Millionengrab Kattenberg - Interner Bericht enthüllt alle fatalen Fehler

Fehlende Struktur und Organisation, das Übergehen des Rates, veraltete Dienstanweisungen und weitere Fehler führten nach Ansicht des Rechnungsprüfungsamtes zu einem Minus von 1.232.000 Euro für die städtische Kasse.

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Als Chef der Verwaltung trägt Oberbürgermeister Dr. Oliver Junk letztlich die Verantwortung für die vermeidbaren Fehler vor und während der Sanierung der Brachfläche am Kattenberg. (Archivbild)
Als Chef der Verwaltung trägt Oberbürgermeister Dr. Oliver Junk letztlich die Verantwortung für die vermeidbaren Fehler vor und während der Sanierung der Brachfläche am Kattenberg. (Archivbild) | Foto: Alexander Panknin

Goslar. Bereits im Januar legte das Rechnungsprüfungsamt seinen Bericht zur Causa Kattenberg vor. Die Sanierung des Geländes war noch in der Planung mit 900.000 Euro veranschlagt gewesen. Die Kosten dafür steigerten sich auf über vier Millionen Euro. Dem gegenüber stehen die Einnahmen von lediglich 1.250.000 Euro. Die SPD kämpft seit Februar darum, dass der Bericht veröffentlicht wird - mit Erfolg. Der Rat stimmte in seiner Sitzung am Dienstag der Veröffentlichung einstimmig zu. regionalHeute.de liegt das Dokument bereits vor. Es beschreibt detailiert die Fehler des Oberbürgermeisters und der Verwaltung, die letztendlich zum Verlust von über einer Million Euro öffentlicher Mittel führten.


Abzüglich aller Förderungen und Einnahmen ist der Stadt durch die Maßnahme ein Minus in Höhe von 1.232.000 Euro entstanden. Die in Goslar spätestens seit dem Abriss des Offizierskasinos am Fliegerhorst nicht unumstrittene Klosterkammer als Käufer des Geländes habe gemäß der Antwort auf eine Anfrage der FDP im Rat der Stadt Goslar jegliche Nachverhandlungen über den Kaufpreis abgelehnt. Laut Verwaltung seien diese gemäß Vertrag aber ohnehin unmöglich. Eigentlich sollte der Kaufpreis in zwei Teilen an die Stadt gehen. 250.000 Euro als Anzahlung, sowie eine Million nach der Sanierung. Als die Kosten das erste Mal stiegen, versuchte die Stadt den Investor dazu zu bewegen, die Restsumme sofort zu zahlen. Dieser ließ sich darauf ein - sofern die Stadt auf ihr Rücktrittsrecht vom Vertrag verzichte. Die Stadt willigte ein. Doch die Ereignisse nahmen schon in der Planung ihren Lauf.

Fehler bei der Planung


Der Urzustand: Auf dem Gelände am Kattenberg ruht seit dem vernichtenden Brand in der ehemaligen Reichsbauernhalle im Jahr 1946 eine Bodenplatte aus Beton. Nach Angaben der Goslarschen Zeitung befand sich in der Halle während des zweiten Weltkrieges eine Fertigungsanlage für Flugzeugmotoren. Aus dieser Zeit stammten mitunter schwer einzuschätzende Bodenbelastungen mit Brandresten und anderen Schadstoffen. Für die Entsorgung schätze ein beauftragtes Büro 2014 erstmals Kosten von 750.800 Euro (netto). Ein geotechnischer Bericht empfahl eine Untersuchung "im Raster", um Gefährdungspotenziale abschätzen zu können.

Nach einem umwelttechnischen Bericht mit neun Aufschlussbohrungen wurden die Kosten für die Sanierung des Geländes auf 2.105.645 Euro (brutto) geschätzt. Der Bericht wies jedoch darauf hin, dass sich das genaue Risiko belasteter Böden aufgrund der bisher erfolgten punktuellen Prüfung letztlich erst in der geöffneten Baugrube genau erkennen lasse. Weiterhin empfahl der Bericht im Zuge der Verkaufsverhandlungen zu prüfen, ob das Risiko aus etwaigen Schadstoffen beim Verkäufer bleibe oder mit dem Verkauf auf den Käufer übergehe.

