Berlin. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) lehnt die Forderung von CSU-Chef Markus Söder ab, in sofortige Verhandlungen mit den Machthabern in Kabul zu treten, um Abschiebeflüge nach Afghanistan zu ermöglichen.
"Just in diesem Moment mit Radikalislamisten zu verhandeln, ich glaube, da müssen alle noch mal gründlich darüber nachdenken, ob das ein wirklicher Schutz ist", sagte Baerbock im "Bericht aus Berlin" der ARD. Söder hatte zuvor einen "Afghanistan-Sofortplan" gefordert. Es müsse wöchentlich Abschiebeflüge für ausreisepflichtige Afghanen geben, so der bayerische Ministerpräsident.
Baerbock ruft derweil zu mehr Differenzierung auf: Es sei wichtig, "zu unterscheiden zwischen Schwerstverbrechern, die in Deutschland nichts verloren haben und sich nicht auf das Asylrecht berufen können, und denjenigen, die aus Afghanistan geflohen sind, genau vor diesen Islamisten, vor diesen radikalen Kräften". Für diese Gruppe habe es bereits einen Abschiebeflug gegeben, dieses Vorgehen sei richtig gewesen, so Baerbock.
Im Gegensatz zu Baerbock stößt die Forderung aber nicht überall auf Ablehnung: So gibt es etwa Zustimmung von CDU, FDP und dem BSW. Es sei "Show-Politik", wenn Kanzler Olaf Scholz (SPD) nur vor wichtigen Wahlen auf Abschiebeflüge nach Afghanistan zu sprechen komme, sagte der parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, Thorsten Frei (CDU), der "Welt". "Deutschland darf sich nicht länger an der Nase herumführen lassen, wenn sich Staaten weigern, ihre eigenen Bürger zurückzunehmen, und gleichzeitig großzügige Hilfen aus Berlin kassieren."
Die FDP stellte sich ebenfalls an die Seite Söders: "Deutschland muss ausreisepflichtige Straftäter und Gefährder endlich konsequent abschieben - auch nach Afghanistan", sagte Fraktionschef Christian Dürr der "Welt". "Ein Rechtsstaat, der nicht durchgreift, verliert seine Glaubwürdigkeit." Es brauche eine Wende in der Migrationspolitik, um Rückführungen unverzüglich wieder aufzunehmen. Bisher sei dies an der rot-grünen Bundesregierung gescheitert.
Auch das BSW unterstützte Söders Vorstoß: "Mehr als 200.000 Menschen in Deutschland sind ausreisepflichtig. Allein im letzten Jahr hat Deutschland über 100.000 Flüchtlinge ohne Schutzbedarf neu aufgenommen", sagte Parteichefin Sahra Wagenknecht der "Welt". Solange es dabei bleibe, dass nahezu jeder, der nach Deutschland komme, hier bleiben könne, lasse sich unkontrollierte Migration nicht stoppen. "Zumindest Straftäter müssen unverzüglich und ohne Rücksicht auf das Herkunftsland abgeschoben werden. Wer Gastrecht missbraucht, hat Gastrecht eben auch verwirkt und muss gehen, auch zu den Taliban."
AfD-Spitzenkandidatin Alice Weidel nannte Söders Vorstoß indes "eine reine PR-Show" und "schlichtweg Wählertäuschung". "Die von CDU/CSU betriebene unverantwortliche Politik der unkontrollierten Massenzuwanderung ab 2015, die die Ampel nahtlos fortgeführt hat, hat zu einem beispiellosen Zerfall der inneren Sicherheit in Deutschland geführt", so Weidel. Behauptungen des Auswärtigen Amtes und der Grünen, dass Abschiebungen nach Afghanistan kaum durchführbar seien, seien vorgeschoben und sollten den politischen Unwillen von Baerbock zu Abschiebungen verdecken. "Wir brauchen die sofortige Migrationswende - sonst droht Deutschland der unumkehrbare zivilisatorische Abstieg."
Deutlichen Widerspruch bekam Söder von der Linkspartei. Die Vorsitzende Ines Schwerdtner verwies darauf, dass die Familie der in München getöteten Frau und des zweijährigen Mädchens sich gegen eine politische Instrumentalisierung der Tat ausgesprochen habe. "Auch im Moment größten Schmerzes zu den eigenen Werten von Vernunft und Solidarität zu stehen, zeigt eine Größe, die ich beeindruckend finde", so Schwerdtner. "Genau dagegen versündigt sich Söder, wenn er jetzt die Tat für seinen Abschiebe-Populismus missbraucht. Söder sollte sich was schämen."
Baerbock weist Söders Afghanistan-Plan zurück
Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) lehnt die Forderung von CSU-Chef Markus Söder ab, in sofortige Verhandlungen mit den Machthabern in Kabul zu treten, um Abschiebeflüge nach Afghanistan zu ermöglichen. "Just in diesem Moment mit Radikalislamisten zu verhandeln, ich glaube, da müssen alle noch mal gründlich darüber nachdenken, ob das ein wirklicher Schutz ist", sagte Baerbock im "Bericht aus Berlin" der ARD. Söder hatte zuvor einen "Afghanistan-Sofortplan" gefordert.
Annalena Baerbock (Archiv) | Foto: via dts Nachrichtenagentur