Berlin. Angesichts des bundesweiten Umfragehochs der AfD fordern die Parteivorsitzenden der Linken, Janine Wissler und Martin Schirdewan, von der Bundesregierung einen grundlegenden Politikwechsel hin zu sozialen Themen, um den Rechtspopulismus einzudämmen. Das schreiben die Parteichefs in einem Positionspapier mit dem Titel "Dem Rechtsruck entgegentreten", das sie am Samstag dem 26-köpfigen Parteivorstand zur Abstimmung vorlegen wollen und über das die Zeitungen des "Redaktionsnetzwerks Deutschland" (Samstagsausgaben) berichten.
Die hohen Zustimmungswerte für die AfD seien ein "dramatisches Alarmsignal für Demokratie und soziale Gerechtigkeit", schreiben sie darin. Wissler und Schirdewan sehen die "extreme Rechte" längst als "eine bundes- und europaweite Herausforderung" und nicht mehr als "lokales Problem bestimmter Regionen, auch wenn es unterschiedliche starke Ausprägungen gibt", heißt es in der Beschlussvorlage. Sie fordern deshalb eine "umfassende Unterstützung für die Zivilgesellschaft" und kritisieren unterfinanzierte Strukturen, zu kurze Förderzeiträume und ständig von Kürzungen bedrohte Projekte. "Projekte der mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus, Opferberatungen und zivilgesellschaftliche Demokratiebündnisse sowie Initiativen müssen mit einem echten Demokratiefördergesetz stärker und langfristig finanziell unterstützt werden", heißt in dem Papier.
Das Demokratiefördergesetz wurde bereits im Dezember vom Kabinett beschlossen und Mitte März in erster Lesung im Bundestag behandelt, aber noch nicht beschlossen. Die Linkenspitze sieht den Hauptbremser in der FDP und schreibt dazu im Positionspapier: "Die FDP blockiert immer noch das überfällige Demokratiefördergesetz und will die schikanöse Extremismus-Klausel wiederbeleben, die ausgerechnet antirassistische und antifaschistische Initiativen unter Generalverdacht stellt." Schirdewan mahnte gegenüber dem RND, es sei dringend nötig, die engagierte Zivilgesellschaft langfristig zu unterstützen. "Denn alle Mittel, die im Rahmen des Kabinettsausschusses gegen Rechtsextremismus und Rassismus aufgelegt wurden, laufen in diesem beziehungsweise spätestens im nächsten Jahr aus, ebenso die Mittel aus dem Aktionsplan gegen Rechtsextremismus", kritisiert er.
Dabei handelt es sich nach seinen Worten vor allem um Projekte gegen Verschwörungserzählungen und Desinformation, die den ideologischen Nährboden der Rechten bilden würden. "Dass es SPD und Grüne noch nicht einmal geschafft haben, wenigstens bei den Ausgaben für die Verteidigung der Demokratie die parteigewordene Investitionsblockade FDP aus dem Weg zu räumen, wirft die Frage auf, auf welchem Feld diese Koalition eigentlich überhaupt noch für eine fortschrittliche Politik steht", so Schirdewan. Neben dauerhafter staatlicher Förderung von Initiativen gegen Rechtsextremismus fordert die Linke von der Bundesregierung nicht länger "Rechten, Konservativen und ihren Kampagnen" hinterherzulaufen, sondern "offensiv soziale Themen anzugehen", "um der großen Mehrheit der Menschen Verlässlichkeit im nötigen Umbau unserer Gesellschaft in Richtung Klimagerechtigkeit zu bieten". "Dort, wo Schulen marode sind, das Krankenhaus schließt und die Verwaltung nicht funktioniert", stehe das Fundament gesellschaftlichen Zusammenhalts zur Disposition, heißt es in der Beschlussvorlage.
Schirdewan sagte dazu, die Bundesregierung sei gerade dabei, in der Sackgasse auch noch aufs Gas zu treten. Die Mischung aus angedrohter Kürzungspolitik, wachsender Verunsicherung und rechtsextremen Sprücheklopfern mit vermeintlich einfachen Antworten sei brandgefährlich. "Offenbar hat man bei der Ampel im Geschichtsunterricht nicht aufgepasst. Statt dem rechten Kulturkampf immer wieder nachzugeben, muss die Regierung klare Kante zeigen und endlich massiv in eine gemeinsame Zukunft und soziale Sicherheit investieren", betonte der Parteichef.
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