Ministerium: Liebesampeln sind rechtlich nicht zulässig

Die Liebesampeln werden kontrovers diskutiert. Und auch zu der Frage, ob sie rechtlich überhaupt zulässig sind, gibt es unterschiedliche Auffassungen.

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Insgesamt 46 Ampeln will die Stadt Wolfenbüttel mit grün leuchtenden, gleichgeschlechtlichen Ampelpärchen umrüsten. Und auch in Braunschweig gibt es zwölf Ampeln dieser Art.
Insgesamt 46 Ampeln will die Stadt Wolfenbüttel mit grün leuchtenden, gleichgeschlechtlichen Ampelpärchen umrüsten. Und auch in Braunschweig gibt es zwölf Ampeln dieser Art. | Foto: Werner Heise

Braunschweig/Wolfenbüttel. Die Liebesampeln in Braunschweig und Wolfenbüttel, aber auch an allen anderen Orten in Deutschland, sind rechtlich nicht zulässig. Sie stellen einen Verstoß gegen die Straßenverkehrsordnung (StVO) dar. Zu dieser Einschätzung kommen übereinstimmend die Verkehrsministerien von Bund und Land Niedersachsen. Die betroffenen Kommunen halten dagegen.



Ende September überraschte die Stadt Wolfenbüttel in einer Pressemitteilung damit, dass man begonnen habe, insgesamt 46 Ampeln im Stadtgebiet mit Lichtzeichen gleichgeschlechtlicher Paare auszustatten. Sie sollen für ein weltoffenes, tolerantes und buntes Wolfenbüttel stehen. Eine Entscheidung, die nicht von der Politik, sondern von der Stadtverwaltung getroffen wurde und für eine kontroverse Diskussion sorgte. Mit gleich 46 Ampeln dieser Art könnte Wolfenbüttel möglicherweise sogar einen Rekord aufstellen. Die Nachbarstadt Braunschweig hat die Liebesampeln allerdings schon länger und kommt immerhin auf zwölf von ihnen.

Liebesampeln nicht zulässig


In der Bundeshauptstadt Berlin und auch in der queer-freundlichen Stadt Köln gibt es hingegen keine Ampeln dieser Art. Das erklärten die Pressestellen der beiden Städte auf eine damalige Anfrage unserer Redaktion. Die Stadt Köln begründete dies damit, dass eine Verwendung von nicht StVO-konformen Sinnbildern rechtlich ausgeschlossen sei.

Diese Aussage bestätigte nun auf Anfrage von regionalHeute.de auch das Bundesverkehrsministerium. Von dort heißt es: "Die Verwendung anderer Sinnbilder für Fußgänger stellt nicht nur eine Abweichung von der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung (VwV-StVO) und den Richtlinien für Lichtsignalanlagen (RiLSA) dar, sondern einen Verstoß gegen die StVO selbst." Eine Ausnahme bilde lediglich das sogenannte Ost-Ampelmännchen.

Und auch das in unserer Region für die Durchführung, den Vollzug und die Überwachung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften zuständige Verkehrsministerium des Landes Niedersachsen kommt zu einem eindeutigen Urteil: "Die Abbildung von Symbolen - wie hier beispielhaft das sogenannte 'Wiener Ampelpärchen' - als Motiv für Lichtzeichenanlagen (LSA) ist rechtlich nicht zulässig und lässt auch keinen Spielraum für abweichende Interpretationen."

Straßenverkehrsordnung - eine Frage der Interpretation?


Hier widerspricht man jedoch in Wolfenbüttel und sieht sehr wohl einen Spielraum für Interpretationen. "Der Stadt Wolfenbüttel sind die rechtlichen Vorgaben der StVO und auch der RiLSA bekannt, die das Niedersächsische Verkehrsministerium wiedergegeben hat", teilt Pressesprecher Thorsten Raedlein mit. Es sei aber festzustellen, dass sich in Deutschland mittlerweile eine ganze Reihe alternativer Ampelfiguren im Einsatz befänden, denen sich die Stadt Wolfenbüttel mit der Verwendung der Liebesampeln angeschlossen und ein Zeichen für Offenheit, Vielfalt und Toleranz gesetzt habe. Vor diesem Hintergrund werde nach Ansicht der Stadt Wolfenbüttel diskutiert, ob die Straßenverkehrsordnung für das Sinnbild "Fußgänger" zwingend eine Ausgestaltung vorgibt und der Verwendung andersartiger Sinnbilder entgegensteht.


"Auch in der Vergangenheit haben Interpretation der Auslegung der StVO dazu geführt, dass der Gesetzgeber im Nachgang Änderungen oder Klarstellungen eingeführt hat. Gerade im Zuge der Mobilitätswende wurden zum Beispiel Sinnbilder für Car-Sharing oder auch E-Fahrzeuge erst offiziell eingeführt, als viele Kommunen diese schon zur Organisation des Verkehrsraumes eingesetzt hatten", schreibt der Pressesprecher. Die unterschiedlichen Sinnbilder an Ampeln würden in vielen Kommunen im Bundesgebiet verwendet werden und konkrete Weisungen durch das Bundesverkehrsministerium seien der Stadt Wolfenbüttel nicht bekannt. Man habe bewusst nur die grünen Streuscheiben ausgetauscht, um keinen Spielraum für Interpretationen zu eröffnen. Somit könne es bei anderslautenden Auffassungen zu keiner Einschränkung der Verkehrssicherheit kommen, da die Sinnbilder für die Rotphasen nicht verändert wurden.

Kontrolliert wird das straßenverkehrsrechtliche Handeln der Stadt Wolfenbüttel durch den Landkreis Wolfenbüttel. Auch hier fragten wir an, ob man die Rechtsauffassung der Ministerien teile und wollten zudem wissen, ob man die Liebesampeln dulde. Doch die Aufsichtsbehörde schwieg zunächst. Auf Nachfrage teilte man dann mit, dass man sich in der Antwort mit der Stadt Wolfenbüttel abgestimmt habe und davon ausgegangen sei, dass diese für den Landkreis mit antworte.


Braunschweig sieht sich in der Eigenverantwortung


Die Stadt Braunschweig sieht bei den Liebesampeln keinen Verstoß gegen die Straßenverkehrsordnung und verweist auf das ihr übertragene Recht als zuständige Straßenverkehrsbehörde. "Wie in anderen Bundesländern sind in Niedersachsen die Unteren Verkehrsbehörden grundsätzlich eigenverantwortlich für die Ausführung der Straßenverkehrsordnung zuständig. Insoweit ist es möglich, dass die Stadt Braunschweig im Rahmen ihrer Zuständigkeit bei Einhaltung der Sicherheitsstandards an einzelnen Lichtsignalanlagen ein mit dem Fußgänger des Verkehrszeichenkataloges in der Aussage vergleichbares Sinnbild verwendet. In gleicher Weise verfahren viele Kommunen im gesamten Bundesgebiet", heißt es aus der Pressestelle der Stadt Braunschweig.

In Deutschland gibt es also unterschiedliche Auffassungen darüber, ob Liebesampeln zulässig sind. Die einen machen es, die anderen verweigern sich dessen. Könnten sich die Städte also nicht etwa für eine klärende Gesetzesänderung einsetzen? Während die Stadt Braunschweig dies nicht beabsichtigt, will die Stadt Wolfenbüttel ihren Beitrag dazu bereits geleistet haben und teilt mit: "Durch die Verwendung der Sinnbilder für Offenheit, Vielfalt und Toleranz hat sich die Stadt Wolfenbüttel zusammen mit vielen anderen Kommunen bereits für eine Klarstellung der Rechtsnormen eingesetzt."


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