Wolfsburg. Immer wieder fordern die Parteien mehr Mitbestimmungsmöglichkeiten. In Tübingen in Baden-Württemberg werden dafür nun neue Schritte gegangen. Mit einer neuen App will die Gemeinde allen Wahlberechtigten eine Mitsprachemöglichkeit geben. regionalHeute.de fragte bei den Fraktionen nach, ob das auch ein Möglichkeit für Wolfsburg wäre.
Alle Wahlberechtigten sollen, wenn die App fertiggestellt ist, einen Zugangscode erhalten, über den sie sich registrieren können. Dadurch erhalten sie die Möglichkeit, über verschiedene Themen abzustimmen. Welche Themen genau zur Abstimmung bereitgestellt werden, entscheidet die Gemeinde. Die endgültigen Entscheidungen werden trotz der App auch weiterhin in den politischen Gremien getroffen, die Ergebnisse der App-Abstimmungen sind für die Politiker nicht bindend.
So stehen die Fraktionen zu einer solchen App:
Marco Meiners (FDP):
Grundsätzlich spricht nichts gegen eine solche App, auch wenn erfahrungsgemäß häufig die Entscheidungen, welche in den Parlamenten getroffen werden, eine intensive fachliche Auseinandersetzung mit den jeweiligen Themen vorausgeht.
Derlei Umfrageinstrumentarien können diese Dinge natürlich nicht liefern und stellen komplexe Fragen meist nur vereinfacht dar. In Einzelfällen kann dies sicherlich aber auch einem Mandatsträger eine gewisse Hilfestellung geben, was der Bürger möchte!
Olaf Niehus (Grünen):
Wir fordern bereits seit langem Bürger*Innen deutlich mehr zu beteiligen als bislang geschehen. Bürgerbeteiligung wird bereits in größerem Maße durchgeführt, Bürgerentscheide auf kommunaler Ebene sind leider noch selten - auf Landes- oder Bundesebene fehlen diese noch völlig. Eine App könnte uns Kommunalpolitikern einen Hinweis geben, wie die aktuelle Stimmung in der Bevölkerung ist - was möglicherweise zu bürgernäheren Entscheidungen führen könnte! Insofern stehen wir der Einrichtung einer solchen App positiv gegenüber.
Mehr Bürgernähe, eine stärkere Beteiligung und damit auch mehr Interesse der Bürgerschaft an kommunaler Politik, mehr Transparenz im Entscheidungsprozess, ein erster Schritt zu mehr direkter Demokratie.
Wir werden uns mit den Kollegen aus Tübingen über deren Erfahrung austauschen und dann gegebenfalls einen Prüfungsprozess zur Einführung einleiten.
Hans-Georg Bachmann (SPD):
Das Thema ist in der SPD-Fraktion Wolfsburg noch nicht erörtert worden. Meine persönliche Meinung: Die Stadt Wolfsburg hat vor etwa zwei Jahren – insbesondere auch auf Betreiben der SPD-Fraktion - ihr Projekt „BürgerMitWirkung“ eingeführt, um mehr und bessere Bürgerbeteiligungsmöglichkeiten zu schaffen. Eine Abstimmungs-App könnte ich mir grundsätzlich als ein weiteres Instrument vorstellen.
Allerdings müsste zunächst sehr gut darüber nachgedacht werden, für welche Themen/Entscheidungen sich eine Bürgerabstimmung anbietet. Bei komplexen oder nicht besonders populären Sachverhalten stelle ich mir eine Entscheidung nur mit Ja oder Nein schwierig vor. Wichtig ist: Das Prinzip der repräsentativen Demokratie darf nicht aufgeweicht werden. Abstimmungen der Bürger per App geben ein Stimmungsbild wider, sind aber nicht zwingend repräsentativ, da sich vermutlich bei vielen Themen nicht alle Bürger beteiligen, sondern vor allem die, die ein persönliches Interesse für oder gegen eine Entscheidung haben. Das muss also sehr gut vorbereitet werden.
Piroska Evenburg (Gruppe Linke/Piraten)
Wir sind seit jeher Befürworter der Bürgermitwirkung und stehen der Idee, solch eine App einzurichten positiv gegenüber. Eine App ist ein zeitgemäßes Medium, das viele Bürger oder ggf. bestimmte Zielgruppen auf kurzem Weg unbürokratisch erreicht, ein schnelles Meinungsbild ermöglicht und für wirklich bürgernahe Politik (und Verwaltung) steht.
Wir werden wohl einen entsprechenden Antrag stellen, sind uns aber bewusst, dass er wohl keine Mehrheit im Rat finden wird. Für die zusätzlich geschaffene Dezernentenstelle für Digitalisierung / Digitales / Digitalmanagement wäre die Einführung einer solchen App eine erste konkrete, wichtige Aufgabe.
Detlef Barth (PUG)
Grundsätzlich finden wir die Idee einer Abstimmungs-App sehr gut, allerdings ist unverzichtbar, dass zuvor eine angemessene Information mit allem politischen "Für und Wider" auch dem Bürger bekannt ist, um eine Entscheidung abzuwägen. Darüber hinaus sollten zusätzliche Kommentare und Anregungen über die App möglich sein. Vor Einführung einer App müssen aus unserer Sicht Aufwand und Kostenrahmen für Einrichtung und Betreuung bei der Verwaltung ermittelt werden. Danach könnte bei entsprechender kostenmäßigen Darstellbarkeit versucht werden, ein interfraktioneller Antrag hierzu zu stellen.
Die Statements werden in der Reihenfolge, in der sie bei uns eingegangen sind, veröffentlicht. Sobald uns die Statements weiterer Fraktionen erreichen, werden diese nachgepflegt.
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