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Mit den ermittelten Kosten sei laut Mitteilung des Fachdienstes Planung aus dem August 2014 eine bauliche Nutzung unwirtschaftlich - die Kosten müssten reduziert werden. Dies gelang letztlich in Abstimmung mit dem Landkreis insofern, dass bis auf eine der Bodenproben alle Belastungen im akzeptablen Bereich lägen. Demnach müsse nur die Bodenplatte vor Ort geschreddert und ein "kleinräumiger Bereich" ausgehoben und ordnungsgemäß entsorgt werden. Das beauftragte Büro wies jedoch erneut nachdrücklich darauf hin, dass dies lediglich eine Schätzung sei und die genauen Belastungen und Entsorgungskosten sich erst an der geöffneten Baugrube erkennen ließen. Die avisierten Sanierungskosten lagen nun bei 900.000 Euro - hätten aber nur eine Teilsanierung bedeutet.

Im Bereich der Planung kommt das Rechnungsprüfungsamt zu dem Schluss, dass das Kostenänderungsrisiko nicht gründlich genug ermittelt worden sei. Hierzu hätte vor allem eine umfangreichere Beprobung beitragen können. Es sei der Eindruck vermittelt worden, dass es sich bei den Sanierungskosten um Fixkosten handelt, und nicht etwa um eine Schätzung.

Fehlende Risikokommunikation beim Grundstücksverkauf


Der Investorenwettbewerb für die spätere Bebauung des Grundstückes wurde mit dem ausdrücklichen Hinweis darauf gestartet, dass der Bieter alle Risiken zu übernehmen habe. Die Vorgabe im Verfahren war die Übernahme der Bodenaufbereitungskosten durch den Investor. Nach Gesprächen mit dem Höchstbietenden wurde klar, dass die Stadt Anspruch auf höhere Fördermittel habe und somit die Sanierung der Fläche übernimmt - das Problem: Die Übernahme der Sanierungskosten durch den Investor wurde so auf die letzte Kostenschätzung von 900.000 Euro beschränkt.

Bebauungsplan suggeriert ebenfalls Fixkosten


Beim Beschluss des neuen Bebauungsplans - die Stadt hatte zuvor den Bau eines Hotels auf dieser Fläche verfolgt - wurden Gesamtkosten von zirka 1.962.000 Euro inklusive der 900.000 Euro Sanierungskosten des Grundstücks aufgeführt. Nachteile und Risiken sucht man in der Beschlussvorlage zum Bebauungsplan vergebens. Das Rechnungsprüfungsamt kommt zu dem Schluss, dass hier der Eindruck eines ausgeglichenen Ergebnisses für die Stadt Goslar erweckt worden sei. Jegliche Warnungen davor, dass das abschließende Risiko belasteter Böden erst mit der offenen Baugrube erkennbar sein werde, wurden in den Wind geschlagen.

Auf Basis dieser Annahmen beschloss der Rat der Stadt Goslar am 8. März 2016 den Verkauf des Grundstücks am Kattenberg. Der Beschluss erfolgte jedoch vorbehaltlich der Gewährung kostendeckender Förderzusagen zur Altlastensanierung, beispielsweise aus dem Programm Brachflächenrecycling des Landes Niedersachsen und anderer Fördermöglichkeiten zum vorläufigen Preis von 1.250.000 Euro an die Klosterkammer Hannover. Sollten keine Zuschüsse erteilt werden, werde die Stadt Goslar vom Kaufvertrag zurücktreten. Zur Debatte stand demnach die kostenneutrale Abwicklung der belasteten Brachfläche.

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Das Rechnungsprüfungsamt vermisst hier eine städtische Risikobetrachtung und beklagt fehlende, verwaltungsinterne Risikokommunikation. Es sei suggeriert worden, dass es sich bei den dargelegten Kosten um einen Festpreis, nicht etwa um geschätzte Kosten handele. Der Vertrag beinhaltete Klauseln, welche die Stadt Goslar auch nach einem Verkauf in die Pflicht nehmen, etwaige Altlasten zu beseitigen. Das Amt merkt jedoch auch an, dass die Stadt Goslar sich mit einem Rücktrittsrecht vom Vertrag bei unerwarteten Kostensteigerungen abgesichert habe - noch.

Stadt verzichtet auf Rücktrittsrecht


Der Vertrag war so aufgebaut, dass der Käufer zunächst 250.000 Euro anzahlt. Die restlichen 1.000.000 Euro sollten mit Abschluss der Sanierungsarbeiten gezahlt werden. Ende 2018 manövrierte sich die Stadt Goslar jedoch in eine fatale Falle. Die Kosten der Altlastensanierung am Kattenberg stiegen, es wurde kurzfristig eine Million zur Bezahlung bereits erteilter Aufträge in 2018 benötigt.

