Von wegen Exot: Wie sich der Stieglitz im heimischen Garten wohl fühlt

Nicht immer, wenn ein bunter Vogel im heimischen Garten landet, ist es gleich ein ausgebüchster Wellensittich. Der heimische Stieglitz glänzt auch mit buntem Gefieder und zieht gern in wilde Gärten ein.

Der Stieglitz, oder Distelfink, wird wegen seines bunten Gefieder oft mit Exoten verwechselt. Dabei ist in Deutschland heimisch - und nistet sich gerne in Gärten ein.
Der Stieglitz, oder Distelfink, wird wegen seines bunten Gefieder oft mit Exoten verwechselt. Dabei ist in Deutschland heimisch - und nistet sich gerne in Gärten ein. | Foto: Kathy Büscher

Region. Wenn zu bestimmten Zeiten beim NABU das Telefon klingelt und von vermeintlich „entflogenen Exoten“ gesprochen wird, steht meist einer der farbenprächtigsten heimischen Vögel im Mittelpunkt, und nicht etwa ein Papagei: Der Stieglitz, ein bis zu 13 Zentimeter langer Finkenvogel, dessen charakteristisches Aussehen mit der leuchtend roten Gesichtsmaske, dem braunen Rückengefieder und der gelben Flügelbinde viele Menschen geradezu in Verzückung bringt, wie Rüdiger Wohlers vom NABU Niedersachsen berichtet. Der Experte gibt Tipps, wie sich der bunte Singvogel auch in heimischen Garten so richtig zu Hause fühlt.


„Solche Anrufe häufen sich in zwei Jahreszeiten: In kalten Wintern mit Schnee und jetzt, zu Beginn der Brutzeit, wenn sich der Stieglitz ab Mitte April an den Nestbau in den Kronenregionen der Bäume macht“, sagt Wohlers, und erläutert: „Da Stieglitze auch im Winter nur leicht umherziehen, fallen sie aufgrund ihrer Farbenpracht und ihrer Lebensweise – sie sind so gut wie immer in Gruppen oder kleinen Schwärmen unterwegs – bei Schneelagen ganz besonders auf. Sie suchen dann oft Siedlungen, große Gärten oder Stadt- und Dorfränder auf, um an stehengebliebenen Halmen von Stauden oder an Bäumen Samen zu ergattern. Wie viele bunte Farbtupfer fliegen sie durch die Landschaft, selbst von weitem gut erkennbar. Im Frühling, zur Zeit des Brutbeginns, fallen sie den Menschen ebenfalls stärker auf, weil die Bäume noch nicht oder nur spärlich belaubt sind und mitunter im gleichen Baum sogar mehrere Stieglitzpaare brüten“, freut sich der NABU-Aktive über die große Aufmerksamkeit und das Interesse am Stieglitz, der im Jahr 2016 „Vogel des Jahres“ war.

Auch wenn der Bestand in Europa relativ stabil sei, ginge er in Deutschland langsam, aber stetig zurück. Und das obwohl auch in Dörfern und Städten viel für den bunten Vogel getan werden kann: „Stieglitze ernähren sich fast ausschließlich von Samen von Stauden, Gräsern, Bäumen und anderen Blühpflanzen." Einheitsgrün und Kiesgärten dagegen verengten den Lebensraum für das farbenfrohe Tier. Bunte, vogelfreundliche Gärten könnten den Rückwärtstrend aufhalten.

Wie sich der Stieglitz auch im heimischen Garten wohlfühlt


Allen, die dem Stieglitz – stellvertretend auch für viele andere Arten – helfen möchten, gibt der NABU Niedersachsen Tipps: „Dieser wunderbare Sänger, der übrigens im Gegensatz zu fast allen anderen heimischen Singvogelarten bei der Aufzucht der Jungvögel fast ausschließlich auf Pflanzensamen zurückgreift statt auf Insekten, braucht Brachen, braucht Stauden, braucht wilde Ecken – überall, wo dies möglich ist." Dafür brauche es allerdings wilde Ecken im Garten. Und auch beim Unkraut rupfen sei dann Vorsicht geboten.

Sein volkstümlicher Name "Distelfink" gebe bereits einen Hinweis darauf, dass der Vogel sich in der Nähe genau solcher Stauden wohlfühle. In einem vogelfreundlichen Garten sollte die Distel also nicht als Unkraut vernichtet werden, sondern einfach im Boden bleiben. Da sie auch im Herbst und Winter noch überleben, böten sie den Stieglitzen in dieser Zeit Nahrung. Überhaupt sollten wilde Ecken so belassen werden, wie sie sind. Wild eben. Dann fühle sich der bunte Singvogel und seine Freunde richtig wohl.


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