Das Engagement für Flüchtlinge endet auch nach Weihnachten nicht


| Foto: Thorsten Raedlein



Wolfenbüttel. Voller Mitgefühl waren die Herzen in der Weihnachtszeit für Flüchtlinge, die es nach Deutschland verschlagen hatte. Doch wie sieht es ein paar Wochen später aus? Wie gestaltet sich die tägliche Arbeit mit denen, die in der Heimat alles zurücklassen mussten? Im Landkreis Wolfenbüttel leisten zum Beispiel die Ehrenamtlichen des Roten Kreuzes (DRK) einen bedeutenden Teil der Hilfe.

"Hilfe für Flüchtlinge ist überall auf der Welt eine Kernaufgabe des Roten Kreuzes", sagt Andreas Ring. Der Vorstand des DRK-Kreisverbandes berichtet von einer großen Hilsfbereitschaft auf allen Ebenen. "Zum Beispiel haben sich sämtliche Ortsvereine in der Samtgemeinde Schladen geschlossen bereit erklärt, Patenschaften für Flüchtlingsfamilien zu übernehmen."

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Barbara Pabst und Petra Tammen betreuen in Dettum Familien, die geflüchtet sind. Foto: DRK



Das DRK hat im Landkreis 27 Ortsvereine. "Es zeichnet sich ab, dass die Flüchtlinge fast überall mit großem ehrenamtlichen Engagement begleitet und unterstützt werden können." Zum einen gehe es dabei um die Grundversorgung, für die das DRK im Kreis mit verschiedenen Einrichtungen stehe: "Wir helfen den Menschen mit unserer Kleiderkammer und natürlich mit der Tafel - schließlich kommen die Flüchtlinge mit kaum mehr als dem, was sie auf dem Leibe tragen."

Dabei sei vor allem das DRK in der Lage, unbürokratisch und schnell zu helfen, betont Ring: "Wir bieten flexibele Öffnungszeiten an in Absprache mit den Ortsvereinen." So könne beispielsweise telefonisch ein Besuchstermin mit Paten und Paten-Familien in der Tafel vereinbart werden. "Damit die Menschen auf die Hilfe nicht erst eine Woche warten müssen."

Langfristige Aufgabe


Obwohl die erste Welle der zugewiesenen Flüchtlingsfamilien bereits gut empfangen wurde, glaubt der DRK-Kreisvorstand angesichts der weltweiten Krisenherde nicht an ein schnelles Ende der Aufgabe. "Dieses Thema wird uns zunehmend beschäftigen und unsere Organisationen vor wachsende Herausforderungen stellen." Im Kreisverband sei inzwischen ein "Arbeitskreis Flüchtlingshilfe" geplant, der die Ortsvereine regelmäßig berät und Angebote zu Themenbereichen wie etwa Sprachförderung, gesundheitliche Versorgung sowie Integration vor Ort entwickeln soll.

Auch die zielgerichtete Vermittlung von Sachspenden soll organisiert werden. Hier ist der Bedarf an Spielzeug, Fahrrädern und Computern für die individuelle Sprachförderung groß. "Das wird aber nicht reichen", meint Ring. „Ehrenamtliche Helfer und Paten brauchen Unterstützung durch unsere hauptamtlichen Ehrenamtskoordinatoren und benötigen die vielfältigen Hilfestrukturen eines großen Verbandes.“

Erstmal geht es jedoch mit einer Diskussion der involvierten Verbände weiter. Am 13. Januar wird es ein Abstimmungstreffen geben zwischen Vertretern des Landkreises, der Samtgemeinden und der Wohlfahrtsverbände.

Hier wird geholfen: Beispiele aus dem Alltag


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Die Flüchtlinge im Dettumer Beeke-Hus. Foto: DRK



"Wir sind sehr froh, schon eine ganze Reihe von Paten gefunden zu haben", sagt Barbara Pabst. Die stellvertretende Vorsitzende des DRK-Ortsvereins Dettum betreut in ihrem Heimatdorf mit drei weiteren Helfern insgesamt 17 Flüchtlinge, darunter 9 Kinder. "Die Aufgaben sind natürlich vielfältig und eine große Herausforderung - aber es ist auch auch sehr befriedigend."

