Wolfenbüttel: Madagassen zeigen Strukmeiers die Zähne




Sophie und Dr. Axel Strukmeier aus Wolfenbüttel leisten ehrenamtlich Pionierarbeit mit einem Zahnarzt-Mobil auf der viertgrössten Insel der Welt


„Ich möchte mit meinem späteren Beruf als Zahnärztin auch Menschen in ärmeren Ländern helfen. Die Arbeit der Organisation „Ärzte ohne Grenzen“ hat mich schon früh angesprochen und dass ich jetzt hier in Madagaskar in einem Zahnarzt-Mobil mithelfen kann, damit geht ein ganz großer Traum in Erfüllung.“

<a href= Hebamme Tanja Hock (2.v.l.), die mit dem Hebammen- und Zahnarzt-Mobil (Dentiste mobile) vielen Menschen in Madagaskar hilft, mit Dr. Axel und Sophie Strukmeier aus Wolfenbüttel und einem Mitarbeiter des Hockschen Teams.">
Hebamme Tanja Hock (2.v.l.), die mit dem Hebammen- und Zahnarzt-Mobil (Dentiste mobile) vielen Menschen in Madagaskar hilft, mit Dr. Axel und Sophie Strukmeier aus Wolfenbüttel und einem Mitarbeiter des Hockschen Teams. Foto:



Die 25-jährige Sophie Strukmeier aus Wolfenbüttel, die in Bonn Zahnmedizin studiert, ist derzeit mit ihrem Vater Dr. Axel Strukmeier, der seit 1983 eine Praxis als Fachzahnarzt für Oralchirurgie betreibt und sich seit Jahren bei den Rotariern sozial engagiert, in der Heimat von Pfeffer und Vanille, um dort täglich zwischen 15 und 20 Patienten Linderung zu verschaffen. „Wir leisten zudem Pionierarbeit“, drückt Dr. Strukmeier Freude und Zufriedenheit über die ehrenamtliche Urlaubsbetätigung 8000 Kilometer von der heimischen Praxis entfernt aus.


Die Deutsche Hebamme Tanja Hock, die seit drei Jahren mit einem bisher einzigartigen Hebammen-Mobil auf der viertgrößten Insel der Welt rund 2000 Patienten aus den allerärmsten Bevölkerungsschichten und dem Obdachlosenmilieu rund um die Millionenstadt Antananarivo betreut, hat mit ihrem Mann Gerd, der dieses Zahnarzt-Mobil geplant und den Ausbau geleitet hat, Anfang 2012 eine ausrangierte rollende Sparkassenfiliale und die erforderliche Ausstattung für eine mobile Praxis auf die Insel geschafft und alle erforderlichen Voraussetzungen wie Stromgenerator, Wasserfilter, Absaugeinrichtung, Licht etc. geschaffen, damit nun möglichst vielen Menschen kostenfrei zahnmedizinisch geholfen werden kann.

Vater und Tochter Strukmeier, die derzeit Hand in Hand in dem zweckmäßig ausgebauten, geländegängigen und geräumigen Mercedes-Fahrzeug arbeiten („Das ist ein ganz besonderer Reiz an dieser Arbeit“), sind von der Zahnsituation insbesondere junger Madagassen zwischen 15 und 35 Jahren geschockt. „Sie haben zum Teil sehr viele Fehlstellen im Gebiss. Schon Achtjährigen fehlen oftmals einige Zähne.“ Das deutsche Duo hat sich sehr schnell einige Begriffe in der Landessprache Malagasy angeeignet, gibt auch Ernährungstipps und verteilt gestiftete Zahnbürsten. Neben Karies sei Zahnstein ein besonders großes Problem. Während in Deutschland ein Zahnarzt auf 1000 Menschen komme, liege das Verhältnis in Madagaskar bei 1:60000. „Also eine absolute Mangelversorgung.“ Zudem gebe es keine Schulzahnärzte und keine staatliche Vorsorge in dem bitterarmen abgewirtschafteten Land, das seit März 2009 von Putschisten regiert wird.

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Hand in Hand arbeiten hier Vater und Tochter, die derzeit die bisher einzige mobile Zahnarztpraxis in Madagaskar in Betrieb nehmen. Die Patienten legen zum Teil etliche Kilometer zurück. Foto:



Wo das Hebammen-Mobil mit seinem Geschwisterchen, dem Zahnarzt-Mobil, auftaucht, stehen die dankbaren Madagassen Schlange, die sich oftmals keinen Arztbesuch leisten können und viele Kilometer zu Fuß zu den Deutschen zurücklegen. Das Helferteam aus Wolfenbüttel besuchte auch bereits ein Kinderheim und ein Dorf im Regenwald Richtung Ostküste, wo ebenfalls viele Patienten auf sie warteten.

Das Team von Hebamme Tanja Hock, die in Aschaffenburg-Großostheim mit ihrem Mann Gerd einen Förderverein (www.mobile-hilfe-madagaskar.de) gegründet hat, umfasst inzwischen 13 lokale Mitarbeiter. Ein Rettungswagen der Feuerwehr und ein Ultraleichtflugzeug für zwei Personen, mit dem ein Arzt bei Notfällen schnell in den Busch geflogen werden kann, ergänzen die beiden Mobile. Weiteres Ziel ist neben dem Ausbau einer Krankenstation im ländlichen Raum nahe der Hauptstadt, die von Tanja Hock bereits mitbetreut wird, noch eine Geburtshilfestation mit Möglichkeit für Kaiserschnitt und eine Hebammenschule in Madagaskar. „Die logistische und organisatorische Arbeit kostet mich sehr viel Zeit. Ich möchte eigentlich auf Dauer nur gerne Hebamme sein.“

Am 22. August um 10.35 Uhr wurde übrigens in dem Hebammen-Mobil ein Kind entbunden, das in die Geschichte der Nichtregierungsorganisation eingehen dürfte. Eine hochschwangere Frau, die bereits sechs Fehlgeburten hatte, sei zu ihr nach Hause gekommen und kurze Zeit später habe das Mädchen Jaella im Beisein von Familie Strukmeier aus Wolfenbüttel gesund das Licht der Welt erblickt, berichtet Tanja Hock. Da das Mobil in erster Linie Beratungsarbeit leiste und Frauen untersuche, sei es schon ein großer Zufall, wenn dort ein Kind zur Welt komme.

Text und Fotos (3): Klaus Heimer, Antananarivo


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