Aus für Karstadt - Das sagt die Politik

Neben Sorgen um die Zukunft der Mitarbeiter und der Braunschweiger Innenstadt gibt es auch noch einen Rest Hoffnung, dass der Standort doch noch zu retten ist.

Karstadt in der Braunschweiger Innenstadt. Archivbild
Karstadt in der Braunschweiger Innenstadt. Archivbild | Foto: Werner Heise

Braunschweig. Gestern gab der Warenhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof bekannt, deutschlandweit 52 Filialen schließen zu müssen. Mit dabei: das letzte verbliebene Karstadt-Haus in Braunschweig. In der Schuhstraße sollen spätestens Ende Januar 2024 die Tore schließen. Zu der Entscheidung erreichten uns einige Stellungnahmen von Braunschweiger Politikern auf kommunaler, Landes- und Bundesebene.



Als erstes erreichte uns eine Mail des AfD-Ratsherren Stefan Wirtz. Neben der Sorge um die Zukunft der Mitarbeiter, die nun ihren Job verlieren, kritisiert er auch die Entwicklung der Braunschweiger Innenstadt:

"Kern Braunschweigs als Radlerparadies"


"Der bevorstehende Verlust des letzten Karstadt-Standortes in Braunschweig ist eine Katastrophe für die vielen dort Beschäftigten und unsere Innenstadt. Das Haupthaus an der Schuhstraße war jahrzehntelang ein wichtiger Ankerpunkt und Magnet in der Region. Der schon angeschlagene Konzern wurde, wie viele andere, durch die drastisch überzogenen Corona-Maßnahmen zusätzlich stark belastet und musste nach und nach seine Häuser in Braunschweig schließen. Während aktuell dreistellige Millionensummen im Bahnhofsumfeld investiert werden sollen, will die SPD-geführte Stadtverwaltung unsere Innenstadt anscheinend nur mit einigen Sitzgelegenheiten, Pflanzkübeln und Leihfahrrädern attraktiv erhalten, aber gleichzeitig den Autoverkehr weitgehend herausdrängen und den Kern Braunschweigs zum Radlerparadies umgestalten.

Der Braunschweiger AfD-Ratsherr Stefan Wirtz.
Der Braunschweiger AfD-Ratsherr Stefan Wirtz. Foto: Werner Heise


Mir tun vor allem die zahlreichen verbliebenen Mitarbeiter im Karstadt-Haus leid, die jahrelang gute Arbeit geleistet haben und nun wohl ihre Jobs verlieren werden. Der Oberbürgermeister hat in seiner eigenen Stellungnahme über das von Arbeitslosigkeit bedrohte Personal bezeichnenderweise kaum Wort verloren, sondern macht sich wohl erst jetzt ernste Sorgen um Braunschweigs Zukunft als Zentrum des Einzelhandels. Während außerhalb des Stadtkerns viel Geld in Prestigeprojekte fließen, ist hier der Fokus auf das Wichtige verloren gegangen; in letzter Zeit war viel von `Leuchttürmen´ in Braunschweig die Rede: die Innenstadt hat einen der wichtigsten heute verloren, es müssen nun Alternativen zu den bisherigen Planungen aus dem Rathaus kommen."



Auch für den CDU-Bundestagsabgeordneten Carsten Müller ist die Schließung der letzten Braunschweiger Karstadt-Filiale ein echter Schlag. Er fordert dringend ein Konzept zur Wiederbelebung der Innenstadt:

"Innenstadtentwicklung muss endlich Chefsache werden"


„Für mich als Braunschweiger, der auch in der Innenstadt aufgewachsen ist, ist die nun bekannt gewordene Schließung des dritten von drei ursprünglichen Karstadt-Häusern in Braunschweig ein echter Schlag. Doch ganz besonders hart sind die heutigen Nachrichten für die vielen betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Für sie erwarte ich vom Unternehmen eine umfassende Unterstützung.

Die Schließung eines Großteils der Karstadt-Filialen stellt zudem eine große Herausforderung für die Innenstädte dar. Das sich lange Zeit nur mühsam entwickelte Thema ‚Innenstadtentwicklung‘ muss spätestens jetzt endlich Chefsache mit höchster Priorität werden. Es bedarf eines belastbaren Wiederbelebungskonzepts, das ausdrücklich alle Gesichtspunkte beinhaltet, vor allem auch Attraktivität, Erreichbarkeit und Sauberkeit.

