Rechtsextremismus an Schulen: "Wo ist die Aufklärung dieser Jugendlichen?"

"Ich würde gerne behaupten, dass alle Jugendlichen genauso denken wie ich. Aber ich habe oft eine andere Erfahrung gemacht." Freya Rosenthal und Johannes Matussek vom Jugendparlament Wolfenbüttel fordern das Kultusministerium zum Handeln auf.

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Herrscht in den Klassenräumen unserer Schulen zu viel rechtes Gedankengut? Bei der Demonstration gegen Rechtsextremismus auf dem Schlossplatz in Wolfenbüttel forderten Vertreter des Jugendparlaments das Kultusministerium zum Handeln auf.
Herrscht in den Klassenräumen unserer Schulen zu viel rechtes Gedankengut? Bei der Demonstration gegen Rechtsextremismus auf dem Schlossplatz in Wolfenbüttel forderten Vertreter des Jugendparlaments das Kultusministerium zum Handeln auf. | Foto: Werner Heise

Wolfenbüttel. Etwa 2.400 Menschen kamen am Samstag auf dem Schlossplatz in Wolfenbüttel zusammen, um für Demokratie, Vielfalt und gegen Rechtsextremismus einzustehen. Unter den Rednern der Kundgebung waren auch zwei Vertreter des Jugendparlaments Wolfenbüttel. Und sie hatten eine ganz klare Forderung: Mehr politische Aufklärung an den Schulen.



Die beiden Schüler Freya Rosenthal und Johannes Matussek machten in ihrem Redebeitrag deutlich, dass ihnen wichtig sei, sich politisch zu engagieren und so das Geschehen mitgestalten zu können. "Denn es geht um die Zukunft unseres Landes und damit um unsere Zukunft. Ich bin Mitglied im Jugendparlament, weil uns die Demokratie am Herzen liegt. Ich bin froh darüber, dass Politik nicht nur etwas für die da oben sein muss, sondern dass ich unsere Gesellschaft mitgestalten kann", so Johannes Matussek.

Mehr als nur Schwarz und Weiß


Die beiden Schüler Freya Rosenthal und Johannes Matussek forderten auf der Demo am Samstag mehr politische Aufklärung in den Schulen.
Die beiden Schüler Freya Rosenthal und Johannes Matussek forderten auf der Demo am Samstag mehr politische Aufklärung in den Schulen. Foto: Werner Heise


Doch nicht alle jungen Menschen setzen sich intensiv mit politischen Themen auseinander, meinen die beiden Schüler. Vielmehr sei es so, dass die Meinung vieler Jugendlicher oftmals von Vorurteilen und Unwissenheit geprägt sei, oder sie aus schlichtem Protest ihren Weg einschlagen.


"Ich würde gerne behaupten, dass alle Jugendlichen genauso denken wie ich. Aber ich habe oft eine andere Erfahrung gemacht. So erlebe ich in meinem unmittelbaren Umfeld viele junge Menschen, die ich nicht als Demokraten bezeichnen möchte. Ich finde es schwierig, auf eine Schule zu gehen, in der meine Mitschüler Politik nur als schwarz und weiß darstellen. Für die es nur Links- oder Rechtsextreme gibt und die lieber `cool rechts´ sind, weil sie gegen das System sein wollen. Die davon ausgehen, dass Reinigungskräfte minderwertige Arbeit verrichten, dass sie Bürger zweiter Klasse seien und natürlich Ausländer sind. Diese Arbeit einem Deutsch nicht gerecht wird. Deswegen stelle ich mir regelmäßig die Frage: Wie kann es sein, dass es unsere Gesellschaft duldet, dass Jugendliche sagen, die Putze ist natürlich keine Deutsche? Und wie kann es sein, dass Jugendliche glauben Deutsche wären mehr wert, als Menschen mit anderen Nationalitäten? Und wie kann es sein, dass ich mir andauernd anhören muss, ich bin linksradikal, weil ich nicht rechtsextrem bin. Wo ist die Aufklärung dieser Jugendlichen? Es kann doch nicht sein, dass die Hälfte aller Schüler im Politik- und Geschichtsunterricht Kreide holen geht", fragt Freya Rosenthal und erinnert an die Pflicht der Gesellschaft und der Schulen, aufzuzeigen, dass menschenfeindliches Gedankengut nicht toleriert wird und dass es mehr als "uncool" ist, rechtsradikal zu sein.

"Wir müssen ihnen aufzuzeigen, dass Demokraten auch mit Menschen, die eine andere Meinung haben, respektvoll umgehen und darüber diskutieren. Wir müssen zeigen, dass es wichtig ist, von seinem Wahlrecht Gebrauch zu machen. Nicht nur, um dagegen zu sein, sondern auch, um sich für seine Anliegen einzusetzen", machte die Schülerin der Henriette-Breymann-Gesamtschule deutlich.

Die Aufzeichnung der Rede zum Anhören:


Ministerium in der Pflicht


Damit politische Aufklärung funktioniert, müsse vor allem in den Schulen viel mehr getan werden. Es brauche einen Lehrplan, der Wert darauf lege, dass Schüler in einem demokratischen Umfeld das Tagesgeschehen diskutieren können. Schüler würden Hilfe und Unterstützung dabei brauchen, politische Inhalte, die sie auf Social Media gesehen haben, richtig einordnen zu können. Und zwar unabhängig davon, welche Position und politische Meinung sie vertreten. "Wir sehen hier unser Kultusministerium in der Verantwortung, das Kerncurriculum anzupassen, um mehr Platz für politische Bildung an allen Schulen zu schaffen" fordern die beiden Schüler und ernteten für ihre Worte viel Zustimmung und Beifall von den Versammlungsteilnehmern.


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