Goslar. Der Verein World Heritage Watch e.V. veröffentlichte anlässlich des Welterbetags einen Bericht über den Zustand der Gebäude und baulichen Anlagen in der Goslarer Altstadt. Dabei kritisierte der Verein die Stadtverwaltung und ihren Umgang mit Baudenkmälern. Demnach befinden sich viele denkmalgeschützte Gebäude in einem baulich schlechtem Zustand, und es bestehe großer Sanierungsstau in der Altstadt Goslars. Hinzu komme ein jahrelanger Leerstand.
"Was wir brauchen, ist eine fachkompetente technische Beratung der Bauherren bei der denkmalgerechten Sanierung von historischen Gebäuden. Erforderlich ist angesichts des hohen Denkmalbestalbestands eine bessere Personalausstattung der Unteren Denkmalschutzbehörde mit zusätzlichen Fachkräften", so Stephan Doempke vom World Heritage Watch gegenüber regionalHeute.de. Die Stadtplanung müsse deutlich verbessert werden im Hinblick auf die Gestaltung von Oberflächen, verwendetes Baumaterial und Rücksichtnahme auf die bestehende historische Bausubstanz. Beim Verkauf von Gebäuden sei, so der Verein, die Vermittlung an geeignete Kaufinteressenten zu leisten, die bereit und in der Lage sind, einer denkmalgerechten Sanierung gerecht zu werden.
"Die Stadt Goslar kümmert sich um ihr Welterbe"
Die Stadtverwaltung ließ nicht lange auf sich warten und reagierte auf die Kritik mit einer Stellungnahme auf ihrer Internetseite unter dem Titel "Die Stadt Goslar kümmert sich um ihr Welterbe". Darin heißt es, dass dem Verfasser oftmals der Hintergrund fehle und der Bericht in Teilen überholt und falsch sei. "Natürlich hat der Autor in einigen Punkten Recht: Wir haben in Goslar Denkmale, die sanierungsbedürftig sind. Wir haben auch Fälle, für die wir seit Jahren bisher vergeblich eine Lösung suchen. Das ist uns allerdings auch bewusst und wir arbeiten daran. Der Bericht erweckt hingegen den Eindruck, wir würden uns nicht für unser Welterbe interessieren und uns nicht kümmern, und das ist falsch", so die Stadtverwaltung.
So sei in den vergangenen Jahren viel Geld in die Restauration geflossen, etwa 14,4 Millionen Euro in das Rathaus oder 12,1 Millionen in die ehemalige Hauptschule Kaiserpfalz, die in einen Kulturmarktplatz für die Bürgerschaft umgebaut wurde. Zurzeit laufe die Sanierung des Pfalzgartens für um die fünf Millionen Euro. Neben öffentlichen Maßnahmen unterstütze die Stadt private Eigentümer bei Baumaßnahmen zur denkmalgerechten Modernisierung und Instandsetzung der Gebäude. Von 119 Anträgen seit 2017 seien 54 Projekte bereits abgeschlossen und bisher rund fünf Millionen Euro investiert worden.
Ferner betont die Stadt auch, dass sie für ihrer Arbeit von Fachleuten gelobt werde. So sei man für die Wallanlagen, Fußgängerzone und das Kaiserpfalzquartier von der Niedersächsischen Architektenkammer mit dem Bauherrenpreis 2020 ausgezeichnet und als Beispiel erfolgreicher Stadtgestaltung gewürdigt worden. Eine einheitliche Stadtgestaltung sei unterdessen nicht das Ziel der Stadt. "Goslar hatte zum Beispiel historisch nie eine einheitliche Pflasterung; es gab immer unterschiedliche Pflasterarten, etwa in der Bergstraße. Bei Erneuerung streben wir aber die Harmonisierung an", so die Stadt.
Nicht nur die Historie betrachten
Im Sinne eines wirklich nachhaltigen Umgangs mit dem Welterbe dürfe nicht nur die Historie betrachtet werden, sondern auch die zeitgenössischen Bedürfnisse und Anforderungen der Menschen. Der Marktplatz beispielsweise sei für Menschen im Rollstuhl oder mit Gehbehinderung ein echtes Hindernis. Hier soll im Rahmen der Sanierung ein "barrierefreies Band" entstehen. "Wir wollen keine Museumsstadt sein, sondern Ziel ist modernes Leben im Denkmal. Das heißt, wir erhalten unsere Bausubstanz durch sinnhafte Nutzung. Das ist zugegebenermaßen ein Spagat zwischen den Interessen der Eigentümer und des Denkmalschutzes", so die Stadt. Man suche dabei stets eine Lösung, die für beide Seiten akzeptabel und praktikabel ist
Dazu erarbeite man gerade eine Gestaltungssatzung und man sei im engen Austausch mit der Bürgerschaft. Ein Ansatz, der auch den Vorstellungen des Vereins entspricht. Dieser sieht eine Lösung der Problematik nur im Zusammenspiel zwischen Stadtverwaltung und Bürgerschaft. Dabei müssten sich alle Beteiligten mit dem Ziel der Erhaltung des Welterbes identifizieren.
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