Pi(n)kant: Politik in der Warteschleife - Drückeberger im Stadtrat

"Das so genannte Kriegerdenkmal und die ungelöste Parkplatztragödie an der Sportanlage Meesche sind exklusive Beispiele, wie man sich vor politischer Verantwortung verdrückt", meint unser Kolumnist und Bürgermeister a.D. Thomas Pink.

von Thomas Pink


Bürger wählen Politik, damit Politik entscheidet, meint Thomas Pink. Er kritisiert so auch, die Warteschleifen-Haltung beim Thema Parkplätze für den Sportpark Meesche.
Bürger wählen Politik, damit Politik entscheidet, meint Thomas Pink. Er kritisiert so auch, die Warteschleifen-Haltung beim Thema Parkplätze für den Sportpark Meesche. | Foto: Matthias Kettling

Hallo geneigte Leserschaft, da bin ich wieder! Ich höre förmlich, wie meine „größten Fans“ aufstöhnen: Der olle Quatschkopp gibt keine Ruhe! Genau, so ist es.


Noch heute von den Stellungnahmen zur letzten Kolumne in den sogenannten Sozialen Netzwerken begeistert, möchte ich auf zwei Posts eingehen. Da ich, man mag es nicht glauben, eine gute Kinderstube genossen habe, verkneife ich mir aus Höflichkeitsgründen die Nennung der Dialogpartner. So wird mir in einem Kommentar unterstellt, dass ich des Fahrradfahrens unkundig bin. Keine Sorge, im Gegensatz zu einigen aktiven zweirädrigen Verkehrsteilnehmern ohne Verbrennermotor-Unterstützung, aber durchaus mit Elektroantrieb, kann ich tatsächlich Fahrrad fahren und hielte mich auch an die Verkehrsregeln. Aber ich fahre nun mal nicht gerne Fahrrad und insofern geht von mir dahingehend keine große Gefahr aus.

Ein zweiter Kommentar und erlauben Sie, aus meiner Sicht leider eine einzige Plattitüde - und hier zitiere ich Harald Martenstein, Journalist und Welt-Kolumnist - ein Ausdruck zeitgeistiger Anbiederung, säuselt mit gespielt empörter Erschütterung: „Alter weißer Mann. Kann nicht ertragen, dass andere ENTSCHEIDEN. Wenig souverän.“ Mimimimi! Da hat die Dame es mir aber gegeben. Nur mal so: Ich habe ganz freiwillig auf eine weitere Kandidatur verzichtet, um aufstrebenden Polittalenten wie ihr, Gestaltung zu ermöglichen. Was jedoch nicht bedeutet, dass ich meine Meinung verschämt unter dem Seniorenteller verstecke. Und meinen Recherchen nach handelte es sich bei der Kommentatorin eben um eine aufstrebende, aber noch ziemlich unbekannte Jungpolitikerin aus dem Rat der Stadt.

Allerdings: Wo die Dame recht hat, hat sie recht. Ich bin 66 Jahre alt, meine Haare, seniorenblond. Und meine Eltern tragen Verantwortung dafür, dass ich weiße Hautfarbe habe! Was also will die politische Vertreterin der coolen Generation Z - oder so - mit ihrem hippen Gedankensplitter ausdrücken? Ich spekuliere mal: „Alter, halt die Klappe!“ Was dann mit ihrem Klischee-artigen Satz, hinter dem schon ein wenig Altersrassismus hervor blinzelt, bestätigt wird: „[Pink] kann nicht ertragen, dass jetzt andere ENTSCHEIDEN." Liebe Frau – wenn sie mal entscheiden würden, statt vieles in eine kommunalpolitische Warteschleife zu schieben. Das so genannte Kriegerdenkmal und die ungelöste Parkplatztragödie an der Sportanlage Meesche sind exklusive Beispiele, wie man sich vor politischer Verantwortung verdrückt.

