Wolfenbüttel. Um den Hausmannsturm im Schloss Wolfenbüttel ist wieder einmal eine Diskussion entfacht. CDU-Bürgermeisterkandidat Adrian Haack schlägt in seinem Wahlkampf-Strategiepapier "Innenstadt 2030" eine Öffnung des Schlossturms für Besucher vor. Das versetzt das Bündnis unabhängiger Wähler (BuW) in Wut, sei dies doch ein Beleg dafür, dass aus den Reihen der CDU Ideenklau betrieben worden sei.
Wie von regionalHeute.de berichtet, verdächtigt das Bündnis den neuen wirtschaftspolitischen Berater der Christdemokraten, Marc Angerstein (auch Herausgeber dieser Online-Zeitung, Anm. d. Red.), Teile von Wahlprogramm-Ideen an die CDU durchgestochen zu haben. Angerstein war einige Zeit Mitglied beim Bündnis, bevor er sich der CDU anschloss. In einer umfangreichen Stellungnahme gegenüber unserer Redaktion weist Angerstein die Vorwürfe entschieden zurück. "Das aus Enttäuschung darüber, dass ich entschieden habe, mich statt im BUW innerhalb der CDU Wolfenbüttel zu engagieren, von den dort handelnden Akteuren ein Ideendiebstahl konstruiert wird, also der CDU ein Plagiat unterstellt wird, zeigt eigentlich nur, in welchem bedauerlichen Zustand das BUW ist", schreibt er dort.
Marc Angerstein ist neuer wirtschaftspolitischer Berater der CDU in Wolfenbüttel. Zuvor engagierte er sich beim Bündnis unabhängiger Wähler. (Archiv) Foto: Werner Heise
Hausmannsturm stand bereits 2011 auf der Tagesordnung
Tatsächlich ist die Idee zur Öffnung des Hausmannsturms im Schloss alles andere als neu. Weder Haack noch das BuW scheinen hier das Rad neu erfunden zu haben. Unter der Überschrift "Stadt-CDU will Hausmannsturm im Schloss für Besucher öffnen" berichtete regionalHeute.de bereits im Dezember 2011, dass auf Anregung des Ratsherrn Horst Prediger die CDU-Stadtratsfraktion beschlossen hätte, die Verwaltung zu beauftragen, die Rahmenbedingungen für die Öffnung des Hausmannsturms für Besucher zu klären. Dies geschah in einem vom damaligen CDU-Fraktionsvorsitzenden Prof. Dr. Christoph Helm unterzeichneten politischen Antrag, datiert auf den 21. November 2011.
Der ehemalige Fraktionsvorsitzende Prof. Dr. Christoph Helm unterzeichnete bereits im November 2011 einen entsprechenden Antrag. Er gilt heute als Unterstützer Haacks. (Archiv) Foto: Thorsten Raedlein
Nur kurze Zeit später, am 24. Februar 2012, zog die CDU ihren Antrag im Ausschuss für Wirtschaft und Finanzen zunächst zurück. Begründet wurde dies mit den erheblichen Kosten, die durch Sanierungsmaßnahmen für eine Öffnung entstehen würden. Die Stadtverwaltung bezifferte den finanziellen Aufwand seinerzeit mit schätzungsweise 240.000 Euro. Der Turm weist erhebliche Mängel beim Brandschutz, Denkmalschutz und der allgemeinen Sicherheit auf.
Doch bereits gut ein Jahr später landete der Turm wieder auf der Tagesordnung. Die CDU-Fraktion wollte das Thema nun doch vorantreiben und beantragte mit Schreiben vom 23. November 2012 die ermittelten Kosten in die langfristige Finanzplanung aufzunehmen. Im Protokoll des städtischen Bauausschusses ist hierzu als Begründung festgehalten, dass Einwohner und jeder Tourist den Blick vom Turm genießen können sollte. Bürgermeister Thomas Pink sprach sich ebenfalls dafür aus und schlug vor entsprechende Planungskosten einzustellen. 50.000 Euro sollten dafür am Ende der Diskussion, die auch ablehnende Haltung zeigte, in den Haushalt 2015 eingestellt werden. Dies wurde mehrheitlich so empfohlen.
Im Sande verlaufen?
Was danach geschah lässt sich nicht so einfach rekonstruieren. Die Stichwortsuche des Ratsinformationssystems wirft keinen weiteren Treffer aus. Durch eine Anfrage bei der Stadt Wolfenbüttel war zumindest zu erfahren, dass das Vorhaben im Rahmen der Beschlüsse zu Brandschutzmaßnahmen und Sanierungen am Schloss in der Sitzung des Stadtrates vom 28. Februar 2020 abgelehnt worden sei. Eine öffentlich geführte Diskussion darüber geben die aufgefundenen Protokolle nicht wieder.
Die Stadtverwaltung teilt dazu mit: "Das Ergebnis war, dass aus mehreren Gründen eine Öffnung nicht empfehlenswert ist: Brandschutz, Denkmalschutz und allgemeine Sicherheit. Als Aufgang in den Turm dient ein altes Holztreppenwerk. Dieses entspricht nicht den heutigen Sicherheitsbestimmungen. Ein geforderter zweiter Fluchtweg ist nicht vorhanden. Die Plattform fällt nach vorne ab und ist nur durch ein relativ 'zartes' Geländer gesichert. Hier besteht Rutschgefahr. Die Verantwortung, sollte es hier zu einem Unfall kommen, kann die Verwaltung schlichtweg nicht übernehmen."
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