Berlin. Die Zahl der Bundeswehr-Soldaten, die einem oder mehreren Nebenjobs nachgehen, ist seit Ende 2015 kontinuierlich gestiegen. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Schriftliche Frage der AfD-Fraktion im Bundestag hervor, über die der Fernsehsender "Welt" berichtet.
Die Zahlen wurden jeweils zum Stand 31. Dezember des jeweiligen Jahres erfasst, beginnend mit 2012. Ende 2012 hatten demnach 10.858 Soldaten einen Nebenjob, zum Stichtag 31. Dezember 2022 waren es 14.434. Seit Anfang 2016 gilt bei der Bundeswehr eine 41-Stunden-Woche, womit die Europäische Arbeitszeitrichtlinie umgesetzt wurde. Seit Ende 2015 wird in jedem erfassten Jahr ein Anstieg der Soldaten mit Nebentätigkeiten verzeichnet: Waren es Ende 2015 noch 11.086, stieg die Zahl bis 2019 auf 13.171 - auch danach ging es weiter nach oben. AfD-Verteidigungspolitiker Jan Nolte sagte der "Welt": "Während die Bundeswehr unter Personalmangel leidet, arbeiten seit Umsetzung der Europäischen Arbeitszeitrichtlinie immer mehr ihrer aktiven Soldaten nebenher für andere Arbeitgeber".
Das Bundesverteidigungsministerium scheine das Potenzial der eigenen Soldaten nicht optimal zu nutzen. Der verteidigungspolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Florian Hahn (CSU), verwies auf "strenge Vorgaben hinsichtlich Compliance, Art und Umfang", wenn es um Genehmigung von Nebentätigkeiten geht. Die militärischen Vorgesetzten bewerteten und genehmigten jeden Antrag "gespiegelt an den eigenen Aufträgen". Diesem Urteils- und Bewertungsvermögen der zuständigen Disziplinarvorgesetzten auf Basis der bestehenden Vorgaben sollte vertraut werden.
Darüber hinaus sei "ein Engagement im Zivilen, so auch im Gemeinwesen, nicht zu beanstanden". Der verteidigungspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Alexander Müller, verwies darauf, dass die Bundeswehr derzeit etwa 10.000 freiwillige Wehrdienstleistende habe, "bei denen sicher jeder sofort zugesteht, dass es völlig legitim ist, neben dieser freiwilligen Dienstleistung noch etwas zum Lebensunterhalt dazuzuverdienen". Und: "Sofern Soldaten ihrem Beruf nur noch eingeschränkt nachkommen würden, kann der Vorgesetzte dies jederzeit unterbinden." Wolfgang Hellmich, verteidigungspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion sieht ebenfalls kein Problem darin, dass Soldaten im Grunddienst am Wochenende beispielsweise als Übungsleiter oder Schiedsrichter arbeiteten, wenn sie dies wollten.
Der verteidigungspolitische Sprecher der Linksfraktion, Ali Al-Dailami, sagte, ohne weitere Aufschlüsselung nach Art oder zeitlichem Umfang der Nebentätigkeiten ließen sich aus den Zahlen nur wenige Schlüsse ziehen. Dennoch sagte er: "Sollte sich auch unter Soldaten der Trend zum Zweitjob fortsetzen, passt das wohl kaum mit der vollmundigen Ankündigung von Verteidigungsminister Pistorius zusammen, die Bundeswehr attraktiver zu machen."
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