Autofreie Innenstadt: "Wolfenbüttel wurde für Fußgänger gebaut"

Hat das Auto in Wolfenbüttel noch eine Zukunft?

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Mitten auf der Straße: Beim autofreien Sonntag des Jugendparlament Wolfenbüttel am Rosenwall gab es auch eine Podiumsdiskussion.
Mitten auf der Straße: Beim autofreien Sonntag des Jugendparlament Wolfenbüttel am Rosenwall gab es auch eine Podiumsdiskussion. | Foto: Werner Heise

Wolfenbüttel. Es war ein einseitig besetztes Podium, das bei der Veranstaltung "Autofreier Sonntag", zum Thema Mobilität in der Stadt sprach. Und so herrschte die einhellige Meinung: Das Auto soll raus aus der Stadt!



Das Jugendparlament Wolfenbüttel hatte am Sonntag einen autofreien Tag am Rosenwall erwirkt und den Asphalt der Straße zur Veranstaltungsfläche umgewidmet. So präsentierten sich hier beispielsweise das Technische Hilfswerk, der Allgemeine Deutsche Fahrrad Club oder das AHA-Erlebnismuseum mit Mitmachangeboten. Und auch ein paar Flohmarktstände reihten sich auf.

Autofreies Wolfenbüttel: Kein Gegenredner auf dem Podium


Mitten drin, direkt auf der sonst von Autos genutzten Fahrbahn, ließen sich Klara Krüger (Stadt Wolfenbüttel), Martino Rossi (Jugendparlament Braunschweig), Leonhard Pröttel (Ratsherr Bündnis90/Die Grünen) und Sven Strube (Ostfalia Hochschule) auf alt gediegenen Polsterstühlen nieder, um über Mobilitätsfragen zu philosophieren. Dabei herrschte durchweg Einigkeit, denn einen Verfechter des motorisierten Individualverkehrs, der als Gegenredner hätte auftreten können, gab es nicht.

Und so lauschten doch so einige Zuhörer den Rednern, wie es nach deren Ansicht gelingen könnte, die Wolfenbütteler Innenstadt möglichst frei vom Autoverkehr zu bekommen. "Diese Stadt wurde gebaut für Fußgänger. Die wurde gebaut für eine Straßenbahn und maximal noch Kutschen. Und diese Fußgängerstadt, die wurde uns weggenommen", meinte der Grünen-Ratsherr Leonhard Pröttel und ergänzte: "Wir fordern eigentlich nur zurück, was schon da war!"

Als Innenstadt betrachtet er die gesamte Altstadt und dazu zählt auch die Dr.-Heinrich-Jasper-Straße, auf deren Quartier Pröttel ein besonderes Auge geworfen hat. "Die heißt eigentlich Auguststädter Markt, das ist ein alter Barock und Renaissancemarkt", erklärt er. Heute sei es einfach nur eine Durchgangsstraße, "furchtbar ätzend!", meint Pröttel. "Die Geschäfte haben keine Außenbestuhlung, weil du willst da nicht sitzen, obwohl es da mehrere Restaurants und Bäcker gibt. Die würden alle sofort was machen, wenn es denn ginge. Und da sind wir ganz konkret am überlegen, wie wir da weniger Durchgangsverkehr hinkriegen", sagt der Grünen-Abgeordnete.

Wolfenbüttel ohne Autos: Alternativen müssen her


Veränderung könne es jedoch nur durch Alternativen und nicht durch Verbote geben, betonte Klara Krüger, Abteilungsleiterin Klimaschutz und Umwelt bei der Stadt Wolfenbüttel. Es brauche bessere und bequemere Lösungen als das Auto. Ihre Idealvorstellung: Man möchte mit dem Fahrrad, dem Bus oder zu Fuß in die Stadt und denkt gar nicht an das Auto, weil es unkompliziertere, bessere und schnellere Alternativen gibt. Für den Honorarprofessor Sven Strube, der sich an der Ostfalia mit Verkehr und Umwelt befasst, heißt das Prinzip Push & Pull. "Wir müssen nicht nur sagen, wir verbannen das Auto aus der Stadt, sondern wir müssen zuerst Alternativen schaffen. Das können Radwege sein, das kann ein guter ÖPNV sein", so Strube. Doch ohne Beschränkungen für die Autofahrer wird dies nicht einhergehen können, räumt Klara Krüger ein.

Als Beispiel nennt die Mitarbeiterin der Stadt Wolfenbüttel hier die Fahrradzonen, die bereits von der Politik beschlossen wurden und in Wolfenbüttel entstehen sollen. Hier werden Straßen so umgewidmet, dass der Radverkehr Vorrang vor dem Auto haben wird. Dass die Verdrängung des Autos aus der Innenstadt eine Gefahr für die dort ansässigen Geschäfte darstellt, glaubt Klara Krüger nicht. Als Beweis dafür sieht sie den "Autofreien Sonntag" am Rosenwall. "Wir haben ja heute viel mehr Menschen in der Innenstadt und haben aber keine Autos auf dieser Straße. Ich glaube, erst wenn der Platz da ist sich treffen zu können, etwas gemeinsam zu unternehmen, erst dann kommen die Menschen wirklich raus. Alles andere ist vorher der reine Zweck: Ich gehe in die Stadt, ich muss etwas besorgen, ich gehe wieder raus."

Geht es nach den Podiumsteilnehmern, dann hat das Auto in der Innenstadt also keine Zukunft mehr. Bis zur endgültigen Verbannung dürfte es aber noch Jahre dauern, denn Veränderungen, so räumten es die Diskutanten auch ein, brauche am Ende viel Zeit.


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