Wolfenbüttel. Am Samstag fand auf dem Schlossplatz in Wolfenbüttel das Fest für die Demokratie statt. In seiner Rede äußerte sich Bürgermeister Ivica Lukanic dahingehend, dass er enttäuscht sei, dass sich die AfD-Vertreter in Wolfenbüttel nicht von den vom Recherchenetzwerk Correctiv aufgedeckten Plänen von unter anderem AfD-Mitgliedern zur Remigration auch Deutscher Staatsbürger distanziert hätten. regionalHeute.de fragte die angesprochenen Ratsherren, wie sie darüber denken.
Hinsichtlich der im Rahmen des sogenannten Geheimtreffens in Potsdam diskutierten Pläne, Menschen aus Deutschland zu verdrängen, sagte Ivica Lukanic auf dem Schlossplatz wörtlich: "Leider hat auch von unseren AfD-Vertretern vor Ort, keiner diese Pläne verurteilt, was mich unglaublich traurig macht." Wir baten die beiden Wolfenbütteler AfD-Ratsherren Andreas Bäumann und Dr. Manfred Wolfrum um Stellungnahme.
"Größtenteils ausgedachtes Konstrukt"
"Die instrumentalisierte Recherchearbeit des Correctiv-Netzwerkes zu diesem Thema ist nachweislich ein größtenteils ausgedachtes Konstrukt, das nur der Diffamierung der Alternative für Deutschland dienen sollte. Dass das Thema Remigration im Allgemeinen bei der AfD kein neues ist, war von vornherein klar! Dass das Thema Remigration von deutschen Staatsbürgern kein Thema war, weil rechtlich nicht möglich, ist auch von vornherein klar gewesen! Aus diesem Grunde ist eine Distanzierung zu den eben beschriebenen Vorgängen zu keiner Zeit notwendig gewesen", schreibt AfD-Ratsherr Andreas Bäumann.
"Ich habe der Rede des Herrn Lukanic nicht beigewohnt, wenn er in seiner Rolle als Bürgermeister der Stadt Wolfenbüttel diesen verdrehten Sachverhalt wirklich so wiedergegeben haben sollte, wäre ich als Mitglied des Rates der Stadt Wolfenbüttel zumindest enttäuscht. Wenn ihm dieses Thema so wichtig ist, hätte man es an anderer Stelle besser erörtern können", so Bäumann weiter.
"Scharade des Bürgermeisters"
"Es gibt keinerlei Veranlassung, sich zur Scharade des Bürgermeisters der Stadt Wolfenbüttel – und nicht etwa der Privatperson Lukanic, auch noch in Personalunion mit der Landrätin am vergangenen Samstag auf dem Schlossplatz Wolfenbüttel zu äußern", ergänzt Fraktionskollege Dr. Manfred Wolfrum. Schon gar nicht sei die undifferenzierte und unreflektierte Wiedergabe von nicht belegten, also nicht faktenbasierten vorgeblich "heimlich ausgehorchten" wilden Behauptungen einer "steuerfinanzierten Recherche-Plattform" namens Correctiv Veranlassung dazu. "Und erst recht nicht, wenn die marktschreierische Wiedergabe am Samstag mittlerweile nicht nur abgegriffene, sondern auch gerichtlich widerlegte und deswegen von Correctiv still und leise von seiner Plattform entfernte Narrative bedient", erklärt Wolfrum.
Das Parteiprogramm der AfD sei frei zugänglich und der Bürgermeister könne es sich jederzeit von seinen Büroangestellten ausdrucken lassen und die politischen Ziele der AfD zur Kenntnis nehmen. "Meine Einstellung sowie Arbeit und Verlautbarung, ebenso wie die meines Fraktionskollegen Andreas Bäumann im Stadtrat, auch im Kreistag sowie sonst in der Öffentlichkeit weicht davon keinen Deut ab. Insofern könnten wir uns höchstens von den wilden Behauptungen des Bürgermeisters distanzieren, was er am besten selber macht", so Wolfrum weiter.
Wie finanziert sich Correctiv?
Correctiv selbst hat dem Vorwurf, staatsfinanziert zu sein, wiederholt widersprochen. Nach Angaben auf der eigenen Homepage, beträgt der Anteil öffentlicher Gelder an der Finanzierung rund 12,8 Prozent. Mit diesen würden klar abgegrenzte Projekte gefördert. Man erhalte staatliche Förderung ausschließlich für Medienbildung und Strukturförderung. Für investigative Recherchen, Faktenchecks oder redaktionelle Arbeit nehme man keine staatlichen Förderungen an.
Die Kernaussage des Correctiv-Berichtes, dass Remigration von Menschen mit Migrationshintergrund, die einen Aufenthaltsstatus oder die deutsche Staatsbürgerschaft haben, auf der Veranstaltung in Potsdam diskutiert wurde, wurde bislang nicht vor Gericht behandelt und findet sich auch weiter auf der entsprechenden Homepage. Allerdings hatte das Recherchenetzwerk klargestellt, dass das von vielen Medien kolportierte Wort "Deportation" in Potsdam nicht gefallen ist. Ivica Lukanic hatte dies in seiner Rede auch nicht verwendet. Zudem äußerte sich Correctiv gegenüber dem Landgericht Hamburg, dass "die Teilnehmer*innen nicht über eine rechts-, insbesondere grundgesetzwidrige Verbringung oder Deportation deutscher Staatsbürger gesprochen haben."
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