Wolfenbüttel. Der parteilose Bürgermeisterkandidat und Stadtbaurat Ivica Lukanic sowie Bürgermeister Thomas Pink schalten auf Eskalation. Mit einer Strafanzeige reagieren beide auf eine Presseanfrage die unsere Redaktion am gestrigen Dienstagabend an den Kandidaten Lukanic gestellt hat. Ivica Lukanic erwartet zudem die Offenlegung von Informanten, was - um es gleich vorweg zu nehmen - nicht geschehen wird.
Was ist passiert? Nach unserer Berichterstattung "Teurer Wahlkampf? Soviel Geld haben die Kandidaten zur Verfügung" erhielt unsere Redaktion Hinweise darauf, dass die Aussagen des parteilosen Bürgermeisterkandidaten Ivica Lukanic fraglich seien und er eine Großspende in der Größenordnung um 100.000 Euro von einem Wolfenbütteler Unternehmer erhalten habe. Würde das auch nur annähernd den Tatsachen entsprechen, so würde Lukanic nach derzeitigem Kenntnisstand über das mit Abstand größte Wahlkampfbudget aller Bürgermeisterkandidaten verfügen.
Diskussion hinter den Kulissen?
Diese als spekulativ und nicht belegbar einzustufenden Hinweise haben offenbar bereits größere Kreise gezogen. So erreichte unsere Redaktion am gestrigen Dienstag völlig überraschend und ungefragt eine E-Mail des SPD-Stadtverbandsvorsitzenden, in der er "im Zuge der Diskussion zum Thema Wahlkampffinanzierung" weitere Informationen über die Bürgermeisterwahlkampf-Finanzierung "zur Schaffung von Transparenz" mitteilte. Damit versuchte man nun offenbar zweieinhalb Wochen nach Veröffentlichung unseres Ausgangsartikels die eher wenig transparenten Angaben der SPD zu korrigieren.
Nur 34 Minuten später dann kam eine weitere E-Mail bei regionalHeute.de an. Dieses Mal mit einem kurzgehaltenen Statement vom CDU-Bürgermeisterkandidaten Adrian Haack, in dem es heißt: "Offensichtlich haben Herr Lukanic, Herr Berger und ich die teuersten Werbekampagnen, wobei bisher nur ich Transparenz geschaffen habe, woher dieses Geld kommt. Geheimniskrämerei rund um Spenden schadet dem Vertrauen in die Politik insgesamt."
regionalHeute.de begann Recherche
Infolge der vorliegenden Informationslage entschieden wir uns dazu eine Presseanfrage an Ivica Lukanic zu stellen. Eine solche Anfrage dient dazu weitere Informationen für eine Berichterstattung zu erhalten, aber auch um zu sondieren, ob es überhaupt etwas an die Öffentlichkeit zu berichten gibt. In der Presseanfrage wurden dem Bürgermeisterkandidaten Lukanic zu seiner Einordnung die Hintergründe unserer Recherche mitgeteilt. Hierbei wurde auch auf den spekulativen Hinweis eingegangen, dass Lukanic in seiner Funktion als Stadtbaurat in den Verkauf eines Grundstückes an das Unternehmen des infrage stehenden Großspenders im Gewerbegebiet West, involviert gewesen sein soll. Diese Spekulation war kein Bestandteil der eigentlichen Fragen, wurde jetzt jedoch von der Stadt Wolfenbüttel öffentlich gemacht.
In einer Pressemitteilung vom heutigen Mittwochmorgen teilt die Stadt Wolfenbüttel mit, dass Bürgermeister Thomas Pink mit einer Strafanzeige gegen Unbekannt auf Unterstellungen reagiert, die aufgrund der Anfrage von regionalHeute.de an Stadtbaurat Ivica Lukanic Medien-öffentlich gemacht werden sollen. Und weiter heißt es darin: "Laut einer Anfrage von regionalheute, wird Lukanic aufgefordert zu einem Grundstücksgeschäft Stellung zu beziehen, in das er verwickelt sein soll." Tatsächlich gab es jedoch weder eine Anfrage an Lukanic in seiner Funktion als Stadtbaurat, noch hat unsere Redaktion Fragen in Bezug auf das nun öffentlich im Raume stehende Grundstücksgeschäft gestellt. Auch dass dieses Bestandteil einer Berichterstattung werden sollte stand nicht im Raum, zumal es für einen solchen Vorgang keinerlei Belege gibt.
