Wolfenbüttel. Im Wolfenbütteler Rathaus sind die bisherigen pressewirksamen Verlautbarungen des Bürgermeisterkandidaten Dr. Adrian Haack (CDU) ganz offensichtlich auf Unmut gestoßen. In einer am heutigen Freitag versandten Pressemitteilung äußert sich Bürgermeister Thomas Pink (parteilos, vormals CDU) zu seinem potenziellen Nachfolger.
„Den einen oder anderen Bewerber um das Wolfenbütteler Bürgermeisteramt scheint schon jetzt das Wahlkampffieber gepackt zu haben", so Pink. Diverse Presseverlautbarungen des Kandidaten Dr. Haack in den vergangenen Wochen habe er erstaunt und zum Teil belustigt zur Kenntnis genommen. Er selbst trete zwar nicht mehr zur Wahl an und könne ganz entspannt die Kandidatenprosa hinnehmen, so ganz ohne Gegenrede könne er diese jedoch dann nicht stehen lassen, wenn sie die Stadtverwaltung und deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter doch in ein völlig falsches Licht stellen oder die Realitäten schlichtweg falsch darstellen.
Streitpunkt Nr. 1: Kaltes Tal
„So musste man bei seinem Bericht über die Verkehrssituation im Kalten Tale schlussfolgern, dass dort Wildwestmanieren vorherrschen und seitens der Verwaltung nichts dagegen getan werde", zeigt sich Pink erstaunt. Sicherlich gebe es auch dort Autofahrerinnen und Autofahrer, aber auch andere Verkehrsteilnehmer die sich nicht an alle Regeln halten würden.
Das bestreite auch Pink nicht: „Dieses ist das übliche, individuelle Fehlverhalten im Straßenverkehr, was wir immer und überall feststellen." Allerdings dürfe man subjektives Empfinden und Fakten auch nicht durcheinanderwürfeln. Denn, der Bundesgesetzgeber verpflichte die Kommunen, Verkehrssituationen nicht nach subjektiven Empfindungen, sondern nach den objektiven Gegebenheiten zu beurteilen. Dabei werde der „Gestaltungspielraum" der Kommunen zum Beispiel in Bezug auf zulässige Höchstgeschwindigkeiten eingeschränkt. Auch sei dort kein Unfallschwerpunkt. Und trotz der Erschließungsfunktion, die die Straße „Im Kalten Tale" für das südwestliche Stadtgebiet wahrnehme, sei das dortige Verkehrsaufkommen als üblich anzusehen und zeige auch aufgrund der beidseitig angelegten Gehwege keine negativen Auffälligkeiten. „Fußgängerüberwege ermöglichen es gerade den Fußgängern, diese Straße an verschiedenen Stellen gesichert zu überqueren", so Pink. Darüber hinaus fänden regelmäßige Überprüfungen der Situation dort auch durch die Polizei statt.
Streitpunkt Nr. 2: Bürgerdienste des Rathauses
In einem im Wolfenbütteler Schaufenster veröffentlichten Artikel kritisiert Haack die Öffnungszeiten des Bürgeramtes und sagt: "Niemand sollte sich freinehmen müssen, um ein Dokument abzuholen." Völlig daneben, findet Pink. „Ja, Corona schränkt hier aktuell vieles ein, dies wird jedoch kein Dauerzustand bleiben", sagt der Bürgermeister. Die Zufriedenheit der Bürgerinnen und Bürger beim Besuch des Bürgeramtes seien in unterschiedlichen Abständen durch Befragungen überprüft worden. Dabei seien insbesondere die Öffnungszeiten positiv bewertet worden.
„Diese Zufriedenheit liegt vermutlich nicht nur an der Tatsache, dass das Bürgeramt an zwei Wochentagen bis 18 Uhr geöffnet ist, sondern sicherlich auch an den Wochenöffnungszeiten von über 39 Stunden. In der Region und auch im Vergleich mit ähnlich großen Kommunen wird dieser Wert nicht übertroffen. Vergleichbare Bürgerämter halten häufig Öffnungszeiten zwischen 30 und 35 Wochenstunden vor", erklärt Pink.
