Seinstedt. Rund 80 Gäste konnte der SPD-Ortsverein Börßum, der gemeinsam mit dem SPD-Unterbezirk Wolfenbüttel zum 40. Mal zum Politischen Aschermittwoch geladen hatte, in Seinstedt begrüßen.
Als Gastredner war in diesem Jahr Hannovers Oberbürgermeister Stefan Schostok aus der Landeshauptstadt angereist, um, wie es die Tradition am Aschermittwoch gebietet, mit deftigen Worten gegen den politischen Gegner auszuteilen. Musikalisch untermalt wurden die Redner von den Oderwald-Musikanten.
In seiner Begrüßungsrede ließ es sich der Kreistagsvorsitzende und ehemalige Börßumer Bürgermeister Oliver Ganzauer nicht nehmen, auf die kommunale Finanzsituation hinzuweisen. Diese bereite vielerorts, im Gegensatz zur Finanzlage in Bund und Ländern, Grund zur Sorge. Die SPD habe die gestalterische Kraft, die sich an den Bedürfnissen vor Ort orientiere. Mit Martin Schulz sei nun der Moment gekommen, in dem die SPD auch im Bund wieder stärkste Fraktion werden kann, dies muss der Anspruch von Deutschlands ältester Partei sein.
Beunruhigender Rechtsruck
In seinem Grußwort gab der Vorsitzende der SPD-Kreistagsfraktion, Falk Hensel, einen Einblick in die Politik des Landkreises. Vor allem die aufkeimenden rechten Tendenzen durch die AfD, aber auch durch einen gewaltigen Rechtsruck der CDU, beunruhigt Hensel zunehmend. Als stärkste Kraft im Kreis sei es vor allem die SPD, die sich allein schon aus historischer Verantwortung heraus dem Kampf gegen rechtes Gedankengut verschrieben hat. Eine friedliche und tolerante Gesellschaft mit einer starken Demokratie ist laut Hensel kein Selbstläufer, sondern bedarf der ständigen Verteidigung gegen Demokratiefeindlichkeit und schleichenden Nationalismus.
Schostok: "Denen fällt nichts mehr ein!"
Von großem Beifall begleitet trat schließlich Hannovers Oberbürgermeister Stefan Schostok ans Rednerpult, um mit einem Augenzwinkern zugleich der Landrätin Christiana Steinbrügge für das unkomplizierte Ausstellen des Einreisevisums ins Braunschweiger Land zu danken. In seiner sehr humorvollen und pointierten Rede riet Schostok den „Eheleuten“ Merkel und Seehofer zur sofortigen Trennung: „Da hilft keine Paartherapie mehr, da hilft nur der klare Schnitt.“ Im Bund regiere ohnehin nur die SPD, während CDU und CSU mit sich selbst beschäftigt sind. Über die CDU im Landtag, die mit ihrem Vorstoß zur eindeutigen Beschreibung bei Wurst- und Fleischprodukten Hohn und Spott erntet, hatte Schostok nur Kopfschütteln übrig: „Denen fällt mittlerweile gar nichts mehr ein“, konstatierte er unter Applaus. Er selbst könne die Aufregung der CDU nicht verstehen, denn schließlich erwarte er beim Biss in einen Hamburger oder in einen Berliner eher kulinarischen Genuss und weniger kanibalistische Tendenzen. Auch der Begriff Käsekuchen müsste, so man denn dem CDU-Antrag folgen würde, künftig umbenannt werden.
Rücksicht auf andere nehmen
Auch betonte Schostok, wie wichtig ihm der gesellschaftliche Zusammenhalt sei. Einem Land könne es nur gut gehen, wenn es in guter Nachbarschaft und guter Zusammenarbeit Rücksicht auf andere nehme. Diese Grundwerte unseres Zusammenlebens seien durch die AfD massiv gefährdet. „Am heutigen Tag kann man über die unzähligen Verfehlungen und Peinlichkeiten hoher AfD-Funktionäre vielleicht noch lachen, aber spätestens morgen ist es unsere Aufgabe, uns als Demokraten geschlossen gegen die Feinde der Demokratie und der freien Gesellschaft zusammenzutun und diese zu bekämpfen“ rief Schostok unter großem Beifall in den Saal. Durch die aktuelle „Schulzomania“ freue sich Schostok nun auf die bevorstehenden Wahlkämpfe im September und im Januar und tritt dafür ein, dass die SPD in beiden Wahlen als stärkste Kraft hervorgeht: „Diese Chance dürfen wir uns nicht entgehen lassen“ ermunterte er die anwesenden Genossinnen und Genossen zum bevorstehenden Wahlkampf und stieß dabei auf große Zustimmung.
Der Vorsitzende des SPD-Unterbezirkes Wolfenbüttel und Landtagsabgeordneter Marcus Bosse dankte Schostok, mit dem er von 2008 bis 2013 gemeinsam im Landtag saß, für seine „engagierte und launige Rede“. Bosse, der direkt aus dem Hannoveraner Landtag nach Seinstedt gekommen war, berichtete vom soeben beschlossenen Gesetz zur Weiterentwicklung des Zweckverbandes Großraum Braunschweig durch Umwandlung in einen Regionalverband. Zugleich kritisierte er die Abgeordneten der Braunschweiger CDU, die zwar seit Jahren lautstark nach einer Stärkung der Region schreien, aber vor einer Abstimmung kneifen würden. Der AfD („ist zwar blau angestrichen, aber dahinter steckt braun“) möchte er verstärkt mit Fakten begegnen, die die meisten Argumente der Nationalisten sofort widerlegen können: „Ein auf „Fake-News“ aufgebautes Programm darf in Deutschland nicht weiter erstarken.“
Kreiser: "Populismusfasten täte gut"
In ihrem Schlusswort gab sich die designierte Landtagskandidatin Dunja Kreiser kämpferisch. Sie erinnerte an die groben Verfehlungen des politischen Mitbewerbers (Schusswaffengebrauch bei Flüchtlingen) und die Tatsache, dass Entschuldigungen nach wie vor auf sich warten ließen. „Da nun die Fastenzeit beginnt“, so Kreiser in Richtung AfD, „würde ein Populismusfasten einer Partei wie der AfD sehr gut tun.“ Einen großen Dank richtete Kreiser an den SSV Seinstedt, den Oderwald Musikanten, dem SPD-Ortsverein Börßum und den vielen freiwilligen Helfern, die zum Gelingen dieser Jubiläumsveranstaltung beigetragen haben.
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