Asylverfahren: Interdisziplinäres Forschungsteam zu Gast im Verwaltungsgericht

Forscher verschiedener Universitäten begleiteten Asylverfahren, um Verbesserungspotenziale zu entdecken.

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(Symbolbild) | Foto: regionalHeute.de

Braunschweig. In der vergangenen Woche besuchte ein sechsköpfiges Forscherteam das Verwaltungsgericht Braunschweig. Unter Leitung von Frau Dr. Larissa Vetters erprobten Forscherinnen und Forscher des Max-Planck-Instituts in Halle, der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg sowie der Humboldt-Universität zu Berlin mit den Richterinnen und Richtern ein neuartiges Forschungs- und Weiterbildungsformat. Hierüber berichtet das Verwaltungsgericht Braunschweig in einer Pressemitteilung.


Mit diesem Format sollen die besonderen Anforderungen in den Blick genommen werden, denen sich Richterinnen und Richter in Asylprozessen ausgesetzt sehen. Die besonderen Herausforderungen bestehen für Richterinnen und Richter in diesen Verfahren zum einen darin, angesichts der kulturellen, sozialen, ethnischen und religiösen Diversität der Klägerinnen und Kläger zu belastbaren Entscheidungsgrundlagen zu gelangen. Zum anderen sei die Kommunikation mit den Klägerinnen und Klägern in aller Regel nur durch Sprachmittlerinnen und -mittler möglich und daher besonders schwierig. Schließlich stellen sich für Richterinnen und Richter schwierige Fragen bei der Einordnung und Bewertung der von den Asylsuchenden vorgebrachten Tatsachen und der länderspezifischen Erkenntnismittel.

Neue Erkenntnisse


Im Rahmen eines einwöchigen Forschungs- und Weiterbildungsseminars sollten nun einerseits neue empirische Erkenntnisse für die interdisziplinäre Rechtsforschung gewonnen werden. Andererseits sollten Reflexionstechniken und Handlungsempfehlungen für die Richterinnen und Richter entwickelt werden.

Konzepte der interkulturellen Kompetenz


Das Forschungsteam verband zu diesem Zweck Elemente der prozessbegleitenden, teilnehmenden Beobachtung mit Fallbesprechungen, Input-Referaten und Gruppendiskussionen. Die Forscherinnen und Forscher stellten grundlegende Erkenntnisse der ethnologischen Forschung dar. Darüber hinaus erläuterten sie, wie Herkunftslandwissen derzeit für die Rechtsprechung aufbereitet wird, stellten Konzepte der interkulturellen Kompetenz in der Justiz vor und referierten den empirischen Forschungsstand zu asylgerichtlichen Verfahren im Spannungsfeld gesamtgesellschaftlicher Entwicklungen und im europäischen Vergleich.

Den Auftakt der Veranstaltung bildete ein Vortrag von Prof. Dr. Winfried Kluth mit dem Titel „Anforderungen an Interdisziplinarität in der Justiz aus rechtswissenschaftlicher Perspektive“. Darin erläuterte er seinen Vorschlag, zur Klärung der Gefahrenlage in Herkunfts- und Drittstaaten eine Fachstelle am Bundesverwaltungsgericht einzurichten.

Reflexion der Kommunikation


An den folgenden drei Vormittagen beobachteten Mitglieder des Forschungsteams Verhandlungen in Asylverfahren. Anschließend wurde unter Berücksichtigung der dadurch gewonnenen Erkenntnisse in Gesprächsrunden mit den Richterinnen und Richtern unter anderem erörtert, welche spezifischen Formen und Techniken der interkulturellen Kommunikation in den mündlichen Verhandlungen angewandt werden können.

Das Forschungsteam und die Richterinnen und Richter des VG Braunschweig blicken auf eine intensive Woche des Austausches zurück.


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