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"Wanderlawine" frisst sich spielend durch die Schneemassen

Sie klingt wie ein Hubschrauber im Anflug, sieht aus wie ein ausbrechender Geysir und sorgt für freie Schienen in der Harzregion.

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Weithin sichtbar zieht die riesige Wolke über die Schienen. Hier am Bahnhof in Vienenburg. | Foto: Oliver Heine / Foto-Studio8 Vienenburg / Video: Oliver Heine / Foto-Studio8 Vienenburg

Goslar/Harz. Regelrechte Ungetüme an Fahrzeugen sorgt derzeit im Harz auf den teils einen Meter hoch verschneiten Schienen im Harz für freie Fahrt und verblüffte Blicke. Nur wenige Fahrzeuge dieser Art sind deutschlandweit im Einsatz. Der Schienenverkehr im Landkreis Goslar und Umgebung ruht jedoch weiterhin. Wie die DB Netz mitteilt, beginnt nach der Durchfahrt der Schneeschleuder erst die eigentliche Arbeit.


Die Schneeschleuder der Bauart 832 verfügt über einen kraftvollen Motor zum Antrieb der großen Propeller. Vier Vorschneidepropeller "klopfen" den Schnee regelrecht weich und zerschneiden feste Stücke. Anschließend wird der Schnee dann durch die beiden massiven Hauptrotoren ins Innere des Fahrzeugs geleitet und bis zu 40 Meter weit durch die Luft geschleudert. Auf Fußgänger auf Brücken - wie im Video - wird dabei nicht unbedingt Rücksicht genommen. Ebenfalls im Video zu sehen ist eine Schneeschleuder der Baureihe 716 aus dem Jahr 1994. Auch von dieser Baureihe existieren deutschlandweit nur zwei Einheiten. Beide Bautypen unterscheiden sich hauptsächlich durch ihre Motorisierung. Die Bauart 832 verfügt über keinen eigenen Fahrmotor und muss geschoben werden. Die Baureihe 716 verfügt über drei Motoren mit insgesamt 1650 PS, die teils für den Antrieb, teils für die Schneeschleuder genutzt werden.


Im Inneren der Baureihe 716 - Statt Scheibenwischern sorgen sogenannte "Schleuderscheiben", wie sie auf Schiffen genutzt werden, für klare Sicht. Sie sind deutlich wetterunempfindlicher als Scheibenwischer. Gedreht hat dieses Video Fabian Siems. Normalerweise arbeitet er als Lokführer bei Erixx. Auf dieser Fahrt gehörte er als streckenkundiger "Lotse" mit zur Besatzung. Video: Fabian Siems

Ein historisches Einsatzfahrzeug


Geschoben wird die Schneeschleuder der Bauart 832 von einer V100 Diesellok aus dem Jahr 1970. Im Gespann befindet sich zudem ein Wohn- und Schlafwagen für die Besatzung der beiden Fahrzeuge. Auch wenn die Schneeschleuder gepflegt und angesichts ihrer leuchtend roten Farbgebung modern anmuten mag, ist nichts an diesem Gespann jünger als 50 Jahre. Es bestehen also gute Chancen, dass die Fahrzeuge bereits im Katastrophenwinter 1978/79 im Einsatz waren. Für die Baureihe 716 dürften diese Schneemassen jedoch weitestgehend Neuland sein - zumindest im Norden.

Die Schneeräumung ist erst der Anfang


Die inzwischen in beide Fahrtrichtungen erfolgte Befahrung der Bahnstrecken im Harz reiche jedoch laut einer Sprecherin der DB Netz nicht aus, um "Grünes Licht" für die Fahrzeuge von Erixx, Enno und Abellio auf diesen Strecken zu geben: "Nachdem die Gleise und Weichen von Schnee und Eis befreit wurden, muss sichergestellt werden, dass alle betriebsnotwendigen Komponenten – hauptsächlich die Weichen - auch dauerhaft störungsfrei arbeiten", erklärt die Sprecherin und fährt fort: "Dies müssen Techniker vor Ort an jeder Weiche einzeln prüfen. Erst dann können die Strecken freigegeben werden und die Züge aller Eisenbahnunternehmen wieder fahren." Wie Björn Pamperin, Sprecher der Eisenbahngesellschaft Metronom mitteilt, seien viele Weichen zwar mit Heizungen ausgestattet, bei großen Mengen Schnee und Eis seien die kleinen Heizungen jedoch überfordert. Der Schnee verklumpt dann in der Weiche, Schmelzwasser gefriert. Ein Wechsel zwischen zwei Gleisen ist damit unmöglich.


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