Peine. Das Verwaltungsgericht Braunschweig hat die Einbürgerungspraxis des Landkreises Peine für unzulässig erklärt. Die Behörde hatte einem libanesischen Staatsangehörigen die deutsche Staatsbürgerschaft mit der Begründung verweigert, er habe in einer mündlichen Befragung zur freiheitlich demokratischen Grundordnung nicht alle Fragen „vollständig und richtig“ beantwortet. Das Gericht sah dafür jedoch keine gesetzliche Grundlage.
Der Kläger lebt seit zwölf Jahren rechtmäßig im Landkreis Peine und erfüllte laut Verwaltungsgericht alle gesetzlichen Voraussetzungen für eine Einbürgerung. Dennoch hatte die Behörde seine Einbürgerung im April 2024 abgelehnt, nachdem er bei einer mündlichen Befragung zu demokratischen Grundwerten auf einige Fragen nicht die erwarteten Antworten gegeben hatte.
Nicht zulässig
Das Gericht stellte klar, dass eine solche anlasslose Befragung nicht vom geltenden Staatsangehörigkeitsgesetz gedeckt sei. Eine Überprüfung der Verfassungstreue sei nur dann zulässig, wenn konkrete Hinweise auf eine verfassungsfeindliche Einstellung vorlägen. „Lagen solche tatsächlichen Anhaltspunkte im Einzelfall vor, so sei weiter zu prüfen, ob das abzugebende Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung tatsächlich der inneren Überzeugung entspreche oder ob sie ein reines ‚Lippenbekenntnis‘ sei“, heißt es in der Urteilsbegründung.
Weiter betonte das Gericht, dass die neuen Regelungen des Staatsangehörigkeitsmodernisierungsgesetzes, das im Sommer 2024 in Kraft trat, keine generelle Überprüfung der inneren Einstellung aller Einbürgerungsbewerber vorsähen. Das Verwaltungsgericht ließ sowohl die Berufung zum Oberverwaltungsgericht als auch die Sprungrevision zum Bundesverwaltungsgericht zu, da es die Rechtsfrage für grundlegend hielt.
CDU-Landesvorsitzender Plett kritisiert Urteil
Der niedersächsische CDU-Landesvorsitzende Christoph Plett äußerte scharfe Kritik an der Entscheidung des Gerichts und stellte die aktuellen gesetzlichen Regelungen infrage: „Wer wesentliche Fragen zur freiheitlich demokratischen Grundordnung nicht ausreichend beantworten kann, darf nicht eingebürgert werden.“ Die Verwaltung des Landkreises Peine habe „richtig entschieden“, indem sie Nachfragen zur demokratischen Grundordnung gestellt habe.
Plett forderte eine gesetzliche Anpassung: „Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Braunschweig zeigt, dass das Gesetz in der vorliegenden Form verändert werden muss.“ Zudem stellte er infrage, ob ein Einbürgerungsbewerber, der „geringste Kenntnisse der demokratischen Ordnung“ habe, überhaupt die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten dürfe.
Der Landkreis Peine prüft derzeit, ob er gegen das Urteil Rechtsmittel einlegen wird. „Die im Prozess aufgeworfenen Fragen müssen obergerichtlich geklärt werden“, so Plett.
Rechtliche Grundlagen der Einbürgerung
Laut Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG) muss ein Antragsteller unter anderem folgende Voraussetzungen erfüllen:
- Fünf Jahre rechtmäßiger Aufenthalt in Deutschland (bei besonderen Integrationsleistungen auch drei Jahre möglich)
- Geklärte Identität und Staatsangehörigkeit
- Unbefristetes Aufenthaltsrecht
- Nachweis über eigenständige Lebensunterhaltssicherung
- Keine Vorstrafen
- Ausreichende Deutschkenntnisse (B1-Niveau)
- Bestehen des Einbürgerungstests
- Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung
Die Handreichung des Niedersächsischen Innenministeriums besagt jedoch, dass das Bestehen des Einbürgerungstests allein nicht ausreiche, um ein ausreichendes Verständnis der demokratischen Grundordnung nachzuweisen. „Es muss zur Gewissheit der Staatsangehörigkeitsbehörde feststehen, dass das von Kenntnis getragene Bekenntnis auch der inneren Überzeugung des Antragstellers entspricht“, heißt es darin.
Ob die Einbürgerung des Klägers nun rechtskräftig wird oder die Angelegenheit in eine weitere Instanz geht, bleibt abzuwarten.