Braunschweig. Mit der Umwandlung der Verkehrs-AG in eine GmbH wurde im September 2014 auch die Wahl eines neuen Aufsichtsrates, dessen Vorsitzenden und von zwei Stellvertretern nötig. Die Posten waren bis dato von Carsten Müller (CDU), Manfred Pesditschek (SPD) und einem Arbeitnehmervertreter besetzt. Die Neuwahl sollte eigentlich reine Routine sein, doch es kam anders...
Anstatt Pesditschek (Vorsitzender der Braunschweiger SPD-Ratsfraktion) wurde Stefan Zander von der Piratenpartei in das Amt des zweiten stellvertretenden Aufsichtsratsvorsitzenden gewählt. Pikant: Zwölf Sitze hat der Aufsichtsrat. Vier Arbeitnehmer, drei von der CDU, zwei SPD-Abgeordnete und einen Grünen. Dazu Stadtbaurat Heinz-Georg Leuer und eine erfahrene Persönlichkeit. Zander gewann mit sieben zu fünf Stimmen. Das scheint laut Pesditschek nicht mit vorher getroffenen Absprachen konform zu gehen.
Es braut sich was zusammen
Einen Zustand den der "SPD-Mann" scheinbar nicht hinnehmen will. Ein Antrag sollte in die Ratssitzung am 21. Oktober eingereicht werden. Der Inhalt: „Die Vertreter der Stadt in der Gesellschafterversammlung der Stadt Braunschweig Beteiligungs-Gesellschaft mbH werden angewiesen, die Geschäftsführung zu veranlassen, eine Gesellschafterversammlung der Braunschweiger Verkehrs-GmbH abzuhalten und dort das Aufsichtsratsmitglied Herrn Stefan Zander aus dem Aufsichtsrat der Braunschweiger Verkehrs- GmbH abzuberufen und Herrn Reinhard Heim als erfahrene Persönlichkeit aus Wirtschaft, Bankwesen oder freien Berufen zum Aufsichtsratsmitglied der Braunschweiger Verkehrs-GmbH zu wählen.“ Der Antrag ist erst einmal vom Tisch, die Ratsfraktion will sich erneut beraten. Dazu finden zurzeit Gespräche statt mit dem Ziel, die zerstörte Vertrauensbasis wieder herzustellen.
Zu den Gründen für den ursprünglichen Antrag äußerte sich Pesditschek gegenüber BraunschweigHeute.de wie folgt: "Zu Beginn einer jeden Ratswahlperiode muss zwischen den entsendungsberechtigten Fraktionen entschieden werden, wer die Vorsitzenden der Ratsausschüsse und ihre Stellvertreter sein sollen. Das geschieht entweder im sogenannten Zugreifverfahren (§ 71 Abs. 8 NKomVG) oder nach Einigung zwischen den betreffenden Fraktionen. In Braunschweig wurde nach meiner Erinnerung stets eine Einigung herbeigeführt. Sie ist nach der Kommunalverfassung für die Wahlperiode bindend. So geschah es auch zu Beginn der laufenden Wahlperiode. In diese Einigung wurde auch die Verteilung der Vorsitzenden der Aufsichtsräte in den stadteigenen Gesellschaften aufgenommen. Für die damalige Verkehrs-AG wurde beschlossen: Vorsitzender: CDU, Stellvertretender Vorsitzender: Arbeitnehmervertreter, Stellvertretender Vorsitzender: SPD. Zusätzlich wurde beschlossen: Das Recht zur „Benennung einer erfahrenen Persönlichkeit aus Wirtschaft, Bankwesen oder freien Berufen“ (§ 9 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags) liegt bei der SPD. Die SPD erklärte, sie würde dafür eine Persönlichkeit auf Vorschlag der Piratenfraktion benennen, die selber kein Vorschlagsrecht zur Benennung von Aufsichtsratsmitgliedern hatte und auch heute nicht hat. Auf diese Weise kam Herr Zander, der damals noch Schulz hieß, in den Aufsichtsrat. Bei der Umwandlung der Verkehrs-AG in eine GmbH war es erforderlich, die städtischen Vertreter im Aufsichtsrat der AG abzuberufen und für die GmbH neu zu besetzen. Die Fraktionen schlugen die bisherigen Vertreter vor, entsprechend unserem Benennungsrecht für die „erfahrene Persönlichkeit“ schlugen wir dafür wieder Herrn Zander vor. Dem ist der Rat entsprechend der Verabredung zu Beginn der Ratswahlperiode gefolgt. In der konstituierenden Sitzung des Aufsichtsrates der Verkehrs-GmbH mussten der Vorsitzende und der 2. Stellvertreter neu gewählt werden; der 1. Stellvertreter – Herr Jakob als Belegschaftsvertreter – blieb beim Wechsel der Gesellschaftsform im Amt. Die Wahlen erfolgten geheim. Da sich die SPD-Vertreter an die Vereinbarung gebunden fühlten, wurde Herr Müller (CDU) einstimmig zum Aufsichtsratsvorsitzenden wiedergewählt.
