Braunschweig. Zur Situation der Gesundheitsbeschwerden von Schülern und Lehrern in der Hauptschule Sophienstraße hat heute ein Termin unter der Leitung von Stadtbaurat Heinz Leuer stattgefunden. Das Gebäude wird nun vorerst nicht mehr genutzt.
An dem Termin nahmen die Schulleitung, die Niedersächsische Landesschulbehörde, die Schul- sowie die Hochbauverwaltung der Stadt Braunschweig, und das Gesundheitsamt sowie die von der Stadt beauftragte Sachverständige für Schadstoffe in Gebäuden teil.
Heinz Leuer hat sich ausführlich die Sanierung und die Ergebnisse von Messungen der Raumluft erläutern lassen, die in den vergangenen Wochen durchgeführt wurden, nachdem vor den Herbstferien Lehrerinnen und Lehrer sowie Schülerinnen und Schüler über brennende Augen, Atembeschwerden, Kopfschmerzen und Hautrötungen geklagt hatten. Es war die Vermutung geäußert worden, die Beschwerden hingen mit den seit drei Jahren im Schulgebäude laufenden Sanierungen zusammen, also mit dabei verwendeten Materialien und Lösungsmitteln, die aus diesen Materialien austreten. Zuletzt waren in Klassenräumen u.a. Parkettboden sowie Lackierarbeiten an Türen und Fenstern durchgeführt worden.
Bei dem heutigen Termin ist von der Sachverständigen noch einmal ausgeführt worden, dass es bei den Messungen erhöhte Werte für flüchtige organische Verbindungen und sogenannte Isothiazolinone gab. Isothiazolinone sind organische Verbindungen, die etwa in Lacken, Reinigungsmitteln oder Kosmetika als Konservierungsmittel verwendet werden. In zwei im Herbst sanierten Räumen waren die genannten erhöhten Werte aufgetreten, allerdings nicht in einem Maße, dass gesetzliche Gefahrenwerte überschritten worden wären und die Räume hätten gesperrt werden müssen. Die Räume wurden gleichwohl aus Gründen der Vorsorge geschlossen, es wurde intensiv gelüftet und weiter gemessen. In den vergangenen Wochen haben sich die Werte daraufhin noch einmal deutlich reduziert, so dass die Räume am 22. November wieder freigegeben wurden. Im ganzen Gebäude können die Werte für Isothiazolinone derzeit als unbedenklich gelten. Es ist davon auszugehen, dass sie sich in einigen Monaten ganz verflüchtigen.
Vertreter des städtischen Gebäudemanagements stellten dar, dass bei den Sanierungsarbeiten in der Sophienstraße nicht anders vorgegangen worden sei als bei den zahlreiche Schulsanierungen der Vergangenheit und auch keine wesentlich anderen Materialien, etwa Lacke und Farben, verwendet wurden. Vielmehr werde bei Sanierungen nur noch mit Materialien gearbeitet, deren Qualität über Gütesiegel, wie zum Beispiel dem „Blauen Engel“, abgesichert sind.
Gleichzeitig trug das Gesundheitsamt vor, es bestehe die Möglichkeit, dass sich über die Dauer der Sanierungszeit bei einigen Lehrern und Schülern eine Allergie gegen Isothiazolinone gebildet habe. Diese wäre dann auch wirksam, wenn die Konzentrationen wie derzeit hier nur gering und von den gesetzlichen Vorgaben her im unbedenklichen Bereich liegen. Insofern wäre es auch erklärlich, dass Lehrer und Schüler berichten, allergische Reaktionen schon nach kurzzeitigem Aufenthalt im Gebäude zu haben. Es würde auch erklären, warum trotz der deutlich reduzierten Werte bei Lehrern und Schülern offenbar keine Verbesserung auftritt. Die Amtsärztin hat betont, dies sei eine Möglichkeit, die sie für plausibel hält, die sich allerdings nur absichern lasse, wenn dazu eine sogenannte Zusammenhangsklärung mit Untersuchungen von mehreren Betroffenen durch eine zentrale Stelle durchgeführt werde.
