Braunschweig. Mit Unverständnis und großer Empörung hat der Vorstand des Siedlervereins Alt-Petritor e. V. der Presse entnommen, dass auf dem ehemaligen Sportplatzgelände Kälberwiese mehr als 500 Wohneinheiten errichtet werden sollen. Der Verein, der sich als Bürgerverein für diesen Stadtteil versteht, hatte schon erhebliche Bedenken gegen die ursprünglich von der Planungsverwaltung genannten 200 neuen Wohneinheiten erhoben. Die jetzt genannten 500 Wohnungen werden als Provokation gesehen.
Der Siedlerverein hatte nach eigenen Angaben in mehreren Briefen an die Oberbürgermeister Dr. Hoffmann und Markurth sowie an Stadtbaurat Leuer darauf hingewiesen, dass massierter Geschosswohnungsbau sich in die vorhandene Bebauung nicht einfügt und wegen der westlich benachbarten A 391 höchst problematisch sei. Er habe weiter drauf aufmerksam gemacht, dass die vorhandenen Erschließungs-Verbindungen nicht geeignet sind, den erheblichen Baustellenverkehr und den zusätzlichen Pkw-Verkehr der Bewohner aufzunehmen. Zudem würde sich die schon bisher problematische Entwässerungssituation durch das große Ausmaß der Versiegelung und der Steigerung der Abwassermengen erheblich verschärfen. Gegen das Vorgehen der Stadt bestünden schwerwiegende rechtliche Bedenken. Mit der Durchführung des städtebaulichen Wettbewerbs und der Vorgabe, dass auf dem Gelände Geschosswohnungsbau vorzusehen sei, würde gleichsam eine kritische Prüfung der Frage ausgeklammert, ob Geschosswohnungsbau in diesem Bereich überhaupt zulässig sei. Man habe seitens der Planungsverwaltung das Ergebnis der jetzt zwingend nachfolgenden Bebauungsplanung vorweggenommen und geradezu das Pferd von hinten aufgezäumt, so der Verein in einer Mitteilung. Als vorrangige Aufgabe des Planverfahrens sei die Prüfung anzusehen, ob und welche Bebauung überhaupt zulässig ist. Diese Prüfung sei aber bisher nicht erfolgt, weil nur unverbindliche Wunschvorstellungen aus dem politischen Bereich und die beiden Planaufstellungsbeschlüsse vorliegen würden, die den Planungsvorgang überhaupt erst in Gang setzen. Man sei nicht generell gegen ein Neubaugebiet, aber nicht unter den jetzt vorgestellten Bedingungen, stellte Hans Ochmann, Stellvertretende Vorsitzender, Siedlervereins Alt-Petritor e. V. im Gespräch mit regionalBraunschweig.de klar. Der Geschosswohnungsbau mit bis zu 500 Wohneinheiten sei das Problem. Er hält vielmehr eine Bebaung mit Ein- und Zweifamilienhäusern und Reihenhäusern für vertretbar und angemessen. Er wies zudem die Darstellung in der Braunschweiger Zeitung vom 19.11.2015 zurück, der Siedlerverin Alt-Petritor e. V. habe niemals gegen den Ringgleis-Wanderweg protestiert, wie dort dargestellt.
regionalBraunschweig.de hat bei der Verwaltung nachgefragt, wie es zu den Unstimmigkeiten kommen konnte.
Ursprünglich ist die Bürgerinitiative vor Ort von 200 WE ausgegangen, nun sollen es 500 WE werden, wie kam es zu der Veränderung?
Adrian Foitzik Pressesprecher Stadt Braunschweig, teilte mit: "Im zu Grunde liegenden Grundkonzept, dass auch Anhang des Aufstellungsbeschlusses war, ging die Abteilung Stadtplanung davon aus, dass nicht die gesamte Sportanlage Kälberwiese überbaut wird, die erforderlichen Stellplätze überirdisch eingerichtet werden und daher deutlich weniger Flächen für Wohnbebauung angenommen und teilweise von einer geringeren Verdichtung ausgegangen wurde. Bei dem nun durchgeführten Städtebaulichen Ideenwettbewerb hat die Stadt Braunschweig in einem ersten Schritt verschiedene Lösungsvorschläge für die weitere Entwicklung gesammelt. Das von der Preisjury einstimmig zum Siegerentwurf bestimmte Konzept sieht dabei eine deutlich dichtere Bebauung mit Tiefgaragen vor. Somit kommt es zu der erhöhten Anzahl von Wohneinheiten. Im Rahmen der weiteren Überarbeitung ist es die Aufgabe der Stadt Braunschweig zu prüfen, inwieweit sich diese Konzeption realisieren lässt. Eine Vorfestlegung auf 500 Wohneinheiten gibt es also nicht."
