Niedersachsen wehrt sich gegen erschwerten Einsatz Verdeckter Ermittler

Sollte ein Gesetzentwurf aus Berlin verwirklicht werden, sieht die Niedersächsische Innenministerin den Kampf gegen die organisierte Kriminalität in Gefahr.

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Symbolbild | Foto: pixabay

Niedersachsen. Mit seinem am 19. Dezember vorgelegten Referentenentwurf zur Regelung des Einsatzes von Verdeckten Ermittlern und Vertrauenspersonen (VP) plant Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann (FDP), deren Einsatz umfassend gesetzlich zu regeln und damit ihre Einsatzmöglichkeiten erheblich zu erschweren. Diesem Vorhaben erteilen die Niedersächsische Justizministerin Dr. Kathrin Wahlmann (SPD) und die Niedersächsische Ministerin für Inneres und Sport, Daniela Behrens (SPD), im Schulterschluss eine klare Absage. Das geht aus einer Pressemitteilung des Niedersächsischen Justizministeriums hervor.



Nach bisheriger Rechtslage sehe die Strafprozessordnung eine ausdrückliche Regelung nur für den länger anhaltenden Einsatz von Verdeckten Ermittlern vor. Der Einsatz von VP werde bislang - in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes und des Bundesgerichtshofes - auf die Ermittlungsgeneralklausel der Strafprozessordnung gestützt. Das Berliner Vorhaben sehe nun unter anderem die spezialgesetzliche Regelung des Einsatzes von VP, die Einführung eines Richtervorbehaltes für den Einsatz von VP, die Erweiterung des Kernbereichschutzes für den Einsatz von Verdeckten Ermittlern und VP sowie die Einführung von Berichtspflichten vor.

"Erschwert bis nahezu unmöglich"


Die Niedersächsische Justizministerin Dr. Kathrin Wahlmann lehnt den Entwurf aus Berlin ab: „Unsere Aufgabe als Justiz ist die konsequente Aufdeckung und Verfolgung von Straftaten. Dabei steht gerade der Kampf gegen jede Form der Organisierten Kriminalität, international agierende Drogenbanden und Extremisten ganz oben auf der Agenda. Wir dulden keine Parallelgesellschaften und subkulturelle Kriminalitätsstrukturen, aus denen eine zutiefst ablehnende Haltung gegen unseren Rechtsstaat und unsere Demokratie spricht."

Sowohl Verdeckte Ermittler als auch V-Personen würden aber primär in kriminellen Strukturen eingesetzt, die sich gezielt abschotteten und in die die Strafverfolgungsbehörden mit sonstigen verdeckten Ermittlungsmaßnahmen kaum eindringen könnten - also im Bereich der Schwerkriminalität, der Organisierten Kriminalität, der terroristischen Vereinigungen und der politisch motivierten Kriminalität. "Wenn das Gesetzesvorhaben aus Berlin verabschiedet wird, würden unsere Instrumentarien, Verbrechen in diesen Gruppierungen aufzuklären, erheblich erschwert bis nahezu unmöglich werden. Das kann die Bundesregierung nicht ernsthaft wollen", wird Wahlmann deutlich.

Mehraufwand für Behörden


Auch den mit dem Gesetzentwurf einhergehenden Mehraufwand für Ermittlungsbehörden, Staatsanwaltschaften und Gerichte lehne Dr. Wahlmann ab: „Unsere Staatsanwaltschaften und Gerichte geben jeden Tag alles für das Funktionieren unseres Rechtsstaates. Mit fehlt jedes Verständnis dafür, die ohnehin bereits am Limit arbeitenden Kolleginnen und Kollegen mit neuen Gesetzen und Regelungen weiter zu belasten. Aus dem Entwurf spricht ein durch nichts gerechtfertigtes Misstrauen gegen unsere Ermittlungsbehörden und Staatsanwaltschaften, dem ich mich entschieden entgegenstelle."

Für die Aufklärung von Straftaten im Bereich der Politisch motivierten und Organisierten Kriminalität seien die Strafverfolgungsbehörden dringend auf Informationen von Verdeckten Ermittlern sowie VP angewiesen. Niedersachsens Innenministerin, Daniela Behrens, sagt: „Die vorgesehenen Änderungen sind weder erforderlich, noch geboten, noch bringen sie aus meiner Sicht ein Mehr an Rechtsstaatlichkeit. Im Gegenteil: sie erschweren in unterschiedlichen Bereichen vielmehr den Einsatz von Verdeckten Ermittlerinnen und Ermittlern und die Gewinnung von Vertrauenspersonen."

Sicherheitsrisiko wird zu groß


Vor allem bei den Vertrauenspersonen bestehe die Gefahr, dass diese Menschen aufgrund des Sicherheitsrisikos für die eigene Person künftig nicht mehr zu einer Zusammenarbeit mit der Polizei bereit seien. Dabei sei für deren Gewinnung elementar, dass diese verlässlich davon ausgehen können, dass die Geheimhaltung ihrer Identität zum Schutz ihrer Person und ihrem persönlichen Umfeld zu jeder Zeit gewahrt bleibt. "Wesentliche Ermittlungserfolge der Vergangenheit wären mangels fehlender kooperierender Vertrauenspersonen so wohl nicht mehr zu erzielen", warnt Behrens.

„Die nun vom Bundesjustizminister vorgesehenen Regelungen könnten genau diesen Abschreckungseffekt haben. Denn insbesondere durch die Einführung eines Richtervorbehalts beziehungsweise der Regelung, dass Richterinnen und Richter künftig weitere Angaben über die Vertrauensperson verlangen können, um diese als Zeugin oder Zeugen zur Hauptverhandlung zu laden, wird sich der Kreis der Kenntnistragenden unnötigerweise erweitern", mahnt die Innenministerin.

"Staatsanwaltschaft als Entscheidungsebene reicht"


Nach der aktuellen Rechtslage existiere mit der Staatsanwaltschaft bereits eine unabhängige Entscheidungsebene. "Und das halte ich an dieser Stelle für ausreichend und deutlich zielführender. Insgesamt bedeuten die im Gesetzentwurf vorgesehenen zusätzlichen Genehmigungs-, Begründungs- und Dokumentationserfordernisse für die polizeiliche Praxis einen erheblichen Verwaltungsmehraufwand, der in keinem Verhältnis zu dem angeblichen Mehrwert der neuen Regelungen steht", so Behrens weiter.


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