"Besorgter Bürger" Thomas Pink fragt: "Was stimmt denn nun?"

von Thorsten Raedlein


| Foto: Thorsten Raedlein



Wolfenbüttel. In einem offenen Brief wendet sich Bürgermeister Thomas Pink, in seiner Eigenschaft als Bürger der Stadt Wolfenbüttel, mit Fragen zur Fusions-Debatte an Landrätin Christiana Steinbrügge. WolfenbüttelHeute.de veröffentlicht seinen Brief an dieser Stelle unkommentiert und ungekürzt.

Was stimmt denn nun?


Fragen eines besorgten Wolfenbütteler Bürgers

Am 17.09.2014 konnte man in der Wolfenbütteler Zeitung lesen:

„Eine Fusion zwischen den Landkreisen Wolfenbüttel und Helmstedt könnte Eingemeindungen nach Wolfsburg ermöglichen. Dieses Signal gab Stephan Mahnke, Staatssekretär im Niedersächsischen Innenministerium, am Dienstagabend (16.09.2014) auf einem außerordentlichen Unterbezirksparteitag der Wolfsburger Sozialdemokraten.“

Zu dieser scheinbar schon recht genau festgelegten Zielsetzung der Landesregierung für eine Fusion der Landkreise Wolfenbüttel/Helmstedt gesellen sich weitere höchst interessante Aussagen auf lokaler Ebene:

„Wenn wir die Entschuldungshilfe des Landes haben wollen, muss die Fusion vonseiten der beiden Kreistage bis zum August 2015 beschlossen sein“
(H.W. Schlichting, Erster Kreisrat in Helmstedt).

Und Herr Schlichting legt nach: „Wir haben uns einen Zeitplan gegeben, den wir mit Wolfenbüttel und dem Landesministerium beschlossen haben.“

Diese Aussage unterstützt Falk Hensel, SPD-Fraktionsvorsitzender im Kreistag Wolfenbüttel: „Der Zeitplan ist bekannt, da das Land die Entschuldungshilfe von rund 96 Mio. € nur bei einer Entscheidung bis Mitte nächsten Jahres zugesagt hat“.

Ratlos bleibt man dann jedoch zurück, wenn man die anders lautenden Ausführungen unserer Landrätin liest: „Es wurden keine Fakten geschaffen, wir tun lediglich das, was im Kreistag beschlossen wurde. Wir führen Informationsgespräche, ob eine Fusion überhaupt Sinn macht.“

Was stimmt denn nun? Wenn es tatsächlich diesen bereits abgestimmten Zeitplan gibt, geht das klar über angebliche Sondierungsgespräche hinaus. Hat man bei den Gesprächen etwa auch über die Quotierung der Entschuldungshilfe, die Herr Schlichting ebenfalls zitiert – rd. 66 Mio € bekommt Helmstedt und rd. 30 Mio. € der Landkreis Wolfenbüttel - verhandelt? Oder liegt diese konkrete Betragsnennung seitens des Landes vor, das offensichtlich mit großen Schecks das Prinzip der Freiwilligkeit zu unterlaufen sucht? Dann ginge das ja über „vorbereitende Informationsgespräche“ doch deutlich hinaus!

Fragen über Fragen und bei allem die Erkenntnis: Kommt es zu dieser Fusion
- worauf diese prominenten Andeutungen hinweisen - ,würde der neu entstehende Kreis zu keiner Zeit die erforderliche Leistungsfähigkeit besitzen, die verbleibenden Restschulden in fünf Jahren abzubauen und darüber hinaus die infrastrukturellen Aufgaben dieses ganz überwiegend ländlich geprägten Gebildes zu erledigen. Dieser Kreis müsste zwangsläufig die Kreisumlage bedeutend erhöhen und somit den Gemeinden und insbesondere der Stadt Wolfenbüttel die letzte Luft zum Atmen nehmen!

Folgen wären dann für die Stadt Wolfenbüttel ein deutlicher Einschnitt in die Infrastruktur (bei Bildung, Kultur, Sport und Sozialem) und eine dann notwendige massive Erhöhung der Realsteuern. Grund- und Gewerbesteuern.

Weil diese Leistungsfähigkeit fehlt, müsste das Land nach nur kurzer Zeit erneut über Gebietsveränderungen nachdenken. Ist das etwa Kalkül?

Wenn diese Gebietsreform offensichtlich weder den Kreisen Wolfenbüttel und Helmstedt noch den kreisangehörigen Gemeinden nützt, wem denn dann?

Hierzu ist ein Blick in die jüngere Vergangenheit nötig und es schließt sich der Kreis zu Mahnkes Zitaten! Es würde einzig und allein den Oberzentren Wolfsburg und Braunschweig, die laut Sprecher des Innenministeriums, Philipp Wedlich, davon profitieren würden, nützen.

Das ist eine kommunale Strukturpolitik des Landes, die so nicht akzeptabel sein kann!

Ganz offensichtlich ist dem Land ziemlich egal, was mit Mittelzentren und Gemeinden im ländlichen Raum passiert. Es zählt ganz offensichtlich nur die Zufriedenheit der Oberzentren.

Als Realsatire kann dann ein Ausspruch des Landtagsabgeordneten Marcus Bosse vom 14.10.2014 in der Online-Zeitung www.wolfenbüttelHeute.de gewertet werden, der getreu einem historischen Ausspruch der 60er formuliert: „Niemand hat die Absicht, einen Landkreis zu spalten.“ Schön!

Deshalb, liebe Frau Steinbrügge, stehen angesichts des bisher nur als befremdlich zu bezeichnenden Prozesses weit mehr Fragen als Antworten im Raum. Ich bitte Sie herzlich, die offenen Fragestellungen klar und eindeutig zu klären, die da lauten:

Gibt es schon Vereinbarungen mit dem Landkreis Helmstedt und/oder der Landesregierung, von denen die Öffentlichkeit nichts weiß?

Wird es eine Bürgerbefragung in beiden Landkreisen geben, um zu erfahren, ob die Bürgerinnen und Bürger diesen Zusammenschluss überhaupt wollen?

Ist die Höhe der vom Land in Aussicht gestellten Entschuldungshilfe das entscheidende Kriterium für eine Fusion der Landkreise Wolfenbüttel und Helmstedt?

Besteht die Gefahr, dass der Zusammenschluss negative Auswirkungen auf die bestehende gute Infrastruktur haben könnte, wird z.B. eine Schule in Wolfenbüttel geschlossen, um Schulen im jetzigen Landkreis Helmstedt zu stärken?

Werden auch andere Fusionsmöglichkeiten geprüft?

Wird der Landkreis Wolfenbüttel erst eine Entscheidung über eine Fusion mit dem Landkreis Helmstedt treffen, wenn zuvor alle anderen denkbaren Optionen geprüft und bewertet wurden?

Kann ausgeschlossen werden, dass nach einer Fusion Wolfenbüttel/Helmstedt einzelne Gemeinden dieses neuen Landkreises nach Wolfsburg oder Braunschweig wechseln?

Können Steuererhöhungen als Folge der Fusion Wolfenbüttel/Helmstedt ausgeschlossen werden?


Thomas Pink, Bürger der Stadt Wolfenbüttel


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