Zum 29. November 2018 erfolgte eine Eilentscheidung, die vom Rat am 18. Dezember zur Kenntnis genommen wurde. Inhalt: Die außerplanmäßige Bereitstellung von maximal 1.264.100 Euro. Die Verwaltung nahm dafür eine selbstschuldnerische Bürgschaft auf sich, um die eine Million Euro von der Klosterkammer bereits vor Abschluss der Sanierungsarbeiten zu erhalten. Als Bedingung musste die Stadt Goslar auf ihr Rücktrittsrecht verzichten.

In einer verwaltungsinternen Mail, auf die sich der Prüfungsbericht beruft, sei darauf hingewiesen worden, dass diese Voraussetzungen nicht dem Ratsbeschluss entsprechen würden. Nach Angaben der Verwaltung sei jedoch die damalige zeitliche Abfolge insbesondere vor dem Hintergrund des Wunsches nach einer verzögerungslosen Abwicklung der Maßnahme gewählt - nach einem ersten Telefonat des Klosterkammerpräsidenten mit dem Oberbürgermeister habe dieser die Möglichkeit einer früheren Kaufpreiszahlung dem Grundsatz nach positiv beurteilt, die konkrete Abwicklung jedoch in sein Haus weiterverwiesen. Von hier wurde in der Folge die Forderung auf Löschung des Rücktrittsrechts formuliert und floss daher in die Vorlage der Eilentscheidung ein.

Aus den Vertragsakten gehe nicht hervor, wer letztendlich diese für die Stadt eher nachteiligen Entscheidungen getroffen habe. Die Alternative wäre jedoch der Rücktritt vom Vertrag mit der Rückzahlung des Teilkaufpreises von 250.000 Euro und den bereits erhaltenen Fördergeldern gewesen.

Fehler bei den Baumaßnahmen


Nachdem die Ausschreibung sich wegen Überarbeitung einzelner Punkte verzögert hatte, wurde die Kostenberechnung vom mit den Planungsleistungen beauftragten Büro im Juli 2017 mit 1.571.650,85 Euro ausgewiesen. Im Februar 2018 begannnen die Betonabbruch- und Baggerarbeiten mit einem Auftragsvolumen von 698.307,73 Euro. Stand Januar 2018 seien der Firma 15 Abschlagszahlungen mit einer Gesamtsumme von 3,2 Millionen Euro zugegangen. Bereits mit der sechsten Abschlagszahlung im August 2018 sei das Auftragsvolumen somit um 38 Prozent überschritten worden - bei diesem Punkt wird das Rechnungsprüfungsamt sehr deutlich. Entsprechende Nachtragsaufträge hätten durch das Amt geprüft werden müssen. Dies sei jedoch nie geschehen.

Folgenreiche Fehleinschätzungen


Bei der Analyse des Bodenaushubs zeigt sich, was eine höhere Anzahl an Probebohrungen hätte verhindern können. Zwar sei keine gefährliche Konzentration von Asbestfasern gefunden worden, jedoch deutlich erhöhte Werte beispielsweise im Bereich der aromatischen Kohlenwasserstoffe, wie sie bei der unvollständgen Verbrennung organischer Verbindungen wie Holz oder Öl entstehen. Diese gelten als hochgradig krebserregend. Die Werte aus der Analyse lagen nahezu durchgängig über denen aus der Probe, was eine Verwertung in der Region Goslar unmöglich machte. Mit der notwendig gewordenen Entsorgung in Helmstedt kostet die Entsorgung nun 124 Euro pro Tonne, statt wie ursprünglich angenommen, 20 bis 35 Euro pro Tonne.

Fundament größer als erwartet


Auch das Fundament der ehemaligen Reichsbauernhalle offenbarte seine wahren Dimensionen erst mit den begonnen Erdarbeiten. Neben einem zweiwandigen Versorgungskanal, der die gesamte Bodenplatte umgibt, wurde klar, dass die Stützpfeiler der Hallenträger offenbar auf Punktfundamenten ruhten, die bis zu drei Meter tief im Erdreich verankert sind. Ganze 600 Kubikmeter mehr Beton müssten demnach entsorgt werden, was eine Kostensteigerung von 55.000 Euro bedeutet. Hinzu kam eine erhebliche Asbestbelastung, welche Mehrkosten in Höhe von 615.000 Euro verursachte. Die Gesamtkosten liegen nun bei über zwei Millionen Euro.

