Wolfenbüttel. Besonderen Besuch hatte der Einsatzzug des DRK Wolfenbüttel bei seinem jüngsten Zugdienst. Kriminalhauptkommissar Aldo Sigmund vom Kommissariat Wolfenbüttel referierte zur Eigensicherung von Einsatzkräften im Fall von Terror- und Amok-Ereignissen.
Es ist mucksmäuschenstill im Saal des Integrations- und Therapiezentrums am Exer, als Kriminalhauptkommissar Aldo Sigmund einen minutiösen Ablauf des Amoklaufs von Erfurt 2002 vorliest. Dabei erschoss ein ehemaliger Schüler elf Lehrer, eine Referendarin, eine Sekretärin und zwei Schüler eines Gymnasiums sowie einen Polizisten, der zu den ersten Einsatzkräften am Tatort gehörte. Etwa 25 Mitglieder des Einsatzzuges sind zum Vortrag über „Handlungsempfehlungen zur Eigensicherung für Einsatzkräfte bei Anschlägen“, kurz HEIKAT, gekommen und folgen den Ausführungen des erfahrenen Polizisten, der betont darauf hinweist, dass auch er und seine Kameraden im Fall von Anschlägen unter enormen Stress stehen werden. „Von uns hat bisher niemand ein solches Ereignis erlebt. Wir üben für den Ernstfall, genau wie ihr, aber das erfüllt nur einen Zweck – im Falle eines Falles handlungsfähig zu bleiben. Entscheidungen in Situationen treffen zu können, die noch keiner erlebt hat“, erläutert er.
Dirk Jürges freut sich Sigmund für diesen Vortrag gewinnen zu können. „Niemand möchte in diese Situation kommen, aber es ist unsere Aufgabe, für den Ernstfall vorbereitet zu sein“, erklärt der Leiter der SEG und Zugführer. Die wichtigste Regel für die ehrenamtlichen Rettungskräfte ist laut Sigmund, sich selbst nicht in Gefahr zu bringen. Der direkte Tatort, der Ort, an dem Menschen verletzt wurden, darf erst betreten werden, wenn es die Polizei erlaubt. Solches Vorgehen war auch 2016 beim Amoklauf in München zu beobachten: Bis sich die Polizei sicher war, dass der Täter nicht mehr im Olympia-Einkaufszentrum sei, durfte kein Rettungsdienst dieses Anfahren. „Bleibt in Bereitschaft, steuert zugewiesene Bereitstellungsräume an, lasst von mir aus den Motor an und den Fuß auf der Kupplung – aber fahrt erst rein, wenn die Polizei den Ort freigibt“, mahnt er eindringlich. Angst davor, dass sie wegen unterlassener Hilfeleistung belangt wird, muss keine Einsatzkraft des Rettungsdienst haben, die sich entsprechend der Handlungsempfehlungen verhält. „Unsere Gesetzgebung lässt zu, dass nur derjenige helfen muss, der sich selbst und andere dabei nicht in Gefahr bringt." Zu den Ausnahmen gehören Polizeieinsatzkräfte, die zur Sicherung von Personen oder Situationen mitunter ihr eigenes Leben aufs Spiel setzen.
Doch nicht nur bei den absoluten Ausnahmesituationen ist Eigensicherung für Einsatzkräfte ein wichtiges Thema. Auch im Alltag und bei Sanitätsdiensten sollten die ehrenamtlichen Helfer auf sich Acht geben. Ausreichend Abstand, aggressive Personen stets komplett im Blickfeld, ist eines der einfachsten und defensivsten Mittel um sich selbst zu schützen.
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