AWO: Armutsrisiko zu hoch – Bundesregierung muss gegensteuern




„Keinen Grund zum Jubel“ sieht der stellvertretende Vorstandsvorsitzende des AWO- Bezirksverbandes Braunschweig, Dirk Bitterberg, in den heute veröffentlichten Zahlen des Statistischen Bundesamtes zur Armutsgefährdung in Deutschland beziehungsweise Europa. Demnach galten 2010 15,8 Prozent der Deutschen als armutsgefährdet. „Die Bundesregierung muss sich fragen lassen, wie es möglich ist, dass in wirtschaftlich erfolgreichen Zeiten so viele Bürger arm sind“, sagt Bitterberg. Zur Bekämpfung von Armut fordert er vor allem: „Die Abschaffung der Minijobs, Beibehaltung der Rentenquote von 51 Prozent und ausreichend gute Kinderbetreuungsmöglichkeiten, die eine Erwerbstätigkeit beider Eltern ermöglicht.“

Zwar liege die Armutsgefährdung in der Bundesrepublik einen Prozentpunkt unter dem europäischen Durchschnitt (16,9 Prozent), doch dafür, dass sich die Konjunktur seit 2010 sehr gut entwickelte, sei sie enttäuschend hoch. Die Ursache sieht Bitterberg darin, dass Arbeitnehmer von den positiven Entwicklungen kaum profitieren konnten. Insbesondere Niedrigverdiener hätten sogar teilweise deutliche Kaufkraftverluste hinnehmen müssen*. Gleichzeitig seien die Gewinneinkommen aus Unternehmertätigkeit und Vermögen seit 2003 (mit einer Unterbrechung 2009) rasant gestiegen*. „Von Verteilungsgerechtigkeit kann kaum noch gesprochen werden“, kommentiert Bitterberg.

Armut treffe vor allem Familien, Alleinerziehende und Alte. „Unter den heutigen politischen Rahmenbedingungen sind Kinder ein Armutsrisiko“, bedauert Bitterberg und fordert: „Es müssen endlich Kinderbetreuungsmöglichkeiten geschaffen werden, die es Eltern ermöglichen, ihren Lebensunterhalt zu verdienen.“ Auch in Sachen Erwerbsarbeit gebe es einigen Änderungsbedarf. „Arbeit muss vor Armut schützen“, fordert Bitterberg. Die Einführung eines allgemeinen Mindestlohns wäre hier ein erster richtiger Schritt. Darüber hinaus seien Tariflöhne zu stärken. Minijobs seien weitestgehend abzuschaffen und Leiharbeit auf die Abdeckung von Auftragsspitzen und Auftragsschwankungen zu konzentrieren, für die der Grundsatz „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ gelten müsse.

*Vgl. 4. Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung


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