Potsdam. Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) rechnet damit, bei der Landtagswahl im Herbst Wähler von der AfD zurückgewinnen zu können. Das gelte zumindest für jene, "die in den letzten Jahren von den demokratischen Parteien zur AfD gegangen sind", sagte Woidke der "Rheinischen Post" (Montagsausgabe).
"Ich bin jemand, der auf Umfragen aus persönlicher Erfahrung nicht allzu viel gibt. Wir hatten dieselbe Diskussion vor fünf Jahren. Da lag die SPD bis kurz vor den Wahlen hinten. Gewonnen haben wir dennoch", so der SPD-Politiker. Und weiter: "Die AfD ist und war immer in der Minderheit."
Zugleich räumte Woidke ein, die AfD lange unterschätzt zu haben. "Im Landtag haben wir oft die direkte Auseinandersetzung vermieden. Nun läuft das anders", sagte der SPD-Politiker. Ihm gehe es darum, dass Brandenburg "in guten Händen" bleibe. Dafür brauche es politische, wirtschaftliche und soziale Stabilität.
"Wir haben in den letzten Jahren viele Traumata der 90er-Jahre überwunden. Wir sind endlich auf einem guten Weg", so Woidke. Im ersten Halbjahr 2023 sei Brandenburgs Wirtschaftswachstum mit sechs Prozent mit weitem Abstand das bundesweit höchste. "Das alles wird infrage gestellt, wenn hier die Falschen ans Ruder kommen", sagte der SPD-Politiker.
Der Chef des Meinungsforschungsinstituts Infratest, Roland Abold, sieht unterdessen die Möglichkeit, dass AfD-Anhänger künftig wieder andere Parteien wählen: "Immerhin können sich mehr als 40 Prozent der AfD-Sympathisanten grundsätzlich vorstellen, in der Zukunft auch wieder eine andere Partei zu wählen", sagte Abold der "Rheinischen Post". Es gebe also durchaus Potenzial für die etablierten Parteien, hier wieder mehr Wähler zu überzeugen.
In Wahlumfragen wie dem ARD-Deutschlandtrend liege die AfD aktuell wieder unter 20 Prozent, nachdem sie in den vergangenen Wochen jeweils klar über dieser Marke gelegen habe. "Durch die zeitliche Nähe dieser Entwicklung zu den Protesten liegt es nahe, dass hier ein Zusammenhang besteht", sagte der Wahlforscher, fügte zugleich aber an: "Allerdings dürfte der Effekt der aktuellen Parteineugründungen, insbesondere des BSW, ein mindestens ebenso wichtiger Erklärungsfaktor für die etwas gesunkenen AfD-Werte sein."
Generell sei eine solche neue Partei, mit einer starken und deutschlandweit bekannten Persönlichkeit an der Spitze, ein Novum in Deutschland. "Auch die Kombination aus wirtschaftspolitisch eher linken und gesellschaftspolitisch eher konservativen Positionen ist in der Parteienlandschaft bisher nicht klar besetzt. Insofern besteht hier für das BSW durchaus Potenzial, insbesondere in Ostdeutschland und durch die migrationskritische Positionierung auch bei bisherigen AfD-Sympathisanten", so Abold weiter.
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