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Carsten Müller.
Der CDU-Bundestagsabgeordnete Carsten Müller. Foto: Thomas Stödter


Die Schließung der Filiale in der Schuhstraße ist für alle Braunschweigerinnen und Braunschweiger, aber insbesondere auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, eine besonders schlechte Nachricht. Sie muss dazu führen, dass alle Ansiedlungsüberlegungen für neue oder umziehende Einrichtungen und Geschäfte auf den Prüfstand gehören, inwieweit sie zu der Wiederbelebung der Innenstadt beitragen können. Das Thema der Wiederbelebung schließt auch das jüngst aufgekommene Thema des Konzerthauses/der Musikschule mit ein, wo es bisher immer noch kein belastbares Konzept zur Finanzierung oder für mögliche Veranstaltungsorte gibt.“



Dr. Christos Pantazis (SPD), ebenfalls Bundestagsabgeordneter, verlangt vor allem Aufklärung, warum die wohl profitable Filiale in Braunschweig schließen soll. Für die Mitarbeiter fordert er eine Transfergesellschaft.

"Viele Bundesmittel an das Unternehmen geflossen"


"Die Entscheidung über die Schließung der Karstadt-Filiale in Braunschweig ist sehr schmerzlich. Es sind nach meinen Kenntnisstand viele Bundesmittel an das Unternehmen zur Stabilisierung der Finanzen geflossen und ich frage mich, inwieweit die Mittel genutzt wurden, um Schließungen abzuwenden. Die Filiale in Braunschweig ist meinen Informationen zufolge profitabel gewesen, sodass regionale Entscheidungsprozesse nachvollziehbar gemacht werden müssen.

Dr. Christos Pantazis (SPD)
Dr. Christos Pantazis (SPD) Foto: Thomas Stödter


Die Beschäftigten waren bereit, viele Entbehrungen und Einschnitte, wie den Verzicht auf Weihnachts- und Urlaubsgeld, auf sich zu nehmen, um die eigenen Arbeitsplätze sowie insbesondere auch um die Filiale als einen Begegnungsort in der Braunschweiger Innenstadt aufrechtzuerhalten. Diese 185 Angestellten müssen aufgefangen werden, daher erwarte ich vom Bundesarbeitsminister einen geordneten Übergang für die Beschäftigten in eine Transfergesellschaft."



Die SPD-Ratsfraktion hat dagegen die Hoffnung noch nicht aufgegeben, den Braunschweiger Standort doch noch retten zu können. Man sieht den Galeria-Konzern und den Immobilieneigentümer in der Pflicht. Es müssten alle Hebel in Bewegung gesetzt werden, um einen weiteren großen Leerstand zu verhindern, so SPD-Fraktionsvorsitzender und Landtagsabgeordneter Christoph Bratmann.

Uneinigkeiten zwischen Galeria und der Volksbank BraWo


"Zwar sind bundesweit 52 weitere Filialen von Schließungen betroffen, als deren Ursache gestiegene Energiepreise, Konsumrückgang und verändertes Einkaufsverhalten genannt werden. Im Falle von Braunschweig heißt es allerdings, dass dieser Standort durchaus rentabel sei und Perspektive habe, allerdings größerer Umbaumaßnahmen bedarf. Wie der Presse zu entnehmen war, sind Hintergrund der geplanten Schließung vor allem Uneinigkeiten zwischen Galeria und der Immobilien-Besitzerin Volksbank BraWo über Umbauarbeiten am Gebäude für eine neue Filialstruktur, mit der Galeria die Weichen für die Zukunft stellen möchte. Der Karstadt-Standort Braunschweig schrieb keine roten Zahlen und wäre grundsätzlich zukunftsträchtig. Dafür wären jedoch die Änderungen am Gebäude notwendig.

Christoph Bratmann.
Christoph Bratmann. Foto: Thomas Stödter


Eine Karstadt-Schließung würde einen weiteren großen Leerstand in der Innenstadt nach sich ziehen, dies ist sehr schlecht für Braunschweig. Grundsätzlich müssen alle Hebel in Bewegung gesetzt werden, um den Standort doch noch zu erhalten. Die Volksbank BraWo als Immobilieneigentümerin sollte noch einmal mit Nachdruck in die Verhandlungen mit Galeria gehen, um gemeinsam eine Lösung zu finden“. Es sei sehr zu bedauern, wenn ein Warenhaus dieser Größenordnung aus Braunschweig verschwinde, weil man keine Lösung für einen Gebäude-Umbau gefunden habe.