Man kann ganz sicher bei beiden Themen unterschiedlicher Meinung sein. Die Bürger sind es auch! Aber Bürger wählen Politik, damit Politik entscheidet. Nehmen wir mal das so genannte Kriegerdenkmal! Aus meiner Sicht schon eine falsche Bezeichnung, da mit diesem Mahnmal in der damalig üblichen, heute durchaus befremdlich wirkenden heroisierenden Form, den Toten aus Stadt und Kreis des Deutsch-Französischen Krieges gedacht werden sollte. Heute würde man ganz andere Darstellungen zu Recht wählen. Dieses Denkmal ist daher natürlich Teil unserer Stadt- und Zeitgeschichte, wie viele weitere Monumente auch! Wollen wir die jetzt alle verschwinden lassen, nur weil sie dem moralisierenden und empört-erzieherischen Zeitgeist einer selbsternannten höchsten Werteinstanz und ihren Protagonisten nicht entsprechen?

Die wenig fokussierte Stellungnahme des Wissenschaftlichen Beirates der Stadt im Kulturausschuss bestätigt dann meine Befürchtung und es keimte kurz der Gedanke auf: Die Geister, die ich rief. Der Vorschlag der Verwaltung, eine entsprechende erklärende Tafel anzubringen, ist meines Erachtens überzeugend und ausreichend. Man darf gespannt sein, wie es weitergeht. Eine besondere Qualität entwickelt gerade die aktuelle Diskussion um die in Bebauungsplan und Baugenehmigung enthaltene Verpflichtung der Stadt, eine bestimmte Zahl an Parkplätzen für die Sportanlage Meesche zu schaffen. Auch hier wieder ganz klar: Man kann dafür und man kann dagegen sein. Die Anlieger und Nachbarn der Sportanlage und die Besucher der Spiele des künftigen Fußballoberligisten MTV Wolfenbüttel dürften da allerdings klare Präferenzen verfolgen.

Besonders schön in diesem Zusammenhang, war auf jeden Fall der Vorschlag aus der Zweiradfraktion im Rat, die Nutzer und Besucher könnten ja die vorhandenen innerstädtischen Parkhäuser aufsuchen. Ich habe da auch noch eine ergänzende Idee: Sollen sie alle mit dem Drahtesel kommen und diesen im bestechend erfolgreichen Fahrradparkhaus am Bahnhof deponieren! Also zwei störende Fliegen wären mit einer Klappe erledigt.

Auf den ersten Blick durchaus interessant, erscheint der Vorschlag von BuW/FDP, die auf dem alten Germania-Sportplatz entstehende Hochwassermulde als Parkplatz zu nutzen. Leider nur auf den ersten Blick, dürften doch umfangreiche juristische Prüfungen einer gewünscht schnellen Klärung auch hier im Wege stehen. Na ja – macht ja nix – et hätt noch immer jot jejange, würde der Kölner frohlocken. Und zur Not schieben wir die Entscheidung in die nächste Wahlperiode. Noch nicht beschlussreif! Ist ja auch bald wieder soweit.

In eigenem Interesse sei mir eine abschließende Bemerkung erlaubt: Mag die oben erwähnte Vertreterin der modernen Gesellschaft und postjugendliche Ratsfrau den aus ihrer Sicht durchaus berechtigten Wunsch hegen, der „Alte weiße Mann“ solle sich lieber mit Sitztanz,
dem Lesen der Apotheken-Rundschau und dem Konsumieren von Gesundheitsmagazinen im TV, bei gleichzeitigem Genuss von Doppelherz beschäftigen, anstatt ach so nachhaltiger Kommunalpolitik stupide reinzuquatschen, so werde ich hier ganz sicher nicht ihr Wunscherfüller sein. Was glaubt die Dame eigentlich? Geht's noch?

Übrigens: Ich finde die Entscheidung zum Weihnachtsmarkt super und freue mich darauf!

Mit besten Grüßen und Wünschen für ein sonniges Frühjahr
Ihr Thomas Pink

Pi(n)kant ist die Kolumne von Wolfenbüttels Bürgermeister a.D. Thomas Pink auf regionalHeute.de. Sie erscheint in unregelmäßigen Abständen und gibt allein die Meinung des Autors wieder. Lesen Sie auch die Overtüre "Pi(n)kant: Spezialitäten unserer Zeit" sowie die zuletzt erschienene Pi(n)kant-Kolumne "Pi(n)kant: "Ich hasse Fahrradfahren!" - Gründung einer Protestbewegung".