Hannover. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) warnt vor einer weiteren Verschärfung der Wirtschaftskrise und fordert die Bundesregierung zu schnellen Entscheidungen zur Stützung deutscher Unternehmen auf. "Es melden sich bei mir und meinen Kollegen nahezu täglich Unternehmen, die vertraulich und sehr verantwortungsbewusst darauf hinweisen, dass die Luft für sie inzwischen sehr dünn wird", sagte Weil der "Welt" (Freitagsausgabe).
Darauf müsse eine Bundesregierung reagieren. Die Ampel-Koalition in Berlin müsse "ihren Beziehungsstatus jetzt zügig klären und auf den letzten Metern womöglich doch noch eine gemeinsame Politik präsentieren". Alles andere wäre "angesichts des Drucks, unter dem unsere Demokratie mittlerweile steht, nicht zu vertreten". An einem "Weiter-so" könne jedenfalls niemand ein Interesse haben. "Da sprechen die Wahlergebnisse der vergangenen Wochen, insbesondere die der FDP, eine deutliche Sprache."
Konkret forderte Weil Maßnahmen zur Senkung der hohen Energiekosten sowie eine Wiederaufnahme der Förderung der Elektromobilität. "Insbesondere Unternehmen, die Teil internationaler Konzerne sind, brauchen eine plausible Antwort auf die Frage, warum sie angesichts der hiesigen Energiepreise ausgerechnet in Deutschland investieren sollten. Geben wir diese Antwort nicht, werden wir diese Industrien sukzessive verlieren. Das aber würde die öffentlichen Kassen auf Dauer deutlich stärker belasten als ein Industriestrompreis oder ein steuerfinanzierter Zuschuss zu den Netzentgelten."
Weil begrüßte den Plan der Ampel-Koalition, Sonderabschreibungen für Elektro-Dienstwagen einzuführen. Allerdings bräuchte es auch Anreize zum Kauf privater E-Autos. "Denkbar wäre, dass die Anschaffungskosten für E-Autos künftig teilweise von der Steuer abgesetzt werden können."
Der Ministerpräsident äußerte sich unterdessen auch zu Vorwürfen der CDU-Opposition im Landtag, nach denen er seine Parteitagsreden von Mitarbeitern der Staatskanzlei habe anfertigen lassen: Entsprechende Vorhaltungen, die ihm im Rahmen eines Parlamentarischen Untersuchungsausschusses gemacht wurden, wies Weil in der "Welt" zurück: "Ich formuliere meine Parteitagsreden selbst, allein schon, weil ich grottenschlecht darin bin, fremder Leute Texte vorzulesen."
Hintergrund des Vorwurfs ist ein E-Mail-Verkehr aus der niedersächsischen Staatskanzlei, in dem ein Mitarbeiter Weils darlegt, dass er dem Regierungschef Textbausteine für dessen Parteitagsreden geschrieben habe.
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