Braucht die Straßensanierung ein neues Finanzierungsmodell?

von Sina Rühland


| Foto: Sina Rühland



Braunschweig. Ob man als Bürger einer Stadt für eine zu sanierende Straße selbst zahlen muss oder nicht, hängt ganz von dem Wohnort ab. Braunschweig gehört zu den zwei Drittel niedersächsischer Gemeinden, die laut Satzung Geld von Hauseigentümern fordern kann. Im Jahr 2014 hat die Stadt  von den betroffenen Anliegern daher Beträge in Höhe von insgesamt 2,79 Millionen Euro angefordert.

Nachdem das NDR-Regionalmagazin "Hallo Niedersachsen" die Umfrageergebnisse zu den niedersächsischen Straßenausbaubeiträgen veröffentlicht hatte, wurde Kritik an dem sporadischen Bezahlmodell laut. Landesweit gelte laut der Umfrage in zwei Drittel der Gemeinden die Abgabe der Bürger zur Straßensanierung. Jürgen Hothan, Experte für Straßenausbau aus Hannover, sagte dem NDR gegenüber, dass ein solcher "Flickenteppich" unbefriedigend sei. Es sei für ihn nicht nachzuvollziehen, dass die Situation im Land für die einzelnen Bürger derart unterschiedlich wäre.

Je nach dem, ob eine Straße dem Durchgangs- oder dem Anliegerverkehr dient, entscheidet sich, wie hoch der Beitragssatz der Anwohner ist. Kann eine Straße nicht mehr nur an der Oberfläche Innstand gehalten werden, sondern muss auch in der Tiefe ausgebaut werden, greift die "Straßenausbaubeitragssatzung". Kritiker bemängeln, dass eine Instandhaltung für die Gemeindekasse teurer sei, als die Komplett-Sanierung, denn die Kosten für die Sanierung würden ja die Anlieger tragen.

Was sagen die Ratsfraktionen?


Auf Nachfrage der RegionalBraunschweig.de-Redaktion wiesen eine Mehrheit der befragten Braunschweiger Fraktionen daraufhin, dass ihnen bisher keine Kritik der Bürger zu Ohren gekommen sei. "Solche Vorwürfe sind unseres Wissens nach in Braunschweig noch nicht aufgetaucht. In unserer Stadt ist es bei der Erhebung von Straßenausbaubeiträgen bislang nicht zu nennenswerten Problemen oder größeren Protesten gekommen", so Holger Herlitschke (Grüne). Udo Sommerfeld (Die Linke): "Nachdem wir die Berichte des NDR zu diesem Thema gesehen haben, waren wir erstaunt, dass es offensichtlich eine unterschiedliche Praxis in Niedersachsen gibt. Bislang hieß es von der Verwaltung immer, dass alle Kommunen durch Landesgesetz gezwungen werden, von den Anliegern Straßenausbaubeiträge zu verlangen. Dies werden wir nach der Sommerpause aufklären."

Dass Die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen  für eine Entlastung des städtischen Haushaltes sorge und die Stadt in eine Lage versetze, mehr Straßen sanieren zu können als wenn die Stadt Braunschweig die gesamten Kosten tragen müsste, sagte Thorsten Köster (CDU). Dem landesweiten Vorwurf, dass viele Straßen von den Städten nicht instand gehalten würden, da eine spätere Sanierung ohnehin von den Anliegern bezahlt würde, widerspreche Köster. "Diesem Vorwurf widerspreche ich entschieden. In diesem und auch schon den vergangenen Jahren wird mindestens eine Million Euro in die Instandhaltung unserer Straßen investiert, in der Regel sogar deutlich mehr. Darüber hinaus ist der Substanzerhalt der Straßen eines der im Haushalt festgelegten strategischen Ziele. Dieser Vorwurf mag also für einige andere Kommunen zutreffen, für Braunschweig aber auf keinen Fall."

Jens-Wolfhard Schicke-Uffmann (Piraten) wies daraufhin, dass Finanzierungsmodell zum Straßenausbau auch anders aussehen könnte: "Die Straßenausbaubeiträge tragen zur Stabilisierung des städtischen Haushalts bei, aus dem ansonsten die Straßensanierungen vollständig zu tragen wären. Letztlich wäre die Infrastruktur aber über höhere Grundsteuern genauso gut zu finanzieren - bei höherer finanzieller Planungssicherheit für die Anwohner und geringerem Verwaltungsaufwand."

Dr. Dr. Wolfgang Büchs (BIBS) kritisierte die Praxis der Beitragserhebung landesweit als oft mangelhaft. "Es ist für die Beitragszahler kaum durchschaubar, ob die Beiträge angemessen sind und die Verhältnismäßigkeit gewahrt bleibt. Denn es ist nur schwer nachzuvollziehen, ob die Leitungsträger (Abwasser, Wasser, Gas, Fernwärme, Kabel, Strom, Telefon) angemessen an den Kosten beteiligt werden, mit der Folge, dass die Bürgerinnen und Bürger leicht doppelt bezahlen müssen, weil sie die Versorgungsleitungen über entsprechende Gebühren schließlich ebenfalls bezahlen." Anlieger sollten frühzeitig und umfassend beteiligt werden und ein Mitspracherecht bei den Ausbaumaßnahmen haben. Ratenzahlungen müssten oft mit einem hohen Zins erkauft werden (z.B. 6%p.a):  "Hier sollten moderate, längerfristige und möglichst zinsfreie Stundungen realisiert werden. Insgesamt ist die Straßenausbaubeitragssatzung ein sehr komplexes Gebilde an vielfältigen Bestimmungen", so Büchs.

Eine Stellungnahme der SPD-Fraktion liegt aktuell noch nicht vor.


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