1990er Jahren so. Falls sie noch etwas im Internet machen möchten, gebe ich die Seite natürlich gerne frei. Miteinander reden statt übereinander: so kommt Goslar voran. Sie melden sich doch sonst auch gerne bei mir. Viele Grüße, Oliver Junk."

Bundesgerichtshof urteilte eindeutig


Inzwischen leiten die Adressen unter Schwerdtners Namen einfach nur ins nichts um. Die gesamten geschilderten Ereignisse spielten sich innerhalb weniger Stunden ab. Aus Schwerdtners Sicht handelt es sich jedenfalls nicht um eine großzügige Geste, dass der Oberbürgermeister die Seiten wieder herausgibt. Sie hat einen Anwalt eingeschaltet: "Ich brauchte bislang keine Website. Und sichern muss ich mir auch nichts, weil sich niemand unter meinem Namen eine Domain sichern darf." Hierzu urteilte der Bundesgerichtshof 2016 in einem Fall: "Wer Grit Lehmann heißt, hat auch ein Anrecht auf die Internetadresse "grit-lehmann.de". Jeder hat also das Recht, eine Domain mit seinem bürgerlichen Namen zu führen." Sollten hier mehrere Personen infrage kommen, bekomme der Recht, der zuerst kommt - hierfür müsste sich der Oberbürgermeister jedoch mindestens darauf berufen können, dass er die Domain im Namen einer anderen Urte Schwerdtner verwaltet.

Anwalt eingeschaltet


"Herr Dr. Junk hat jetzt zwischenzeitlich Kontakt zu mir aufgenommen und mir angeboten, die Domains auf mich zu übertragen", erklärt Schwerdtner. Sie habe aber bereits vorher bei Denic einen sogenannten Dispute-Antrag gestellt, eine Art "Anfechtung", welche die Weiterleitung auf andere Webseiten einschränkt. "Deshalb gab es vielleicht auch irgendwann die Reaktion von ihm", schlussfolgert die SPD-Oberbürgermeisterkandidatin.

Oberbürgermeister Oliver Junk droht nun möglicherweise ein juristisches Nachspiel: "Man muss klar sagen - bei uns herrscht Demokratie. Und wenn der Amtsinhaber dann versucht auf die demokratischen Abläufe Einfluss zu nehmen, indem er Webseiten umleitet, dann ist das sicher nicht mehr als Spaß zu verstehen", stellt Schwerdtner klar und ergänzt: "Da muss man auch mal nach dem Motiv fragen - wieso macht man sowas? Um jemandem zu schaden? Dann hätte er sich auch Adressen von anderen OB-Kandidaten sichern müssen." Junk tat dies nicht. Die Domains unter den Namen der Oberbürgermeisterkandidaten aller anderen Parteien sind frei. "Ich hab das jetzt meinem Anwalt übergeben. Wir werden nächste Woche darüber sprechen, wie wir da jetzt weiter vorgehen", so Schwerdtner abschließend.


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