Kirchentag: Teilnehmer der evangelischen Jugend in Wolfenbüttel bringen viele neue Impulse mit nach Hause


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Mit vielen neuen Eindrücken ist eine über 30-köpfige Reisegruppe der evangelischen Jugend in Wolfenbüttel vom Kirchentag in Hamburg Anfang Mai zurückgekehrt. Der Gruppe unter Leitung von Propsteijugenddiakon Reiner Strobach und Team hatte sich aus Schöppenstedt auch Gerrit Nehrkorn, Mitglied im dortigen Propsteivorstand angeschlossen. Aus dem Bereich der Kirchenmusik war Kantorin Almuth Bretschneider aus Wolfenbüttel mit in Hamburg. In einer weiteren Veranstaltung besuchten vier jugendliche Gruppen aus der Propstei Wolfenbüttel gemeinsam mit insgesamt 500 Teilnehmenden aus der Landeskirche Braunschweig mit einem Sonderzug für einen Tag den Kirchentag und eine Kleingruppe mit jungen Erwachsenen machte sich ebenso für einen Tag auf den Weg. Alle drei Maßnahmen, mit kirchlichen und kommunalen Mitteln gefördert, erfreuten sich einer sehr guten Beteiligung.

Zu dem Motto „Soviel du brauchst“ konnten die Teilnehmer aus einem umfangreichen Programm ihre persönlichen Schwerpunkte wählen und sich damit in thematischen, kulturellen und spirituellen Veranstaltungen auseinandersetzen. Ein Impuls, der sich wie ein roter Faden durch das fünftägige Programm zog, war der Aufruf an unsere Gesellschaft für „eine Wende zu mehr Gemeinsinn und weniger Geiz“, wie es ein Bericht der Tagesschau vom 5.Mai formulierte.
Eckart von Hirschhausen brachte in seiner Bibelarbeit zu dem Thema „Es reicht für alle – die Speisung der 5.000“ so auf den Punkt: „Ist das nicht pervers: die eine Hälfte der Menschheit hungert – und die andere Hälfte ist auf Diät! Über eine Milliarde Menschen leidet unter Hunger!“ Der provokante Hoffnungsgedanke dieser Geschichte laute „durch Teilen ist eine Überwindung des Mangels möglich“. Leider gehe der Gedanke der Solidarität in einer großen Menschenmenge schnell verloren, daher sei immer wieder Achtsamkeit nötig.

Begonnen hatte der Kirchentag mit vier großen Open-Air-Gottesdiensten, auf die sich alle gut aufteilen konnten, und mit einem Abend der Begegnung. Bei einem der Eröffnungs-gottesdienste hatte Bundespräsident Joachim Gauck in einem Grußwort betont, dass er Kirchentagen eine große gesellschaftliche Bedeutung zumisst. Und Kirchentagspräsident Gerhard Robbers erhoffte sich „vom Kirchentag Impulse zur Lösung drängender gesellschaftlicher Fragen“. Bei einem Abendsegen rund um die Binnenalster, eingerahmt von einem Lichtermeer aus Kerzen wurde der „Gemeinsinn“ der Kirchentagsbesucher erlebbar.

Ein wichtiger Impuls bestand im Podium „Religion – Vielfalt leben“ in der Forderung nach einem umfassenden Dialog der Religionen. Durch den Prozess eines Dialogs auf der Basis gegenseitiger Wertschätzung können wir uns von anderen Religionen bereichern lassen, betonte auch Bischöfin Kirsten Fehrs aus Hamburg.
Auf vielen Veranstaltungen wurde die gesellschaftliche Brisanz des Kirchentagmottos deutlich. Mit den Worten von Bischöfin Fehrs: „was zu viel ist, verdirbt den Charakter.“ Es gebe zu viel Ungerechtigkeit, Bomben und Gewissenlosigkeit. Und so viel, was kein Mensch brauche. Sie beklagte die große Kluft zwischen Arm und Reich und hoffte auf neue Ideen gegen Armut.
Ideen „für einer besseren Welt“ standen auch in einer Bibelarbeit des Sängers Eddi Hüneke (Musikgruppe „wise guys“) im Mittelpunkt. Er forderte, „bei jeder Kaufentscheidung müsse man darauf achten, ob damit einem anderen Menschen oder der Umwelt geschadet werde.“ Durch einen solchen Bewusstseinssprung könnte eine Gemeinwohlökonomie entstehen. Und auch musikalisch konnten die „wise guys“ viele Menschen überzeugen.

