Region. Der niedersächsische Kultusminister Grant Hendrik Tonne hat am heutigen Donnerstag Pläne für die Fortführung des Präsenzunterrichtes nach den Herbstferien vorgestellt (regionalHeute.de berichtete). Die Reaktionen reichen von eher zuversichtlichen Tönen von der Wolfenbütteler SPD-Landtagsabgeordneten Dunja Kreiser über Skepsis beim Verband Niedersächsischer Lehrkräfte über handfeste Kritik vom Wolfenbütteler FDP-Landtagsabgeordneten Björn Försterling. Dieser wirft dem Kultusminister "Planlosigkeit" vor.
"Minister Tonne hat auch nach acht Monaten Pandemie noch keinen Plan für die Ausstattung der Schulen mit Luftreinigungsgeräten. Und er hat auch noch immer keinen Plan, wie digitaler Unterricht aussehen könnte. Deshalb versucht er, das Problem einfach auszusitzen und zu deligieren", meint Försterling und fährt fort: "Stattdessen hätte er klar vorangehen müssen. Krise braucht Führung und Führung braucht klare Entscheidungen und keine butterweichen Empfehlungen, die die Diskussionen und Entscheidungen in die Schulen, Kommunen und Gesundheitsämter verlagern."
Präsenzunterricht: Ja oder nein?
Zu den am heutigen Donnerstag vorgestellten Corona-Maßnahmen für Niedersachsens Schulen erklärt Torsten Neumann, Vorsitzender des Verbandes Niedersächsischer Lehrkräfte VNL/VDR: "Wir sehen ebenso wie Kultusminister Grant Hendrik Tonne die Notwendigkeit, den Präsenzunterricht trotz der beunruhigenden Infektionslage so lange wie möglich aufrechtzuerhalten. Ob die heute angekündigten Schutzmaßnahmen hierzu genügen werden, wird die weitere Entwicklung zeigen. Es ist nachvollziehbar, hier regional zu differenzieren, jedoch darf die Einheitlichkeit und Nachvollziehbarkeit der Maßnahmen nicht gefährdet werden."
Björn Försterling findet: "Das Ermöglichen von Präsenzunterricht ist grundsätzlich richtig, aber nicht ohne vernünftiges Konzept. Momentan hat es den Anschein, als beharre Minister Tonne nur deshalb so darauf, weil es keine ausreichende Vorbereitung auf Szenario B gibt. Doch ohne Luftreinigungsanlagen ist auch Szenario A auf Dauer nicht sicher. Hier muss die Landesregierung dringend umdenken und dem Rat der Experten folgen. Die Gesundheit von Schülern und Lehrern darf keine Frage des Geldes sein."
Maske erst ab hohem Inzidenzwert
Niedersachsen will das Tragen von Mund-Nasen-Bedeckungen auch während des Unterrichts erst ab einem 7-Tage-Inzidenzwert größer als 50 empfehlen, obwohl das Robert-Koch-Institut (RKI) das Tragen einer Maske bereits bei einem Inzidenzwert über 35 empfiehlt. "Die weitere Entwicklung wird zeigen, ob es richtig gewesen ist, sich über die RKI-Empfehlung hinwegzusetzen. Zielführend erscheint auf alle Fälle die differenzierte, regionale Entscheidung. Fakt ist jedoch, dass es fast unmöglich ist, bei vollen Klassenstärken den aus Sicherheitsgründen erforderlichen Abstand einzuhalten", meint Torsten Neumann vom VNL/VDL und kommt auf das Lüften zu sprechen: "Wir können den Optimismus des Kultusministers, dass das Lüftungsproblem in der kalten Jahreszeit mit der 20-5-20-Regel optimal gelöst werden kann, nicht teilen. Es gibt weiterhin Schulen, die ihre Fenster nicht so öffnen können, wie es für eine Durchlüftung nötig wäre", so Neumann. Er vermisse den Einsatz von effektiven Raumluftfilteranlagen. Andere Bundesländer hätten für solche Fälle bereits Finanzmittel in Aussicht gestellt. "Ständiges Stoßlüften kann insbesondere in der Winterzeit letztlich nur eine Notlösung sein. 50.000 Plakate und weitere 50.000 Fensterhänger mit den wichtigsten Regeln zum Lüften werden den Schulen auch nicht weiterhelfen, wenn es bauliche oder technische Probleme gibt."
"Vollbeschulung nicht um jeden Preis"
Anders sieht es die Landtagsabgeordnete Dunja Kreiser. Sie befürworte die neuen Handlungsempfehlungen für Schulen nach den Herbstferien, welches einen eingeschränkten Präsenzbetrieb vorsieht. Das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung auch während des Unterrichts in Landkreisen oder kreisfreien Städten mit einer 7-Tage-Inzidenz ab 50 sei eine Chance, den Unterrichtsbetrieb weiter aufrecht zu halten, ist Kreiser überzeugt. Gleichzeitig befürworte sie, dass diese Vorgaben zunächst die weiterführenden Schulen beträfen und der Primarbereich von dieser Empfehlung unberührt bleibe. Richtig finde Kreiser ebenso, dass Schüler nunmehr schneller die Möglichkeit erhalten sollen, vom Präsenzunterricht befreit zu werden, wenn sie mit gefährdeten Angehörigen im gleichen Hausstand leben. „Die Vollbeschulung ist zwar am besten aber nicht um jeden Preis“, betont die Landtagsabgeordnete.
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