Ist es versäumt worden, vorab zu prüfen, ob Geschosswohnungsbau in diesem Bereich überhaupt zulässig ist. Hat die Stadt Braunschweig damit dem Bebauungsplanergebnis vorgegriffen?
"Wie bereits erläutert, ist ein Entwurf ausgezeichnet worden. Was schließlich gebaut wird, regelt das Bebauungsplanverfahren, das jetzt weitergeführt wird. Dabei wird geprüft, inwiefern der Entwurf so oder verändert in die Planung einfließt. Ein Bebauungsplanverfahren ist grundsätzlich ein ergebnisoffenes Verfahren, in dessen Verlauf alle privaten und öffentlichen Belange untersucht und gegeneinander gewichtet werden müssen. Es ist die Aufgabe der Stadt Braunschweig im Bebauungsplanverfahren zu überprüfen, ob Wohnungsbau insgesamt und der angestrebte Geschosswohnungsbau im Besonderen möglich sind und unter welchen Rahmenbedingungen dies erfolgen kann. Dabei können die Stadt Braunschweig und die Politik sehr wohl ein Ziel für die Planung formulieren. In diesem Fall wurde etwa mit dem Aufstellungsbeschluss zum Bebauungsplan empfohlen, auch günstigen Wohnraum vorzusehen. Dieser wird in der Regel durch Geschosswohnungsbau umgesetzt. Bezahlbaren Wohnraum zu schaffen ist erklärtes Ziel städtischer Wohnbaupolitik."
Wie sehen die nächsten Schritte aus, soll das Gespräch mit den Bürgern vor Ort gesucht werden?
"Der Siegerentwurf des Städtebaulichen Wettbewerbs wird am Freitag ab 18 Uhr in einer Informationsveranstaltung unter Teilnahme des Stadtbaurates Heinz Leuer in der Aula der HvF-Schule der Öffentlichkeit vorgestellt. Ab Montag, 7.12., bis zum 21.12. werden die Ergebnisse in den Räumlichkeiten der Friedenskirche, Spatzenstieg 21, jeweils Montag bis Freitag 15 bis 17:30 Uhr öffentlich ausgestellt. Nach der Überprüfung des Entwurfes im Hinblick auf die verschiedenen planerischen Anforderungen wird es eine weitere öffentliche städtische Veranstaltung mit einer Darstellung des Planungstandes im Rahmen der frühzeitigen Bürgerbeteiligung geben."
Wie werden den Sorgen der Anwohner Rechnung getragen, die Angst vor einer sprunghaft steigenden Verkehrsbelastung?
"Grundsätzlich sieht der Entwurf derzeit zwei Verkehrserschließungsmöglichkeiten für das zukünftige Baugebiet vor. Zum einen ist eine Erschließung über die Straße Kälberwiese und Feldstraße möglich, zum Anderen besteht über das ebenfalls geplante Baugebiet "An der Schölke" im Bereich der nördlichen Kreuzstraße eine zweite Anbindungsmöglichkeit. Der verdichtete Bereich ist in Richtung Kreuzstraße orientiert. Die Verbindung beider Bereiche zur Nutzung durch den ÖPNV und den Anliegerverkehr ist nun genauer zu untersuchen, die endgültige Situation steht noch nicht fest. Eine vorübergehende Verkehrsbelastung durch Baufahrzeuge ist, wenn neue Häuser gebaut werden, nie ganz zu vermeiden. Bestandteil des Baustellenmanagements ist aber, sie auf das notwendige Minimum zu reduzieren."
Der Siedlerverein mahnt einer "problematische Entwässerungssituation" an, wie soll diesem Problem entgegen getreten werden?
"Im Einzugsbereich der Schölke und Kleinen Mittelriede wurde nördlich der ehemaligen Sportanlage durch die Stadt Braunschweig in den vergangenen Jahren bereits ein größeres Rückhaltebecken realisiert. Die Entwässerungssituation ist in diesem Areal wie auch in allen anderen Baugebieten im Rahmen des Bebauungsplanverfahrens gutachterlich zu untersuchen. Grundlage der Entwässerungsplanungen ist dabei die gesetzlich vorgegebene Sicherstellung, dass es durch neue Versiegelungen nicht zu einer Verschlechterung des Entwässerungssituation kommen darf. Daher ist im weiteren Planverfahren ein Entwässerungskonzept zu erstellen und geeignete Rückhaltungsflächen und –maßnahmen zu prüfen. Die Ergebnisse werden u. a. im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung vorgelegt."
Die Informationsveranstaltung zu den Ergebnissen des städtebaulichen Wettbewerbs für das geplante Baugebiet Feldstraße/Kälberwiese findet am Freitag, 4. Dezember, um 18 Uhr in der Aula des Gymnasiums Hoffmann-von-Fallersleben-Schule, Sackring 19, statt.
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