COVID-19 Medikament aus Braunschweig? Zwei Innovationspreise für die TU

Ein Forschungszusammenschluss, an dem auch die TU Braunschweig und die Yumab GmbH aus Braunschweig beteiligt sind, hat einen Medikamentenkandidaten gegen COVID-19 entwickelt und wurde dafür nun mit dem Innovationspreis ausgezeichnet.

Innovationspreis Niedersachsen für CORAT in der Kategorie „Kooperation“: Wissenschaftsminister Björn Thümler, Prof. Michael Hust, Institut für Biochemie, Biotechnologie und Bioinformatik, TU Braunschweig, Wirtschaftsminister Dr. Bernd Althusmann, Dr. Thomas Schirrmann, Geschäftsführer der Yumab GmbH, Prof. Josef von Helden, Vorstandsvorsitzender des Innovationsnetzwerks Niedersachsen.
Innovationspreis Niedersachsen für CORAT in der Kategorie „Kooperation“: Wissenschaftsminister Björn Thümler, Prof. Michael Hust, Institut für Biochemie, Biotechnologie und Bioinformatik, TU Braunschweig, Wirtschaftsminister Dr. Bernd Althusmann, Dr. Thomas Schirrmann, Geschäftsführer der Yumab GmbH, Prof. Josef von Helden, Vorstandsvorsitzender des Innovationsnetzwerks Niedersachsen. | Foto: Henning Scheffen/Innovationsnetzwerk Niedersachsen

Braunschweig. In zwei von drei Kategorien wurden Projekte zur Antikörperforschung aus Braunschweig mit dem Innovationspreis Niedersachsen ausgezeichnet: Das Corona Antibody Team der Technischen Universität Braunschweig in Kooperation mit der Yumab GmbH hat den Preis in der Kategorie „Kooperation“ erhalten. Den Preis in der Kategorie „Wirtschaft“ hat das Start-up Abcalis gewonnen, das ebenfalls aus dem Institut für Biochemie, Biotechnologie und Bioinformatik der Carolo-Wilhelmina hervorgegangen ist. Dies berichtet die TU Braunschweig in einer Pressemitteilung. Ein Medikament gegen COVID-19 könnte bereits ende des Jahres in die Testphase gehen.


Die Preise sind mit jeweils 20.000 Euro dotiert. Die Auszeichnung unter der Schirmherrschaft von Niedersachsens Wirtschaftsminister Dr. Bernd Althusmann und Niedersachsens Wissenschaftsminister Björn Thümler wurde am 28. September 2020 verliehen.

Gegen das neuartige Virus SARS-CoV-2 hat das Immunsystem vieler Menschen noch keine Antikörper entwickelt. Biotechnologisch, also im Labor, hergestellte Antikörper könnten den Heilungsprozess von an COVID-19 Erkrankten unterstützen oder als passive Immunisierung einen Schutz vor einer Infektion liefern, bis das Immunsystem eigene Antikörper produziert hat. Hier setzt die Forschung des Corona Antibody Teams (CORAT) vom Institut für Biochemie, Biotechnologie und Bioinformatik der TU Braunschweig zusammen mit der Yumab GmbH an. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben Methoden zur biotechnologischen Erzeugung von menschlichen Antikörpern im Reagenzglas maßgeblich mitentwickelt und an neutralisierenden Antikörpern gegen das Virus geforscht.

Zusammenschluss aus Wissenschaft und Wirtschaft


Beteiligt an CORAT sind neben den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der TU Braunschweig und der Yumab GmbH auch das Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung, das Fraunhofer-Institut für Toxikologie und Experimentelle Medizin ITEM, zahlreiche Forschende und Institutionen aus Niedersachsen und ganz Deutschland sowie industrielle Partner. Der Zusammenschluss bündele die Kompetenzen, um an einem Antikörper-Medikament gegen COVID-19 zu forschen.

Corona-Medikament soll Ende des Jahres in Testphase gehen


„Wir haben in kürzester Zeit einen Medikamentenkandidaten entwickelt und hoffen, Ende des Jahres mit den klinischen Prüfmustern beginnen zu können. Das war nur durch den außergewöhnlichen Einsatz und die hervorragende Zusammenarbeit aller Beteiligten möglich“, sagt Professor Michael Hust vom Institut für Biochemie, Biotechnologie und Bioinformatik, der den Anstoß zu dem Projekt gab. Der nächste Schritt sind klinische Studien, in denen die Wirksamkeit und die Unbedenklichkeit geprüft werden. Erst nach erfolgreichen klinischen Testreihen kann das Medikament auf den Markt gelangen. Das Zulassungsverfahren für Antikörper-Medikamente dauert normalerweise mehrere Jahre.

