Braunschweiger Forscher gehen Abbau von Plastik auf den Grund

DSMZ-Forscherinnen skizzieren Mechanismen für die Aufspaltung von Kunststoff durch marine Bakteriengemeinschaften.

Elektronenmikroskopische Aufnahme von durch bakteriellem Abbau entstandenen Löchern (schwarz) im Plastik.
Elektronenmikroskopische Aufnahme von durch bakteriellem Abbau entstandenen Löchern (schwarz) im Plastik. | Foto: HZI/Rohde

Braunschweig. Forschende rund um Dr. Başak Öztürk vom Leibniz-Institut DSMZ- Deutsche Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen GmbH in Braunschweig haben in einer aktuellen Studie untersucht, wie marine Mikroorganismen biologisch abbaubares Plastik zersetzen und verwerten. Neben den am Abbau beteiligten Bakteriengruppen konnten die Forschenden auch einen potentiellen Mechanismus für die Zersetzung des Kunststoffs aufdecken. Die Ergebnisse publizierte das Team jetzt im Fachmagazin Nature Communications. Dies teilt das DSMZ in einer Pressemitteilung mit.


Der Bedarf an Plastik sei in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen. Im Jahr 2017 wären beispielsweise 350 Millionen Tonnen Plastik weltweit produziert worden, von denen über 70 Prozent als Abfall in den Ozeanen wiederaufgetaucht seien. Die Industrie habe auf diese zunehmende Umweltverschmutzung mit der Entwicklung von biologisch abbaubarem Kunststoff reagiert. Ein oft genutztes Material sei Polybutylenadipatterephthalat (PBAT), das neben den benötigten mechanischen Eigenschaften auch eine gute biologische Abbaubarkeit aufweise. PBAT werde häufig für Verpackungen, Müllbeutel, aber auch in der Landwirtschaft – beispielsweise für Mulchfolien - eingesetzt, da es dem konventionellen Kunststoff Polyethylen (LD-PE) in seinen Eigenschaften sehr ähnlich sei. Der Abbau von PBAT durch Mikroorganismen im Erdreich sei bereits gut erforscht. Es sei allerdings weitgehend unklar, wie der Abbau in der aquatischen Umgebung ablaufe und ob beispielsweise marine Bakterien die Abbauprodukte als Nahrungsquelle nutzen können.

Verschiedene Bakterien arbeiten bei der Zersetzung von Kunststoff zusammen


In ihrer Studie hätten die Forschenden nachweisen können, dass verschiedene Bakterien aus den Gruppen Alphaproteobakterien, Gammaproteobakterien, Flavobakterien und Actinobakterien am Abbau von PBAT beteiligt seien. „In unseren Experimenten bildete sich bereits nach drei Tagen auf dem Plastik ein Biofilm. Erste Löcher traten nach sechs Tagen auf“, fasst Dr. Ingid Meyer Cifuentes, PostDoc am Leibniz-Institut DSMZ und Erstautorin der Publikation, zusammen. Innerhalb von 15 bis 20 Tagen habe die Bakteriengemeinschaft den Kunststoff dann zersetzt. Dabei wurden die Abbauprodukte des PBAT von den verschiedenen Bakterien als Kohlenstoffquelle für ihren Stoffwechsel genutzt. Letztendlich hätten die Bakterien so zirka 60 Prozent des vorhandenen Kohlenstoffs aus dem Plastik in CO2 umgewandelt.

Aus den weiteren Ergebnissen ihrer Experimente hätten die Forschenden geschlussfolgert, dass die initiale Zersetzung des Kunststoffs innerhalb des Biofilms durchgeführt werde. Die entstandenen Abbauprodukte würden dann sowohl von der Bakteriengemeinschaft des Biofilms als auch von den freischwimmenden Bakterien in der näheren Umgebung weiter zersetzt. Der Abbau des hier eingesetzten Plastiks sei also eine synergistische Leistung. „Der von uns untersuchte Abbauprozess im Labor unterscheidet sich wahrscheinlich etwas von dem im Ozean“, stellt Mikrobiologin und Studienleiterin Başak Öztürk fest, „Unsere Ergebnisse zeigen aber, dass die Zersetzung von Kunststoff in der marinen Umgebung sehr ähnlich abläuft wie die im Erdboden. Dieses Wissen kann der Forschung helfen, langfristig besser biologisch abbaubare Kunststoff zu entwickeln. Das trägt einen bedeutenden Fortschritt zum Umweltschutz bei.“

Nachwuchsgruppe Mikrobielle Biotechnologie


Seit Januar 2018 leitet Dr. Başak Öztürk die Nachwuchsgruppe Mikrobielle Biotechnologie am Leibniz-Institut DSMZ auf dem Science Campus Braunschweig-Süd. Die Forschung der Nachwuchsgruppe fokussiert sich auf drei Themenbereiche: die Untersuchung von Abbau, Verbleiben und Verhalten von bioabbaubaren Kunststoffen im marinen Ökosystem, die Forschung an neuen Mikroorganismen, die grundwasserbelastende Pflanzenschutzmittel und Xenobiotika im Mikromolarbereich abbauen könnten und die strukturelle Erklärung von Enzymen, die an diesen Abbauprozessen beteiligt seien.


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