Bürgermeister Thomas Pink hält in der Pressemitteilung zudem fest: "Mit dieser völlig an den Haaren herbeigezogenen Behauptung soll wohl nicht nur der Ruf von Ivica Lukanic beschädigt werden, auch der Stadtverwaltung wird auf diese Art und Weise im Wege des Wahlkampfs Mauschelei unterstellt. Das werde ich nicht zulassen, wir werden hier als Stadt rechtliche Schritte einleiten", so Pink, "das ist ganz klar Verleumdung, da Lukanic und sein Dezernat an Grundstücksgeschäften überhaupt nicht beteiligt sind."
Spende "vollkommen aus der Luft gegriffen"
Doch was sagt nun eigentlich Lukanic? Einer möglichen Großspende erteilt er eine klare Absage: "Mit Erstaunen habe ich zur Kenntnis genommen, dass ich von einem Wolfenbütteler Unternehmen eine Spende in atemberaubender Größenordnung erhalten haben soll. Das ist vollkommen aus der Luft gegriffen." Außerdem sei er in seiner beruflichen Funktion in städtische Grundstücksgeschäfte nicht eingebunden, zumal diese darüber hinaus ohnehin durch die Gremien ermächtigt werden müssten.
Zur Finanzierung seines Wahlkampfes räumt Ivica Lukanic aber auch ein, dass ihm diese nicht in Gänze bekannt sei. Spätestens seit der Versammlung des Wahlausschusses sei öffentlich, dass ihn der "Wählerinitiative: Ivica Lukanic - parteiloser Bürgermeister für WF e. V." als Bürgermeisterkandidaten benannt habe. Lukanic selbst sei in diesem Verein nur einfaches Mitglied. "Ich selber habe keine Spenden erhalten und habe im ursprünglichen Bericht nur mitteilen können was mir zu den Finanzen bekannt ist", teilt Lukanic in Reaktion auf die Anfrage von regionalHeute.de mit. Die Schatzmeisterin des Vereins sei "viel besser im Bilde."
Verein will Finanzen offenlegen
Und so erreichte uns am heutigen Mittwochvormittag dann auch noch eine E-Mail der Schatzmeisterin des Vereins, in der die Presse am Freitag zur Einsichtnahme in die Unterlagen des Vereins eingeladen wird. Da die Spenden allesamt die Grenze der Meldepflichten nicht überschreiten würden und sich Spender auf Wahllisten anderer Parteien befinden würden oder deren Mitglieder seien, habe man die personenbezogenen Daten dann geschwärzt. Die Schatzmeisterin macht aber auch auf den Umstand aufmerksam, dass ein Informationsbedürfnis in Bezug auf das Bündnis unabhängiger Wähler (BuW) mit dem dortigen Vorstand besprochen werden müsse. Von dort aus erhält Lukanic ebenfalls Unterstützung.
Unterdessen kündigt Lukanic in der Antwort an unsere Redaktion an, Strafanzeige wegen übler Nachrede beziehungsweise Verleumdung stellen zu wollen. Er bittet uns um die Namen der Hinweisgeber und ist der Ansicht, dass die Redaktion sich nicht auf Informantenschutz berufen könne, da die Behauptung nachweisbar unwahr sei und einzig darauf abziele ihn im laufenden Wahlkampf zu diskreditieren. Dieser Erwartungshaltung wird regionalHeute.de nicht nachkommen und sich auf das rechtlich verankerte Zeugnisverweigerungsrecht der Presse berufen.
Sowohl Lukanic als auch Bürgermeister Thomas Pink verurteilen den derzeit herrschenden Wahlkampf. "Zum Wahlkampf muss man mir nichts erklären, eine solche Schlammschacht habe ich aber bisher in Wolfenbüttel noch nicht erlebt. Hier werde ich ganz klar eine rote Linie ziehen", so der Bürgermeister. Da es eindeutige Hinweise auf die Urheber dieser Vorwürfe gibt, werden die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft wohl erfolgreich sein", wird Pink in der Pressemitteilung der Stadt Wolfenbüttel abschließend zitiert.
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