IHK warnt: Regionale Konjunktur kommt nicht in Schwung

Zwar hat sich die Stimmung leicht verbessert, doch die ganzen Ausmaße der US-Zollpolitik waren zum Zeitpunkt der Abfrage noch gar nicht bekannt.

Symbolbild
Symbolbild | Foto: pixabay

Region. Die konjunkturelle Lage der Unternehmen bleibt auch im Frühjahr schwierig, wie aus dem gemeinsamen Konjunkturbericht der IHK Braunschweig und der IHK Lüneburg-Wolfsburg (IHKLW) für das erste Quartal 2025 ersichtlich wird. Der IHK-Konjunkturklimaindikator, der sowohl die aktuelle geschäftliche Lage als auch die Geschäftserwartungen der Unternehmen im Wirtschaftsraum Braunschweig-Wolfsburg abbildet, hat um 7 Punkte zugenommen und erreicht einen – nach wie vor mäßigen – Stand von 86, heißt es in einer Pressemitteilung der IHK Braunschweig.



Der jüngste Indikatoranstieg sei allerdings im Wesentlichen auf die weniger von Pessimismus geprägten Rückmeldungen der Unternehmen über ihre zukünftige Geschäftsentwicklung zurückzuführen. Wären die umfassenden US-Zölle vor dem Erhebungszeitraum angekündigt und in Kraft gesetzt worden, hätten die Unternehmen ihre zukünftigen Geschäftsaussichten mit hoher Wahrscheinlichkeit schlechter beurteilt. Unbefriedigend bleibt weiterhin die Geschäftslage in der regionalen Wirtschaft: Der Saldo aus positiven und negativen Rückmeldungen der Unternehmen zur aktuellen Geschäftssituation verbleibt wie im Vorquartal unverändert bei -11.

Verharren auf Niveau des Vorjahres


In diesem Rahmen verharrt der IHK-Konjunkturklimaindikator auf dem Niveau des Vorjahres vom Frühjahr 2024. Unter Betrachtung der einzelnen Branchen wird deutlich, dass sich das konjunkturelle Klima der Dienstleistungswirtschaft mit einem auf 103 gestiegenen Indikatorstand im Aufwind befindet. Auch die Industriekonjunktur hat sich auf einen Stand von 84 verbessert, da die Betriebe bis dato von einer besseren Geschäftsentwicklung in den kommenden zwölf Monaten ausgegangen sind. Für die vom Export abhängigen regionalen Industriebetriebe wird die Erhebung des US-Zolls auf Produkte aus der EU und Deutschland erst noch spürbar negative Auswirkungen entfalten.

Die Stimmung könnte besser sein.
Die Stimmung könnte besser sein. Foto: IHK Braunschweig


Eine deutliche Abnahme hat zuletzt der branchenbezogene Konjunkturklimaindikator für den Einzelhandel zu verzeichnen, der nur noch einen Wert von 76 erreicht. Trübe konjunkturelle Aussichten sind weiterhin im Großhandel vorherrschend, wie der nahezu unveränderte sektorale Indikatorwert von 62 anzeigt.

Hoffen auf Investitionen


Aus einer tiefergehenden Analyse der Konjunkturdaten sei zu entnehmen, dass vor allem die Unternehmen von einer weniger ungünstigen Entwicklung im Jahresverlauf ausgehen, die mit einer Verbesserung ihrer Standortbedingungen aufgrund der geplanten Investitionen aus dem Sondervermögen für Infrastruktur und Klimaneutralität des Bundes rechnen. Ungeachtet dessen überwiegen die pessimistischen Geschäftsprognosen immer noch deutlich. Nur 12 Prozent der befragten Unternehmen erwarten in den kommenden zwölf Monaten eine geschäftliche Aufhellung, während 29 Prozent von einer schlechteren Entwicklung ausgegangen sind. Immerhin 59 Prozent der Befragten rechnen mit einem unveränderten Geschäftsverlauf.

Die Einschätzungen der Unternehmen zur zukünftigen Geschäftsentwicklung spiegeln sich – trotz leichter Entspannung im Vergleich zum Vorquartal – weiterhin in ihrer zögerlichen Investitionsbereitschaft wider. Bedeutend negativer fallen die Beschäftigungsplanungen in der Region für den Jahresverlauf aus: Während aktuell noch von jedem zehnten Unternehmen Neueinstellungen geplant sind, gehen 35 Prozent von einer geringeren Beschäftigtenzahl aus. Bei 55 Prozent der Befragten sind keine Änderungen der Beschäftigtengröße betreffend vorgesehen.

"Wachstum entsteht nicht durch Ankündigungen"


Michael Zeinert, Hauptgeschäftsführer der IHK Lüneburg-Wolfsburg, zu den Wachstumsperspektiven der regionalen Wirtschaft:

„Mit dem nun vereinbarten Koalitionsvertrag ist der erste Schritt getan – doch Papier allein schafft noch kein Wachstum. Was jetzt zählt, ist entschlossenes und zügiges Handeln. Unsere Unternehmen brauchen Planungssicherheit, verlässliche Rahmenbedingungen und vor allem eine spürbare Entlastung von Bürokratie und Kosten. Wichtig sind jetzt konkrete Maßnahmen der neuen Regierung zur Stärkung des Mittelstands, zur Förderung von Investitionen und zur Sicherung der Energieversorgung zu wettbewerbsfähigen Preisen. Große Hoffnungen setzen wir auch auf die angekündigte Stärkung der Automobil- und Zulieferindustrie in Verbindung mit einer zukunftsgerichteten Förderung der E-Mobilität. Hiervon kann und wird vor allem unser Wirtschaftsraum profitieren. Wachstum entsteht nicht durch Ankündigungen, sondern durch Taten. Die Unternehmen sind bereit, ihren Beitrag zu leisten – jetzt ist die Politik am Zug, die Voraussetzungen dafür zu schaffen.“


"Begrenzung der Beitragsexplosion"


Auch Dr. Florian Löbermann, Hauptgeschäftsführer der IHK Braunschweig, ist sich sicher:

„Die seit langem angespannte Konjunkturlage wird sich nur auflösen, wenn eine neue Bundesregierung tiefgreifende Reformen umsetzt, die Wachstum und Innovation für die Wirtschaft ermöglichen sowie die Beschäftigung und die Wettbewerbsfähigkeit am Standort erhöhen. In diesem Rahmen sehen wir bei den Ergebnissen aus den Koalitionsverhandlungen von CDU, CSU und SPD auch Weiterentwicklungsbedarf. Dringend benötigt wird ein nachhaltiger Ansatz zur Begrenzung der Beitragsexplosion in den sozialen Sicherungssystemen, die einen wesentlichen Teil der Arbeitskosten verursachen. Angesichts der eskalierenden Handelskonflikte auf den internationalen Märkten und der neuen US-Zölle fordern wir die Politikverantwortlichen von EU und Bund zugleich zum Handeln auf: Unnötige Zollbarrieren müssen abgeschafft und zugleich neue Märkte in den Fokus gerückt werden. Zudem sind auch Unterstützungsmöglichkeiten zur Umrüstung unausgelasteter Produktionen für Bedarfe der Verteidigungsindustrie zu prüfen.“