Der Schulleiter hat vorgetragen, dass bei mehreren Lehrern und etwa 60 Schülern Symptome aufgetreten seien, zahlreiche Krankschreibungen lägen vor. Die Amtsärztin hat sich auch die Symptome eines Schülers, der heute nach Betreten des Schulgebäudes brennende Augen und Hautrötungen im Gesicht entwickelt hat, angesehen. Viele Schüler und Lehrer, die keine Symptome haben, sorgen sich um ihre Gesundheit.
Stadt stand vor Dilemma
„Insofern standen wir heute vor einem Dilemma“, sagte Stadtbaurat Leuer. „Einerseits gibt es Werte, die von den gesetzlichen Vorgaben her nicht zu beanstanden sind. Es gibt eine Vermutung, dass die Symptome eine Allergie auf die genannten Schadstoffe darstellen, und dies möglicherweise mit der Sanierung und dem Gebäude zusammenhängt, aber wir wissen es nicht sicher. Gar nicht erklärlich ist für mich, warum es hier diese Probleme gibt, die wir bei anderen Sanierungen nicht hatten.“
Leuer betonte: „Zugleich müssen wir an die Gesundheit der Menschen denken, die hier in diesem Gebäude lernen und unterrichten. Wenn es die Möglichkeit gibt, dass die Symptome mit dem Aufenthalt in den Räumen ursächlich zusammenhängen, kann der Unterricht hier derzeit nicht stattfinden, und auch nicht für die, die keine Symptome haben. Schon weil gesundheitliche Beschwerden und die Ursache nicht genau bekannt ist, müssen wir auch bei unbedenklichen Messwerten im Sinne aller handeln und die Klassen komplett an andere Standorte verlagern. Dies ist ein großer Schritt, dessen Verhältnismäßigkeit wir heute intensiv beraten und abgewogen haben. Wir denken, es ist so richtig ist, weil es um die Gesundheit der Menschen geht. Wenn wir nicht ausschließen könne, dass es das Gebäude ist, das sie schädigt, müssen wir das Gebäude vorläufig schließen.“
Schule soll umziehen
Vereinbart wurde daher, dass in der kommenden Woche kein Unterricht stattfindet. In dieser Zeit wird der Fachbereich Schule gemeinsam mit der Hochbauverwaltung prüfen, welche anderen Standorte voraussichtlich für die Dauer bis zum Schuljahrsende genutzt werden können. Auch dort wird auf Isothiazolinone geprüft werden. Schließlich sollen die jetzt möglicherweise körperlich besonders sensibilisierten Schüler und Lehrer dort keine allergischen Reaktionen haben. Die Stadt wird so bald als möglich informieren, wenn weitere Schritte feststehen und steht dazu in engem Kontakt mit Schulleitung und Landesschulbehörde, damit eine gute Kommunikation mit Schülern, Eltern und Kollegium möglich wird.
Die Sanierungsarbeiten in der Hauptschule Sophienstraße sollen, sobald der Verbleib der Schüler geklärt und die Schule vorerst nicht mehr genutzt wird, so schnell wie möglich abgeschlossen werden. Es wird in den kommenden Monaten kontinuierlich die Luft gemessen und intensiv gelüftet. Es wird davon ausgegangen, dass nach Abschluss der Sanierung die Schadstoffwerte bis zu den Sommerferien komplett zurückgehen.
Die Landesschulbehörde wird mit Unterstützung des Gesundheitsamts und des Landesgesundheitsamts versuchen, eine medizinische Zusammenhangsklärung zu organisieren und so festzustellen, ob tatsächlich eine Allergie gegen Isothiazolinone bei den Betroffenen vorliegt bzw. entstanden ist.
Als eine erste Reaktion bezüglich künftiger Bestandssanierungen sagte Heinz Leuer, auch wenn nicht erkennbar sei, dass die Art und Durchführung der Sanierung in irgendeiner Weise problematisch oder zu beanstanden sei, werde die Bauverwaltung noch stärker Bauvorhaben darauf hin untersuchen, unterschiedliche Arbeiten mit derartigen Stoffen zeitlich zu trennen und, wo möglich, auch ganz auf solche Materialien zu verzichten.
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