Grundsätzlich muss es im Interesse der Immobilieneigentümer liegen, Leerstände von innerstädtischen Großimmobilien entweder zu vermeiden oder Konzepte für deren Nachnutzung zu entwickeln. Bei den ehemaligen Galeria-Häusern am Bohlweg und am Gewandhaus ist aber bislang nichts passiert. So steht zu befürchten, dass auch das frühere Karstadt-Haupthaus zukünftig über viele Jahre leer steht und damit die Innenstadt-Entwicklung negativ beeinflusst. Unsere Braunschweiger Innenstadt ist nach wie vor belebt, sowohl mit dem Auto als auch mit Bus und Bahn gut erreichbar und hat ein großes Einzugsgebiet. Deshalb gilt es alles dafür zu tun, dass sie auch für Menschen von nah und fern attraktiv bleibt. Politisch sind wir dazu bereit, es gilt aber auch der Grundsatz Eigentum verpflichtet!“



Die BIBS-Fraktion im Rat der Stadt will das Thema in Form einer Dringlichkeitsanfrage in die Ratssitzung am nächsten Dienstag einbringen. Dabei stehen die finanziellen Auswirkungen, sowohl für die Mitarbeiter, als auch für die Stadt im Fokus. Auch um die Nachnutzung des Gebäudes soll es gehen. Vorab äußert man sich wie folgt:

Die Stadt Braunschweig ist in der Verantwortung


„Dass Galeria Karstadt in Braunschweig in wenigen Monaten schließen muss, ist eine sehr traurige Nachricht. Neben der Gefahr, dass ein weiterer Leerstand einer Großimmobilie die Attraktivität der Braunschweiger Innenstadt weiter senkt, haben wir vor allem die zahlreichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Galeria Karstadt-Filiale im Blick, denen möglicherweise der Jobverlust droht. Viele der Angestellten sind seit Jahren, wenn nicht gar Jahrzehnten dort beschäftigt und haben das Einkaufserlebnis in unserer Löwenstadt mitgeprägt. Jetzt ist es an uns, diese Menschen zu unterstützen, da ist vor allem auch die Stadt Braunschweig in der Verantwortung jede denkbare Hilfe anzubieten.

Die BIBS-Fraktion: Dr. Bernhard Piest, Bianca Braunschweig und Silke Arning (v. li.).
Die BIBS-Fraktion: Dr. Bernhard Piest, Bianca Braunschweig und Silke Arning (v. li.). Foto: BIBS


Der Entschluss, das Braunschweiger Galeria Karstadt Kaufhaus zum Anfang des Jahres 2024 zu schließen, konnte auch nach Angeboten der Volksbank BraWo die Miete zu senken, nicht verhindert werden. Nachdem 2020 bereits Galeria Kaufhof am Bohlweg aufgegeben wurde und kurz darauf die Karstadt-Filiale am Gewandhaus 2021 ihre Pforten endgültig geschlossen hat, zieht sich das Unternehmen nun komplett aus Braunschweig zurück.

Neben den Auswirkungen der Schließung auf die Beschäftigten und den zu erwartenden Leerstand im Herzen der Innenstadt geben auch mögliche finanzielle Folgen für die Stadt Anlass zur Besorgnis. Denn die Schließung eines großen Kaufhauses bedeutet nicht nur den Wegfall von Gewerbesteuer, auch die Lohnsteuereinnahmen können durch eine mögliche Arbeitslosigkeit der Mitarbeiter betroffen sein.

Problem für mobilitätseingeschränkte Personen


Die Schließung ist auch für viele Kunden in Braunschweig ein großer Einschnitt, die die letzte Filiale immer noch gerne besuchen. Besonders ältere oder mobilitätseingeschränkte Personen sind auf die Möglichkeit, alle Einkäufe unter einem Dach erledigen zu können, angewiesen. Denn die Braunschweiger Innenstadt ist immer noch nicht vollständig barrierefrei, sodass das Bummeln für viele Menschen eine Herausforderung darstellt und auch in den Schlossarkaden müssen weitere Laufwege zurückgelegt werden.

Die angekündigte Schließung ist auch deshalb besorgniserregend, da auch die beiden Immobilien der anderen Karstadt- und Galeria-Filialen bislang keiner weiteren Nutzung zugeführt werden konnten und immer noch leer stehen. Wichtig ist jetzt, dass sich alle Beteiligten intensiv zusammensetzen und nach echten Lösungen für die Weiternutzung aller Immobilien suchen. Schon in den vergangenen drei Jahren konnte man sich auf keine neuen Nutzungskonzepte einigen - das Versprechen die Innenstadt zu stärken, darf nicht nur ein Lippenbekenntnis bleiben.

Die Ära der großen Kaufhäuser scheint vorbei zu sein, jetzt müssen wir auch um die Ecke denken, um die Riesenimmobilien nicht dem Leerstand zu überlassen. Auch kreative Gedanken wie Urban-Gardening und andere Klimaschutzprojekte müssen zugelassen werden. Zudem sucht die städtische Musikschule noch immer nach einem neuen Standort.“


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