Streitpunkt Nr. 3: Digitalisierung
Und auch bei "seinem offensichtlichen Lieblingsthema Digitalisierung" schieße Haack nach Ansicht des Hauptverwaltungsbeamten über das Ziel hinaus. „Die Dinge, die er hier großartig im Wahlkampf verspricht anzustoßen, sind schon längst in Arbeit oder umgesetzt, da das Onlinezugangsgesetz dies vorschreibt", betont der Rathauschef. In vielen Bereichen werde in der Stadtverwaltung derzeit an den Systemen gearbeitet. „Leider hat Corona auch hier vieles verzögert, die größten Bremser waren allerdings Bund und Land, da Entscheidungen, wie zum Beispiel beim Bürgerkonto, immer wieder hinausgezögert wurden. Da könne ja Herr Dr. Haack als Mitarbeiter des Bundestagsabgeordneten und Generalsekretärs der CDU, Paul Ziemiak, an prominenter Stelle das Thema beschleunigen. Ich würde mich freuen", so Pink.
Allerdings müsse Dr. Haack bei aller „Digitalisierungsdynamik" auch wissen, dass es gerade das Rathaus einer Stadt sei, in dem man nach wie vor auch gerne noch persönliche Gespräche führe, um Anliegen vorzutragen und zu regeln, meint Pink.
Streitpunkte Nr. 4, 5 und 6: Die Ortsteile
Drei weitere Themen, denen sich der Kandidat Dr. Haack widmete, der Neubau eines Feuerwehrgerätehausees in Wendessen, die Ausweisung eines Baugebietes in Adersheim und die Schaffung von Gemeinschaftsräumlichkeiten im Ortsteil Linden würden sich, so heißt es in der Pressemitteilung des Rathauses, ebenfalls als Rohrkrepierer entpuppen. Seine Forderung nach dem Neubau eines neuen Feuerwehrgerätehauses in Wendessen sei als prioritäre Maßnahme mit dem Beschluss des Feuerwehrbedarfsplanes für die Stadt Wolfenbüttel bereits im Dezember 2020 von den politischen Gremien der Stadt beschlossen worden. Auch das von Dr. Haack geforderte Baugebiet für Adersheim sei zurzeit schon in enger Abstimmung mit der Politik und werde zeitnah umgesetzt. Eine Nachfrage beim CDU-Ratsherrn Holger Helwig hätte "zur Erleuchtung geführt."
Ein, so steht es in der Pressemitteilung geschrieben, „Wahlkampf-Schuss" sei besonders elegant nach hinten gegangen: "Haacks Verwunderung darüber, dass der Ortsteil Linden über keine Gemeinschaftsräumlichkeiten verfüge und sein Versprechen, hier tätig zu werden." Bürgermeister Pink wird dazu wie folgt zitiert: „Vielleicht liegt es daran, dass Herr Dr. Haack zum Zeitpunkt des Baus der Lindenhalle noch nicht geboren war, aber die Lindenhalle ist quasi das 'Dorfgemeinschaftshaus" des Ortsteiles Linden, was im Rahmen der Eingemeindungsverhandlungen zwischen der Stadt und der Gemeinde Linden damals auch vereinbart wurde. Darüber hinaus nutzten Vereine und Verbände aus Linden ab und an auch die Sozialräume der städtischen Straßenmeisterei in der Neindorfer Straße."
Pink spricht von Nebelkerzen
Und dann macht Pink ein Angebot: "Herr Dr. Haack, aber selbstverständlich alle anderen Kandidatinnen und Kandidaten, können gern bei mir bei Sachthemen nachfragen, bevor man irritierende Nebelkerzen zündet." Er fügt abschließend hinzu: "Und wenn man schon Wahlkampfversprechen macht, dann sollte man vorab wenigstens prüfen, ob die Stadt, in der man sich zum Chef der Verwaltung wählen lassen möchte, überhaupt zuständig ist", sagt Pink. Beim Elterngeld oder Kindergeld sei dies jedenfalls nicht der Fall. „Ein Wahlversprechen ist die eine Sache, Machbarkeit und Realitätssinn dem Wähler gegenüber, die andere." Was genau damit gemeint ist und ob Pink sich damit auf diese Aussagen Haacks bezieht, ist unklar.
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