Für die Wahl zum Stellvertreter wurden aus der Mitte des Aufsichtsrates Herr Zander und ich vorgeschlagen. Der 1. Wahlgang endete 6:6."
Ein Verstoß gegen die Vereinbarungen
"Damit ist bei der Zusammensetzung des Aufsichtsrates deutlich, dass mindestens ein CDU-Mitglied Herrn Zander statt mich gewählt hat. Das ist ein eindeutiger Verstoß gegen die Vereinbarung und kann so von der SPD nicht hingenommen werden. Nun zu Herrn Zander. Herr Zander ist auf Vorschlag der SPD in den Aufsichtsrat entsandt worden. Er hat gegen mich kandidiert und hielt es nicht für erforderlich, das vorher einmal mitzuteilen. Auch in der Sitzung selbst gab es keine Erklärung von ihm zur Begründung seiner Kandidatur. Damit ist die notwendige Vertrauensbasis zerstört, und wir nehmen das Recht wahr, ihn abzuberufen und durch eine andere Persönlichkeit zu ersetzen. Zu dem Vorwurf, diese Auswechslung richte sich gegen die Arbeitnehmervertreter: Das ist offensichtlich an den Haaren herbeigezogen. Herr Jakob ist nach wie vor als Arbeitnehmervertreter 1. stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender. Herr Zander dagegen ist allein vom Rat der Stadt benannt, der ihn berufen und abberufen kann, und hat mit der Vertretung der Arbeitnehmer überhaupt nichts zu tun."
Befremdliche Vorfälle
Auch Stefan Zander von den Piraten hat dazu natürlich eine Meinung: „Ich finde es befremdlich, dass zwischen den beiden großen Fraktionen Absprachen über die Zusammensetzung der Vorstandsposten in den Aufsichtsräten getroffen werden, an die ich mich dann halten soll und dass obwohl mir diese Absprachen bis vor kurzem nicht einmal bekannt waren.
"Ich habe auf Wunsch des Betriebsrates für dieses Amt kandidiert. Die Wahl ist zu meinen Gunsten ausgegangen. Unter Demokraten sollten Wahlen und speziell auch der Wunsch der Belegschaft respektiert werden. Über das Vorgehen von Herrn Pesditschek nach dem Wahlvorgang kann sich jeder Bürger sein eigenes Urteil bilden. Ich bin laut Gesellschaftsvertrag als vom Rat unabhängiger Bürger in den Aufsichtsrat entsandt worden - da ist es wenig sinnvoll, wenn ich nach Belieben abberufen werde, weil meine Entscheidungen nicht genehm sind. Ich rechne aber nicht damit, dass der Antrag auf Abberufung endgültig vom Tisch ist. Dies wird sich bei der kommenden Ratssitzung beziehungsweise der nächsten Aufsichtsratssitzung Anfang November zeigen. Außerdem bin ich verwundet über Herrn Pesditscheks Meinung, dass mit Sicherheit ein CDU Mitglied für mich gestimmt hätte. Diese Sicherheit geben die Wahlergebnisse und die Zusammensetzung des Aufsichtsrat eigentlich nicht her.“ BraunschweigHeute.de bleibt für Sie an der Geschichte dran.
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