Salzgitter. Wie die Stadt Salzgitter am Abend mitteilte, steht auch Salzgitter eine Ausgangssperre bevor. Ab dem kommenden Mittwoch gilt im gesamten Stadtgebiet Salzgitters von 21 Uhr bis 5 Uhr eine Ausgangssperre. Das Verlassen des privaten Wohnbereiches ist dann nur aus triftigen Grund möglich.
„Diese Entscheidung, die ich bislang aufgrund der täglichen Lagebewertung nicht treffen musste, fiel mir nicht leicht; sie ist nunmehr aber alternativlos“, so Oberbürgermeister Frank Klingebiel. Er führt weiter aus: „Wir haben in meinem Krisenstab lange und auch kontrovers diskutiert. Uns ist bewusst, dass sich die Anzahl derer, die die Ausgangssperre begrüßen und meinen „endlich, tut sich was“ die Waage halten wird mit der Anzahl derer, die sich die Frage stellen „Was bringt das?“. Es gehe bei unserem Ziel, einen Anstieg der Infektionszahlen nachhaltig abzubremsen und den 7-Tages-Inzidenzwert unter 100 zu drücken, auch immer um die Frage der Verhältnismäßigkeit und Wirksamkeit der getroffenen Infektionsschutzmaßnahmen. Eine so starke Beschneidung von Grundrechten muss notwendig, zielorientiert und gut begründet sein, denn sie soll in der Bevölkerung auch nachvollzogen und akzeptiert werden“, ist sich Klingebiel sicher.
Die seit Montag geltende Landesverordnung sieht erstmalig vor, dass kreisfreie Städte und Landkreise eine Ausgangssperre erlassen können, wenn deren 7-Tages-Inzidenz an drei aufeinander folgenden Tagen den Wert von 100 überschreitet. Die Ausgangssperre soll nach der Landesverordnung erlassen werden, wenn die maßgebliche 7-Tages-Inzidenz über dem Wert von 150 liegt und diese Überschreitung laut Einschätzung der Behörde von Dauer sein sollte. In Salzgitter pendelt dieser Inzidenzwert seit Tagen um den 200er-Wert; erst sank er durch die ergriffenen Maßnahmen nachhaltig unter 200, um jetzt wieder auf 226,3 anzusteigen. Im gesamten Infektionsgeschehen sei nicht nur in Salzgitter eine ungeheure Dynamik drin, in beide Richtungen.
Keine Ausnahme
Doch was heißt die Formulierung „erlassen werden soll“ ? Die Stadt Salzgitter als zuständige Gesundheitsbehörde ist nach der Rechtsvorschrift zwingend gebunden, eine Ausgangssperre anzuordnen, es sei denn, es würde ein begründeter Ausnahmefall vorliegen. Ein Ausnahmefall könnte vorliegen, wenn das Infektionsgeschehen einem räumlich abgrenzbaren Bereich wie beispielsweise einer Einrichtung oder eines Unternehmens zugeordnet werden kann. Das sei in Salzgitter nicht der Fall, heißt es aus der Stadtverwaltung. Nach wie vor sei das Infektionsgeschehen breitflächig im Stadtgebiet verteilt. Im gesamten Stadtgebiet waren und sind immer mal wieder Fälle von bestätigten Covid19- Infektionen aufgetreten, lokal begrenzen lassen sich diese nicht; eine Clusterbildung sei nicht möglich. Die reine Anzahl der Infektionsfälle ist in den einwohnerstärksten Stadtteilen naturgemäß höher. Die Möglichkeit, nur für die zahlenmäßig am stärksten betroffenen Stadtteile Lebenstedt, Salzgitter-Bad und Thiede eine Ausgangssperre zu verhängen, entspreche nicht der konkreten diffusen Infektionslage und erwiese sich als kaum praktikabel. Je kleinräumiger der Betrachtungsraum, umso eher führen einzelne Infektionsfälle schon zu einer neuen Bewertung und weitergehenden Konsequenzen. Dieses Hin und Her dürfte der Bevölkerung darüber hinaus kaum zu vermitteln sein und erschwere auch die Kontrolle der geltenden Maßnahmen, heißt es aus dem Krisenstab der Stadt Salzgitter.
Bisherige Maßnahmen reichen nicht mehr
Die angeordnete Ausgangssperre sei für die Polizei- und Ordnungsbehörden darüber hinaus gut kontrollierbar. Diese sei auch erforderlich, da die bisher am 17. und 18. März getroffenen Infektionsschutzmaßnahmen wie Erweiterung der Maskenpflicht auf den Parkplätzen am Salzgittersee und dem Lichtenberg sowie die Aussetzung des Präsenzunterrichts an Schulen zwar dazu geführt haben, dass der dynamische Anstieg der 7-Tages-Inzidenzzahlen von 99,72, also knapp unter 100, am 10. März auf 233, am 19. März zwar gestoppt und innerhalb von 8 Tage sogar auf 184,10 zurückgeführt werden konnte. Aber leider sei der 7-Tages-Inzidenzwert seit fünf Tagen wieder auf mittlerweile 226,3 am Montag angestiegen, teilte die Stadtverwaltung weiter mit.
Die Tatsache, dass die 7-Tage-Inzidenz seit geraumer Zeit stetig über dem 7-Tages-Inzidenzwert von 150 liege, belege, dass die bisher getroffenen Infektionsschutzmaßnahmen zwar wirken, aber nicht ausreichen, um die Virusausbreitung auf ein kontrollierbares Maß unter den Wert von 100 zurückzuführen. Hier seien nunmehr weitergehende Infektionsschutzmaßnahmen zu ergreifen.
Nur mit Ausnahme nach 21 Uhr raus
Am Ende des intensiven Abwägungsprozesses wurde aus diesem Grund entschieden, eine Ausgangssperre für das gesamte Stadtgebiet zu verhängen. Ein Verlassen des privaten Wohnbereichs ist nur noch aus gutem Grund möglich. Ein triftiger Grund liegt nach der Landesverordnung vor, wenn beispielsweise eine berufliche Tätigkeit wahrgenommen oder eine notwendige medizinische, psychosoziale oder veterinärmedizinische Behandlung in Anspruch genommen werden muss. Der Besuch von Gottesdiensten und ähnlichen religiösen Veranstaltungen oder naher Angehöriger, wenn diese von Behinderung betroffen oder pflegebedürftig sind, ist ebenfalls möglich. Und auch das Ausführen von Haustieren ist erlaubt, ansonsten bleibt die Mobilität deutlich eingeschränkt. Reisen und tagestouristische Ausflüge stellen keine triftigen Gründe dar.
Die rechtlichen Vorgaben sind klar in der Corona-Verordnung, der mit der Änderungsverordnung des Landes vom 27. März neu eingefügt worden ist und seit dem heutigen Montag Rechtskraft erlangt hat, definiert. Doch Klingebiel bleibt vorsichtig und ermahnt: „Kein Gesetz und keine Verordnung allein werden dazu führen, die Inzidenz dauerhaft zu senken. Neben der weiterhin bestehenden Forderung, beim Impfen deutlich mehr Gas zu geben, liegt es auch im Verhalten jedes Einzelnen, die Ausbreitung des Virus einzudämmen. Egal, ob Befürworter oder Gegner von Corona-Maßnahmen, uns alle eint, dass wir möglichst rasch in ein „normales“ Leben zurückkehren wollen.“
mehr News aus der Region