Wolfenbüttel. Der Tourismus in Wolfenbüttel hat ein Problem: Das Angebot an Übernachtungsplätzen stagniert seit einigen Jahren. Zu den vorhandenen Hotels hat sich bislang kein neues angesiedelt. Ganz im Gegenteil, mit der Schließung des Hotel Kronprinz sowie des Antoinette ging sogar nachgefragtes Angebot verloren. Könnte eine Tiny House-Feriensiedlung helfen? Es gibt zumindest geteilte Meinungen.
Die Stadtverwaltung würde die Idee jedenfalls gerne einmal prüfen lassen und schlägt den Ratsgremien die Vorabprüfung zur Durchführung einer Machbarkeitsstudie vor. Eine Ferienhaussiedlung mit den sogenannten Tiny Houses - kleine, winzige, oft auch bewegliche Häuser mit Minimalanspruch - könnten nach Vorstellung der Stadt ein passendes neues Angebot für den Tourismus in Wolfenbüttel darstellen. Dieses könne sowohl der Höhepunkt einer Reise sein, als auch eine wichtige Lücke im Übernachtungssegment schließen.
Gibt es Investoren für das Vorhaben?
Doch lässt sich das so einfach realisieren? Wo gibt es im Stadtgebiet mögliche Standorte dafür, welcher planungsrechtlichen Voraussetzungen bedarf es und welche Zielgruppe kann man damit ansprechen? Dies möchte man ebenso wie die wichtige Frage, ob es dafür überhaupt Investoren und Betreiber gebe, klären. "Ergibt die Vorabprüfung gute Marktchancen, sollte im Anschluss eine Machbarkeitsstudie durchgeführt werden, die für konkrete Verhandlungen mit potenziellen Investoren beziehungsweise eine Ausschreibung benötigt würde", schreibt die Stadt in ihrem Vorschlag an die Politik.
In seiner Sitzung am gestrigen Dienstag beschäftigte sich nun der Ausschuss für Bau, Stadtentwicklung und Umwelt mit diesem Thema. Hier hob Bürgermeister Ivica Lukanic (parteilos) auch hervor, dass eine Tiny House-Feriensiedlung ein wichtiger Baustein für die Landesgartenschau in Wolfenbüttel sein kann, für die man sich bewerben möchte.
Doch während der Vorschlag erst einmal eine Prüfung vorzunehmen, ob das Vorhaben überhaupt und wenn ja wie umsetzbar ist, von nahezu allen Parteien positiv gesehen wird, gibt es vonseiten der Grünen heftigen Widerspruch. "Ich bin mittelschwer entsetzt über diesen Vorschlag", sagt deren Ratsherr Stefan Brix. Nicht weil er den touristischen Bedarf bestreiten würde, sondern weil dem der Mangel an Wohnraum entgegenstehe. Eine Tiny House-Feriensiedlung brauche viel Fläche. Wenn es diese doch aber innerstädtisch gebe, müsste man diese eben für die Schaffung von Wohnraum nutzen. Den Vorschlag der Verwaltung bezeichnete er daher als "widersinnig und unangemessen" für die Stadtentwicklung.
Florian Jürgens, Amtsleiter Stadtentwicklung und Bauaufsicht, stimmte Brix zu, dass es der Schaffung von Wohnraum bedarf, es dabei jedoch vorrangig um bezahlbaren Wohnraum gehen müsse. Bei innerstädtischen Flächen spreche man über ein Preissegment, das dem konträr gegenüberstehe. An ein touristisches Angebot wie eine Tiny House-Feriensiedlung, bei dem es sich ausschließlich um kurze Aufenthalte handele, seien beim Bau möglicherweise ganz andere, preisgünstigere Anforderungen gestellt, als für dauerhaftes Wohnen.
Italienisches Flair in Wolfenbüttel
Leonhard Pröttel (Grüne) kann sich gar nicht erst vorstellen, dass ein solches Übernachtungsangebot in Wolfenbüttel angenommen werden würde. Er selbst habe schonmal in einem Tiny House genächtigt, allerdings am Wasser und in der ruhigen Natur. Wolfenbüttel hingegen sei Altstadt. Hier wolle er Café trinken und das "italienische Flair" genießen. Tatsächlich warb Wolfenbüttel so vor einigen Jahren innerhalb einer Marketingkampagne unter der Überschrift "Dolce Vita" für sich. Pröttel schlug vor, statt über eine Ferienhaussiedlung über die Idee eines dezentralen Hotels in leeren Geschäftsräumen der Innenstadt nachzudenken. Ein solches Konzept gebe es in Wien.
Die Vertreter der SPD-Fraktion sprachen sich für eine Prüfung aus. In diesem Zusammenhang erinnerte man auch auf den eigenen Antrag aus dem Mai 2022, mit dem geprüft werden sollte wo Tiny Houses zu Wohnzwecken aufgestellt werden könnten.
Bei zwei Gegenstimmen der Grünen wurde der Prüfauftrag für eine Tiny House-Feriensiedlung vom Ausschuss mehrheitlich empfohlen. Die endgültige Beschlussfassung soll am 6. März im nicht öffentlichen Verwaltungsausschuss getroffen werden.
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