Unnötige Eilentscheidung


Nach einem sechsmonatigem Baustopp zur Neubewertung der Lage wurden die Arbeiten im März 2019 fortgesetzt. Eine Eilentscheidung vom 29. November 2018, die vom Oberbürgermeister und einem stellvertretenden Bürgermeister unterschrieben wurde und vom Verwaltungsausschuss am 11. Dezember 2018 zur Kenntnis genommen wurde, beinhaltete die Zustimmung zu einer außerplanmäßigen Auszahlung bis maximal 1.264.100 Euro, um die Sanierung des Baugebietes fortsetzen zu können. Ebenso beinhaltete sie den Verzicht auf das Rücktrittsrecht, welches bis dahin im Kaufvertrag vereinbart war.

Die Gründe für eine Eilentscheidung seien jedoch nach Ansicht des Rechnungsprüfungsamtes hier nicht gegeben - da die per Eilentscheidung auszuzahlenden Gelder ganze acht Monate nicht genutzt worden seien. Eilentscheidungen seien nur sinnvoll, wenn das Aufschieben der Entscheidung bis zur nächsten ordentlichen Ratssitzung "erhebliche Nachteile" für die Stadt bedeutet hätte. Der Rat hätte laut Prüfungsbericht hier nicht übergangen werden müssen.

Weitere Mehrkosten


Die Entwicklungen im Projekt führten zu einem weiteren Mehrbedarf von rund 1.207.900 Euro, die durch Mehreinnahmen in der Förderung und durch Reduzierung der Kosten bei anderen städtischen Baumaßnahmen gedeckt werden konnten. Am 17. Dezember 2019 stimmte der Rat der außerplanmäßigen Bewilligung einer Auszahlung für die Mehrkosten in Höhe von 700.000 Euro zu. Es habe sich herausgestellt, dass deutlich mehr belasteter Boden konstenpflichtig deponiert werden müsse, als dies aus der im Frühjahr 2019 erfolgten Lasermessung (nach dem Baustopp) erkennbar gewesen sei. Statt der angenommenen 8.000 Tonnen müsse nunmehr eine Masse von ganzen 12.300 Tonnen belasteten Materials entsorgt werden. Ein Baustopp war nicht möglich - Ein Rücktritt vom Vertrag ebenfalls nicht.

Es hätte eine Alternative gegeben


Wie das Rechnungsprüfungsamt feststellt, habe die zweifelhafte Eilentscheidung des Oberbürgermeisters und seines Stellvertreters diese Sackgasse überhaupt erst verursacht. Die Haushaltsmittel für das Projekt Kattenberg wurden wegen der Gegenfinanzierung aus dem Kaufpreis beim Fachbereich Liegenschaften veranschlagt, die Aufträge jedoch im federführenden Fachdienst Tiefbau unterschrieben, die diesbezüglichen Rechnungen von dort beglichen. Bei einer sofortigen Mittelveranschlagung im Fachdienst Tiefbau hätten jedoch laut Prüfungsbericht Möglichkeiten der gegenseitigen Deckungsfähigkeit genutzt werden können und somit auf eine sofortige Auszahlung des Restkaufpreises von einer Million Euro durch den Käufer und die Aufgabe des Rücktrittsrechtes verzichtet werden können.

Das Rechnungsprüfungsamt empfiehlt, dass bei fachdienst-, beziehungsweise fachbereichsübergreienden Projekten die Haushaltsmittel zukünftig grundsätzlich bei der mittelbewirtschaftenden Stelle bereitgestellt werden.

Die mit der Rechtsposition des Rücktrittsrechtes verbundenen Vorteile ür die Stadt, wie beispielsweise Neuverhandlungen über den Preis unter Berücksichtigung der erheblichen Mehraufwendungen für die Sanierung des Grundstückes, beziehungsweise Neuorganisation der Vermarktung dieses Grundstücks, mussten somit aufgrund von haushaltsmäßigen Erwägungen aufgegeben werden.

Fehler der Verwaltung


Der Rat der Stadt Goslar beschloss in seiner Sitzung am 8. März 2016 den Verkauf eines Grundstücks am Kattenberg an die Klosterkammer Hannover. Zum Projekt Kattenberg wurden, so moniert das Rechnungsprüfungsamt, jedoch weder ein Grundsatzbeschluss noch ein Projektfeststellungsbeschluss oder ein ergänzender Projektfeststellungsbeschluss wegen erheblicher Kostenerhöhungen vom Rat der Stadt Goslar getroffen. Dem Oberbürgermeister und dem Rat der Stadt Goslar hätten somit wesentliche Grundlagen gefehlt, um rechtmäßige, wirtschaftliche und zweckmäßige Entscheidungen treffen zu können.