Vielfältig dürfte untertrieben sein. Eine ganze Reihe von Wegen ist nötig, um die Flüchtlinge gut zu empfangen in ihrer neuen Heimat. Von Behördengängen zur amtlichen Anmeldung über die Besuche bei Tafel und Kleiderkammer, um dort die Grundausstattung zu besorgen, bis hin zu Schulen und Kindergärten, um dort die Jüngsten unterzubringen. "Und all das ziemlich mehrsprachig", sagt Barbara Pabst schmunzelnd. In Dettum kamen zuletzt Menschen aus Aserbaidschan, Syrien, aus dem Sudan und von der Elfenbeinküste an. "Zum Glück habe ich mein Netzwerk."

Zum Netzwerk gehört eine Frau, die bereits vor 20 Jahren als Flüchtling aus Syrien kam, noch immer in Dettum lebt und nun dolmetschen kann. Zum Netzwerk gehört aber auch Petra Tammen. Die Lehrerin von der Grundschule Schöppenstedt engagiert sich ehrenamtlich in ihrem Wohnort Dettum und bringt neun Schülern verschiedenen Alters Deutsch bei. "Ich finde dieses Engagement wichtig - und selbstverständlich", sagt sie.

 Die Herausforderung: Sprache


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Im Falkenheim beim Kuchenbacken. Foto: Thorsten Raedlein



Im Unterricht gehe es manchmal zu wie beim Spiel Stille Post: "Der Aserbaidschaner spricht etwas Deutsch und dolmetscht auf türkisch für die Syrer - und die sprechen wiederum Arabisch mit den Sudanesen." Nur mit Anna Edja spricht die Lehrerin direkt Französisch. Die junge Mutter von der Elfenbeinküste hatte es mit ihrem einjährigen Söhnchen Jean allein bis nach Deutschland geschafft. Irgendwie.

Eine große Hilfe für Barbara Pabst ist auch Kairlas Munis. Der Ägypter lebt schon lange in Schöppenstedt und übersetzt bei vielen Gelegenheiten. Ebenso wie seine Frau, trägt er ein großes Kreuz an der Kette um den Hals. "Wir sind Christen, viele der Flüchtlinge sind Muslime - das ist aber kein Problem." Auch seine Frau müsse immer wieder dolmetschen, wo es für den Mann Grenzen gebe. "Es wäre undenkbar, dass ich mit einer muslimischen Frau zum Arzt gehe - und sei es nur als Übersetzer. Das muss eine Frau machen."

Keine Container-Lösung in Dettum


Bürgermeister Willi Dietzsch freut sich über das Engagement der ehrenamtlichen Helfer und vor allem über die Paten, die sich um die vier Familien kümmern. "Wir haben jetzt ein leerstehendes Haus angemietet, denn in Dettum erwarten wir zwei weitere Flüchtlingsfamilien." Dabei habe sich die Gemeinde gegen die Variante entschieden, zur Unterbringung Wohncontainer aufzustellen. "Solang es Leerstand gibt, wollen wir das nicht."

Gleichwohl sei der Ort dann mit sechs Flüchtlingsfamilien am Limit angekommen. "Wir haben gut 900 Einwohner, das ist für die Integration ein gutes Zahlenverhältnis." Mehr wäre schwierig, meint Dietzsch. "Die Aufgabe muss für den Ort zu bewältigen sein." Damit die Betreuung der nächsten Flüchtlingsfamilien zu bewältigen ist, wünscht sich DRK-Aktivistin Barbara Pabst noch weitere Paten. "Es wäre schön, wenn sich noch ein paar Menschen aus Dettum und den umliegenden Dörfern melden würden."


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