Corona-Lockerungen ignorieren Jugendliche: Appell an die Landesregierung

"Die Interessen und Bedürfnisse von Jugendlichen werden im Zuge der Lockerung von Beschränkungen immer noch zu wenig berücksichtigt. Die Folgen der Krise und deren Bewältigung betreffen junge Menschen nicht nur in der Gegenwart, insbesondere die entstehenden Kosten werden sich auf ihre Zukunft auswirken", so Stadträtin Iris Bothe.

Jugendarbeit, Wegweiser, symbolbild: Pixabay
Jugendarbeit, Wegweiser, symbolbild: Pixabay | Foto: pixabay

Wolfsburg. Junge Menschen seien in den letzten Wochen nahezu vollständig aus dem öffentlichen Leben und dem öffentlichen Raum verschwunden. Aus diesem Grunde appelliere die Kinder- und Jugendarbeit in Wolfsburg an die Landesregierung, wieder aktiv werden zu dürfen und schnell aus der Zwangspause zurückkehren. Die Stadt Wolfsburg veröffentlichte die Hintergründe in einer Pressemitteilung.


Seit nunmehr acht Wochen bestehe die Lebensrealität junger Menschen aus stark eingeschränkten Kontakten zu Gleichaltrigen, massiven Einschränkungen der Freizeitgestaltung und kaum Freiräumen abseits des Elternhauses. Jugendverbände böten mit ihren Freizeitangeboten wichtige Freiräume für die kreative Entfaltung und Persönlichkeitsentwicklung. Mit der Wiederöffnung von Kinder- und Jugendeinrichtungen könnte die offene Kinder- und Jugendarbeit ebenfalls einen wichtigen Beitrag zur sozialen Teilhabe und Partizipation junger Menschen in Zeiten der Corona-Pandemie leisten. Das vorhandene kreative Potenzial der Kinder- und Jugendarbeit soll genutzt werden, um sich im Interesse von Kindern und Jugendlichen aktiv an der weiteren Bewältigung der Krise zu beteiligen.

Stadträtin Iris Bothe mahnt:
"Die Interessen und Bedürfnisse von Jugendlichen werden im Zuge der Lockerung von Beschränkungen immer noch zu wenig berücksichtigt. Die Folgen der Krise und deren Bewältigung betreffen junge Menschen nicht nur in der Gegenwart, insbesondere die entstehenden Kosten werden sich auf ihre Zukunft auswirken."


"Die Wolfsburger Kinder- und Jugendarbeit ist bereit für den Neustart", stellt Katharina Varga, Leiterin des Geschäftsbereiches Jugend, klar. Neben Kleingruppen- und Kreativangeboten ist auch die Unterstützung von Home-Schooling in Form von "Co-Working-Spaces" für Schülerinnen und Schüler geplant. "Die Kinder- und Jugendarbeit bietet in ihrer Bandbreite vielfältigste Möglichkeiten für Bewegung und Sport, aber auch zum Chillen und Abhängen soll wieder Raum sein – alles natürlich mit den gebotenen Abstands- und Hygieneregeln", so Varga weiter.

Verbote sind keine Lösung


Verbote seien für Stadtjugendpfleger Gunnar Czimczik langfristig der falsche Weg aus der Krise. "Der größte Teil der Jugendlichen versteht die Gründe für die Einschränkungen und wird verantwortungsvoll mit der neu gewonnenen Freiheit umgehen und sich an die Regeln halten", davon ist Czimczik überzeugt. Auch als Mitglied des Vorstands der Bundesarbeitsgemeinschaft Offene Kinder- und Jugendeinrichtungen sagt er: "Kinder und Jugendliche haben ein Recht auf Kinder- und Jugendarbeit, die nicht nur ihre Freizeit strukturiert, sondern vor allem auch wesentliche Sozialisations- und Unterstützungsaufgaben neben Schule und Eltern übernimmt."

Studie gibt der Jugendpflege Recht


Die Forderungen aus der Wolfsburger Kinder- und Jugendarbeit bekommen Unterstützung aus der Wissenschaft. Eine aktuelle Studie der Universitäten Hildesheim und Frankfurt, deren erste Ergebnisse in dieser Woche veröffentlicht wurden, bestätigt, dass sich Jugendliche nicht ausreichend gehört fühlen und sich auf die Rolle als Schülerinnen und Schüler reduziert sehen.

An der Studie haben sich rund 6.000 Jugendliche beteiligt. In der öffentlichen Diskussion wird vor allem nach Bedürfnissen der Wirtschaft und von Eltern als Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gefragt. Kinder und Jugendliche tauchen in den tagesaktuellen Diskussionen nur auf, wenn es um Schulabschlüsse oder Regelverstöße geht. Damit bestätigt sich, worauf Expertinnen und Experten aus der Praxis der Kinder- und Jugendarbeit schon seit mehreren Wochen hinweisen: Kinder und Jugendliche brauchen Freiräume ohne Eltern und Lehrpersonal, um sich mit Gleichaltrigen zu treffen – das muss auch in Krisenzeiten ermöglicht werden.

Stadträtin Iris Bothe macht deutlich: "Die Jugendtreffs und -zentren sowie die mobile Jugendarbeit in Wolfsburg reagierten schnell und umfassend auf die Corona-Krise. Sie stellten ab Mitte März ihren Betrieb mehrheitlich auf digitale Angebote für junge Menschen um, dabei fokussierten sie sich auf "Ideen für Zuhause" für Kinder und ihre Familien, die in den ersten Wochen der Krise viel Zeit zu Hause verbrachten. Weitere Tätigkeitsfelder, in denen sich Jugendliche und junge Erwachsenen engagierten, waren das Projekt "Wir helfen" und die FanTafel Wolfsburg. Außerdem standen die Mitarbeiter*innen aus den Jugendeinrichtungen mit ihrem Knowhow den Jugendlichen in Wolfsburg die ganze Zeit über auf unterschiedlichen Kanälen als Ansprechpersonen zur Verfügung."


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