Schutz von Risikogruppen und Medizinpersonal


Die Kooperation führte zur Gründung der CORAT Therapeutics GmbH, die die weitere Entwicklung bündelt und sie mit Unterstützung des Landes Niedersachsen und in enger Absprache mit den Zulassungsbehörden vorantreibt. Dr. Thomas Schirrmann, Geschäftsführer der Yumab GmbH und Gründungsgeschäftsführer der CORAT Therapeutics GmbH, sagt: „Unsere niedersächsische Landesregierung hat sehr früh erkannt, dass neben Impfstoffen als Vorsorge gegen eine COVID-19-Erkrankung auch Medikamente für akut an COVID-19 Erkrankte notwendig sind. Virusneutralisierende Antikörper könnten außerdem auch den Schutz von Risikogruppen oder exponiertem Medizinpersonal für mehrere Wochen ermöglichen. Neben den Forschenden haben auch noch viele weitere Menschen geholfen, damit wir schnellstmöglich zu einem Medikamentenkandidaten kommen konnten – ihnen allen gilt unser Dank, besonders aber auch unseren Braunschweiger Privatinvestoren und der NBank."

Professor Dübel, Leiter der Abteilung Biotechnologie an der TU Braunschweig und ebenfalls CORAT Initiator, ergänzt: „Ohne den wirklich außergewöhnlichen Einsatz unserer Promovierenden und wissenschaftlichen und technischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wären wir nicht soweit. Sie alle sind für mich die eigentlichen Preisträgerinnen und Preisträger!"

Preis für tierversuchsfreie Antikörper an Start-up Abcalis


Antikörper sind die Schlüsselsubstanzen in unzähligen Diagnostiktests und Analysemethoden – von der Lebensmitteluntersuchung über Schwangerschaftsteststreifen bis zum AIDS-Test. Aktuell werden dafür meistens Antikörper aus Tierblutprodukten verwendet. Eine Alternative dazu bietet das Start-up Abcalis, eine Ausgründung der TU Braunschweig: Sie stellen Antikörper in-vitro, also im Reagenzglas, ohne Tierversuche biotechnologisch her. Diese Antikörper sind im Gegensatz zu den Tierblutprodukten erstmals vollständig in ihrer Zusammensetzung bekannt.

Innovationspreis Niedersachsen für Abcalis in der Kategorie „Wirtschaft“: Wissenschaftsminister Björn Thümler, Dr. Laila Al-Halabi-Frenzel, Geschäftsführerin der Abcalis, Wirtschaftsminister Dr. Bernd Althusmann, Prof. Stefan Dübel, Institut für Biochemie, Biotechnologie und Bioinformatik, TU Braunschweig, Prof. Josef von Helden, Vorstandsvorsitzender des Innovationsnetzwerks Niedersachsen.
Innovationspreis Niedersachsen für Abcalis in der Kategorie „Wirtschaft“: Wissenschaftsminister Björn Thümler, Dr. Laila Al-Halabi-Frenzel, Geschäftsführerin der Abcalis, Wirtschaftsminister Dr. Bernd Althusmann, Prof. Stefan Dübel, Institut für Biochemie, Biotechnologie und Bioinformatik, TU Braunschweig, Prof. Josef von Helden, Vorstandsvorsitzender des Innovationsnetzwerks Niedersachsen. Foto: Henning Scheffen/Innovationsnetzwerk Niedersachsen



„Unsere Antikörper können in Zukunft Antikörper aus Tierblutprodukten komplett ersetzen. Zudem bieten sie den Vorteil, dass sie in gleichbleibender Qualität und Beschaffenheit unbegrenzt hergestellt werden können. Das ist ein besonderer Vorteil für zertifizierte Diagnostikprodukte“, sagt Dr. Laila Al-Halabi-Frenzel, Geschäftsführerin der Abcalis. Dr. Giulio Russo, wissenschaftlicher Leiter der Abcalis, fügt hinzu: „Dank unserer Antikörperherstellung im Reagenzglas konnten wir sehr viel schneller Antikörper für die SARS-CoV-2 Diagnostik entwickeln, als es in Versuchstieren möglich gewesen wäre."

Die dabei eingesetzte Methode wurde von Professor Stefan Dübel miterfunden: „Vor 30 Jahren begann ich mit den Arbeiten an dieser Methode mit dem expliziten Ziel, Tierversuche bei der Antikörperherstellung unnötig zu machen. Es erfüllt mich nach der langen Zeit mit besonderer Freude, dass durch unsere Ausgründungen jetzt solche Antikörper verfügbar und nutzbar werden."

Über den Preis


Der Innovationspreis Niedersachsen fördert Innovation und Veränderung. In drei Kategorien werden herausragende Leistungen und Erfolgsgeschichten aus Niedersachsen gewürdigt. Insgesamt wurden diesmal aus 120 Bewerbern neun Projekte nominiert, aus denen die drei Gewinner von einer Jury ausgewählt wurden. Das Innovationsnetzwerk Niedersachsen ist ein Zusammenschluss von 275 Einrichtungen der niedersächsischen Innovations- und Wirtschaftsförderung.


mehr News aus Braunschweig