Mögliche Alternativen zum durchgeführten Verfahren - wie die selbstständige Vermarktung nach Sanierung durch die Stadt oder die Nichtverfolgung des Bauprojektes mit weiterem Brachliegen des Grundstückes - hätten insofern ebenso wie eine detailierte Risikobetrachtung der Altlastenverdachtsfälle nicht intensiv zur Vorbereitung einer fundierten politischen Entscheidung erörtert werden können.

Überalterte Dienstanweisung


Hintergrund für die Fehler an dieser Stelle sei nach Ansicht des Rechnungsprüfungsamtes eine über 30 Jahre alte Dienstanweisung zum Umgang mit Haushaltsrecht, Zuständigkeiten und Organisationsbezeichnungen. Zuletzt habe das Amt im Jahr 2012 darauf hingewiesen, dass diese Anweisung dringend überarbeitungsbedürftig sei, trotz Zusagen bis ins Jahr 2018 sei dies jedoch auch 2020 noch nicht geschehen.

Projektmanagement quasi nicht vorhanden


Als weiterer Punkt in der Verkettung unglücklicher Ereignisse führt das Rechnungsprüfungsamt das vollständige Fehlen eines Projektmanagements an - es gab keinen Projektauftrag und dementsprechend auch keine Projektleitung oder spezifische Verantwortliche in den entsprechenden Fachbereichen. Das Amt merkt an, dass dies in Goslar nicht die Regel sei und ein entsprechendes "funktionierendes und erfolgreiches" Projektmanagement bei anderen Projekten wie dem Fliegerhorst, der Rathaussanierung und dem Kulturmarktplatz stattgefunden habe. Da es kein Projektmanagement gab, wurden bisweilen grundsätzliche Zuständigkeiten vollständig ignoriert, so blieb beispielsweise der Fachdienst Tiefbau außen vor.

Das Rechnungsprüfungsamt stellt der Verwaltung hier ein vernichtendes Zeugnis aus: Die gesamte Baumaßnahme sei insgesamt ungenügend strukturiert und organisiert gewesen.

Zahlungen ohne Haushaltsermächtigung


Bei der Ausahlung von maximal 1.264.100 Euro per Eilentscheidung zur Fortsetzung der Sanierungsarbeiten sei ein Teilbetrag von 329.251,72 Euro bereits überplanmäßig ohne Haushaltsermächtigung verausgabt worden. Diese wurden mit der Eilentscheidung erst nachträglich legalisiert. Als Grund hierfür sei eine Verkettung von Missverständnissen unter den im Fachdienst Tiefbau handelnden Personen zu nennen.

Fazit


Gegenüber dem Ratsbeschluss vom 8. März 2016 zum Grundstückskaufvertrag mit einer kostenneutralen Abwicklung sei zum gegenwärtigen Zeitpunkt von einer finanziellen Mehrbelastung von zirka 1,23 Millionen Euro auszugehen. Diese Abweichung sei nach Ansicht des Rechnungsprüfungsamtes auf folgende Punkte zurückzuführen:

• eine Fehleinschätzung der Kostenänderungsrisiken,
• ein fehlendes Projektmanagement, einschließlich Organisation und Struktur,
• eine fehlende Anwendung einer seit Jahren überarbeitungsbedürftigen städtischen Dienstanweisung.

Haushaltsmäßige Überlegungen der Verwaltung hätten dann letztendlich zur Übernahme des Sanierungsrisikos und zur Aufgabe des Rücktrittsrechtes vom Kaufvertrag geführt.

Die hier aufgeführte Fassung stellt lediglich eine abstrakte Zusammenfassung der Ereignisse dar. Der eigentliche Rechnungsprüfungsbericht umfasst 22 Seiten und zwei weitere Anlagen, aus denen Details zu den einzelnen Posten hervorgehen. Nach dem Ratsbeschluss vom vergangenen Dienstag soll dieser veröffentlicht werden, wenn auch mit Schwärzungen, um schützenswerte Interessen von Mitarbeitern, Investoren oder Auftragnehmern zu wahren. Mit Ausnahme der Klosterkammer, die als Käufer bereits öffentlich bekannt ist, wurde dies auch hier nach bestem Wissen und Gewissen berücksichtigt.


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