Deutschland. Die Gewerkschaft deutscher Lokomotivführer (GDL) hat bei einer Pressekonferenz in Berlin angekündigt, den Bahnverkehr deutschlandweit erneut zu bestreiken. Der Personenverkehr wird nach den Plänen der GDL vom 23. August um 2 Uhr bis zum 25. August um 2 Uhr bestreikt. Die GDL beklagt, dass es seit den vorangegangenen Streiks in der letzten Woche kein Entgegenkommen des Arbeitgebers gegeben hätte, weiterhin sieht GDL-Vorsitzender Claus Weselsky seine Gewerkschaft als Ziel von "Schmutzkampagnen". Die Bahn spricht von einer "völlig überflüssigen Belastung der Fahrgäste".
Der Streik im Güterverkehr beginnt bereits ab dem 21. August um 17 Uhr und endet gleichzeitig mit der Arbeitsniederlegung im Personenverkehr. Die Forderungen der Gewerkschaftsmitglieder bezeichnet die GDL in einer Pressemitteilung als "nachvollziehbar und berechtigt". So fordert man 3,2 Prozent mehr Lohn, einen Schutz der Betriebsrente sowie eine Corona-Prämie in Höhe von 600 Euro. "Statt mit einem verhandlungsfähigen Angebot den Weg für Verhandlungen freizumachen, ziehen die Manager weiterhin massiv gegen die GDL und ihre Mitglieder ins Feld", so Weselsky in Berlin.
"Gezielte Schmutzkampagnen" gegen die GDL
Scharf kritisierte Weselsky die Intervention des SPD-Gesundheitsexperten Karl Lauterbach. Dieser hatte behauptet, die Streiks der GDL erhöhten die Gefahr, sich mit Covid-19 zu infizieren. „Das ist nur der neueste Tiefpunkt in einer langen Reihe gezielter Schmutzkampagnen gegen die GDL,“ so Weselsky. Peinlich sei in diesem Zusammenhang, so der GDL-Chef, dass eine gemeinsame wissenschaftliche Studie von DB und der Charité Research Organisation keinerlei erhöhtes Erkrankungsrisiko für Fahrgäste und Zugpersonal an COVID19 ergab. Damit seien die parteiischen Aussagen Lauterbachs klar widerlegt. Weselsky: „Statt, dass fachfremde Politiker sich mit halbgaren Mutmaßungen in die Debatte einmischen, sollte der Eigentümer Bund endlich handeln und die DB zur Einsicht bewegen. Nur so kann weiterer Schaden vom System Eisenbahn abgewendet werden.“
"Völlig überflüssige Belastung"
Die Deutsche Bahn reagierte prompt auf die Streikankündigung und spricht in einer Pressemitteilung von einer "völlig überflüssigen Belastung der Fahrgäste und Güterverkehrs-Kunden." Aus Sicht der Bahn sei der GDL der Kampf um Einfluss wichtiger als eine zügige Lösung. DB-Personalvorstand Martin Seiler: „Dieser zweite Ferienstreik zeigt: Ein Tarifpartner verweigert sich permanent. Statt den Mut zu haben, an den Verhandlungstisch zurückzukehren, treibt die GDL-Führung ihren gewerkschaftspolitischen Kampf um Ausweitung und Einfluss auf dem Rücken der Bahnkunden auf die Spitze.“ Der Lokführergewerkschaft gehe es um etwas anderes als um Lösungen. Sie will bei der Bahn in Bereichen Fuß fassen, in denen sie bislang kaum Mitglieder hat. Die Deutsche Bahn hat ihrerseits ein Angebot zur Lohnerhöhung mit einer Laufzeit bis ins Jahr 2024 vorgelegt. Diesen Zeitraum hält die GDL jedoch für zu lang. Die Bahn führt als Grund für eine Nullrunde beim Lohn in 2021 - wie auch mit der konkurrierenden Gewerkschaft EVG vereinbart - die größte wirtschaftliche Krise in der Geschichte des Unternehmens durch die Corona-Pandemie an.
Zwei Gewerkschaften, ein Tarif?
Durch das Vorhandensein zweier Gewerkschaften innerhalb des DB-Konzerns für teilweise die gleichen Berufsgruppen gab es bis Ende 2020 eine tarifliche Vereinbarung, die in der Vergangenheit die Anwendung der Regelungen beider Gewerkschaften garantierte. Eine neue Einigung steht aus. Bis dahin gilt das Tarifeinheitsgesetz, das sich an Mehrheiten orientiert. Für Angehörige eines DB-Betriebes gelten dann die Regelungen der Gewerkschaft, die in einem Betrieb über die Mehrheit der Mitglieder verfügt. Nach DB-Angaben gibt es 55 Betriebe mit EVG-Mehrheit und 16 Betriebe mit GDL-Mehrheit. Trotz dieser Mehrheitsverhältnisse gehe die Deutsche Bahn von massiven Auswirkungen auf den Reiseverkehr aus und kündigt an, sich "maximal kulant" gegenüber allen Fahrgästen zu zeigen. Auf Twitter ruft der Konzern auf, geplante Reisen wenn möglich zu verschieben. Weitere Informationen zu Fahrgastrechten hat das Unternehmen hier bereitgestellt.
Betroffen von einem Streik sind nur die Fahrzeuge der Deutschen Bahn. Mit der Metronom-Eisenbahngesellschaft, zu der auch Erixx und Enno gehören, wurde auch seitens der GDL bereits ein Tarifabschluss erzielt.
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