Wer wollte, konnte sich im Zentrum „Umwelt, Frieden und Gerechtigkeit“ auch über die Klimaschutzkonzepte der Kirchen informieren, eine interaktive Ausstellung zum Klimawandel besuchen oder sich in Hamburg (Umwelthauptstadt 2011) auf die Suche nach Spuren des Klimawandels begeben. Ermutigend dazu das Ziel, bis zum Jahre 2020 die eigenen CO 2 –Emissionen um 40% zu senken. Damit stand dieses Forum auch in der Tradition des Kirchentages in Dresden, der in einer Resolution gefordert hatte, dass die Bundesregierung nach der Katastrophe von Fukushima „ein zukunftsfähiges Energiekonzept“ beschließen solle.

Beim Podium „Krieg als Geschäft“ wurde eine friedenspolitische Ausrichtung des
Kirchentages deutlich: EKD-Ratsvorsitzender Nikolaus Schneider möchte als Christ zu ethischer Bildung beitragen und fordert mehr Transparent und Kontrolle bei Rüstungsexporten.

Auf sehr persönliche Weise wurde in der Veranstaltung „Was wir brauchen“ von dem Liedermacher Clemens Bittlinger und dem Theologen Anselm Grün Antworten gegeben:
Anselm Grün wünschste „uns allen Beziehungsfähigkeit, die uns trägt“. Nach seinen Worten brauchen wir vor allem „Beziehung und Begegnung“, darauf aufbauend „Träume und Hoffnung“ sowie „Liebe“. Dabei meine er Träume im Sinne von Dom Helder Camara, wo gemeinsame Träume der Beginn einer neuen Wirklichkeit seien und die Welt verändern könnten. Als lebendige Hoffnung sollten wir Christen „Sauerteig für unserer Gesellschaft“ sein. Dafür ist nach den Worten von Clemens Bittlingers auch „Entschleunigung“ notwendig. Und mit seinem Liedbeitrag „Unterm Regenbogen stehn die Kinder dieser Welt“
sprach er sich eindringlich für eine umfassende Akzeptanz aus und gedachte damit auch den Opfern des demokratiefeindlichen Massakers in Norwegen.

Die Teilnehmer der Gruppenfahrt konnten insgesamt eine große Bandbreite von Ver-anstaltungen besuchen: sei es eine Kabarettveranstaltung, eine lebendige Bibelarbeit oder ein gemeinschaftlicher Abendsegen. Oder über das „Forum Erinnern“ der Besuch der KZ-Gedenkstätte in Neuengamme oder im Forum „Religion – Vielfalt leben“ ein Statement von
Margot Käßmann und die Erkenntnis, dass Glaube als „Ermöglichung von Freiheit“ gedacht werden kann.
Die Teilnehmer konnten in den 5 Tagen Kirchentag eine Antwort finden auf die Fragen „Was brauchen wir wirklich? Was brauchen andere?“, nämlich „eine lebenswerte Gesellschaft, eine
nachhaltige Wirtschaft, eine offene Kultur“. Nach den Worten des früheren langjährigen Pressesprechers des Kirchentages Rüdiger Runge hat diese Veranstaltung eine gute Entwicklung genommen und ist zu einer „einzigartigen Mischung aus Glauben und Gesellschaft, Spiritualität und Spaß“ geworden. Und aus Sicht von EKD-Chef Nikolaus Schneider ist insgesamt eine wichtige „Zeitansage“ gelungen: „Gerechtigkeit entsteht, wenn die Würde des Anderen zum eigenen Maß wird!“ Und die Bischöfin der Nordkirche Kirsten Fehrs freute sich über das starke Bedürfnis, „sich einzumischen und Dinge ändern zu wollen“.
Damit hat sich erwiesen, was Katrin Göring-Eckert als Präsidentin des Dresdener Kirchentages schon formuliert hatte, dass der Kirchentag eine „partizipatorische Bewegung“ sei, denn “die Menschen wollen sich engagieren, ihre Ideen einbringen und mit Gleichgesinnten etwas bewegen.“ So bringen die Wolfenbütteler Teilnehmer aus Hamburg „hoffnungsvolle Impulse“ mit nach Hause, und freuen sich auch über eine gelungene Zusammenarbeit mit der Propsteijugend Schöppenstedt.


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