Berlin/Budapest. Vor der Abstimmung des Europaparlaments über eine Herausnahme Ungarns aus der EU-Präsidentschaftsrotation hat der Vorsitzende des Bundestags-Europaauschusses, Anton Hofreiter (Grüne), den EU-Staats- und Regierungschefs nahegelegt, einen solchen Schritt zu erwägen. "Es ist richtig, dass das Thema jetzt aufs Tableau kommt", sagte er dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland" (Donnerstagsausgaben).
"Wenn sich eine große Mehrheit im Parlament dem Beschluss anschließt, sollte im Rat ernsthaft über Ungarns Präsidentschaft diskutiert werden. Dazu gehört auch die Überlegung, ob Staaten, die ein Rechtsstaatsverfahren nach Artikel 7 durchlaufen, für einen Vorsitz infrage kommen." Hofreiter forderte zudem einen weiteren Auszahlungsstopp von EU-Geldern an Ungarn. Dies solle sich "in Anbetracht der aktuellen Entwicklungen erübrigen". Das Europaparlament stimmt am Donnerstag über eine Resolution ab, die die Eignung Ungarns für die halbjährlich wechselnde Ratspräsidentschaft infrage stellt. Das gegen Ungarn laufende Rechtsstaatsverfahren überprüft, ob die Politik des Landes mit den Grundwerten des EU-Vertrags übereinstimmt. Der SPD-Europaparlamentarier René Repasi warnte, Ungarn könne als EU-Präsidentschaft der Gemeinschaft schaden: "Es kann nicht sein, dass ein Staat, der die Rechtsstaatlichkeit schleift, die EU leitet. Da gibt es ein großes Schadenspotenzial. Eine Präsidentschaft kann wichtige Gesetzgebungsverfahren verschleppen. Außerdem ist die EU-Ratspräsidentschaft eine der EU-Vertreter in der Außen- und Sicherheitspolitik. Dass Viktor Orban, der im Ukraine-Krieg Verständnis für Russland zeigt, im Namen der EU nach Moskau fährt, ist nicht vorstellbar", sagte Repasi dem RND. Der FDP-Europaparlamentarier Moritz Körner forderte, auf die Situation in Ungarn nicht mit Gleichmut zu reagieren: "Es ist wichtig, deutlich zu machen, dass der Fall Ungarn in der EU nicht als Normalität behandelt werden kann." Wenn nichts passiere, bestehe die Gefahr, "dass die Grundfeste der EU weiter bröckeln".
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