Durchbruch in Braunschweig: Forscher erschaffen künstliche Antikörper gegen Coronavirus

Ein internationales Forscherteam von TU und HZI hat in Braunschweig künstliche Antikörper gegen das Coronavirus erschaffen. Allein das Verfahren könnte zukünftige Pandemien deutlich abmildern.

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Symbolbild. | Foto: pixabay

Braunschweig. Ein internationales Forschungsteam der Technischen Universität Braunschweig und des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung (HZI) unter Leitung der Abteilung Biotechnologie der TU Braunschweig berichtet in der Fachzeitschrift „Nature Communications“ über die Entwicklung besonderer Antikörper gegen SARS-CoV-2. Mithilfe dieser künstlich erzeugten Antikörper könnten in Zukunft schneller Wirkstoffe gegen neuartige Krankheiten entwickelt werden.


Dem Forschungsteam der TU Braunschweig und des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung (HZI) ist es gelungen, Antikörper gegen SARS-CoV-2 mithilfe der sogenannten "Antikörper-Phagen-Display-Technologie" komplett im Reagenzglas zu erschaffen. Diese Antikörper hinderten die Viren daran, in Wirtszellen einzudringen. Sie würden aus einer Antikörpergenbibliothek isoliert, die bereits vor der Pandemie aus Immunzellen gesunder Spenderinnen und Spender hergestellt worden sei. Die Studie zeige, wie sich in Zukunft Wirkstoffe gegen bisher unbekannte, neu auftretende Viren sehr schnell ohne Patientenmaterial erzeugen ließen.

„Ohne den wirklich außergewöhnlichen Einsatz aller im Team in den ersten Monaten der Pandemie wäre dieses Projekt nicht möglich gewesen“, sagt Professor Michael Hust aus der Abteilung Biotechnologie, der das Projekt bereits im Januar 2020 initiierte. „Neben dem möglichen Nutzen der isolierten Antikörper gegen SARS-CoV-2 demonstriert diese Studie einen Weg, wie in Zukunft Wirkstoffe gegen bisher unbekannte, neu auftretende Viren sehr schnell ohne Patientenmaterial erzeugt werden können.“ Insbesondere bei Krankheitserregern aus entfernten Teilen der Welt könne dies einen entscheidenden Vorsprung im Kampf gegen eine Pandemie bedeuten, da die Forscherinnen und Forscher bereits die Arbeit an einem Wirkstoff beginnen könnten, bevor es in Europa erste Infizierte gibt. Die Forschenden der TU Braunschweig schlagen deshalb in Zusammenarbeit mit dem HZI und weiteren Partnern den Aufbau einer vorsorgend agierenden Infrastruktur zur Abwehr zukünftiger Pandemien vor.

Wichtiges Rüstzeug gegen zukünftige Pandemien


„Um gegen zukünftige Pandemien besser gerüstet zu sein, ist es essenziell, langfristig angelegte Strukturen in der Forschung und Entwicklung zu etablieren“, sagt Professor Dirk Heinz, Wissenschaftlicher Geschäftsführer des HZI, in dessen Hochsicherheitslabor die Aktivität der Antikörper gegen SARS-CoV-2 nachgewiesen worden sei. „Ideal wäre eine nationale Plattform für antivirale Wirkstoffe, an deren Konzeption wir gerade mit Partnern arbeiten. Die erfolgreichen Arbeiten zu den Antikörpern zeigen – gerade in Zeiten eingeschränkter Mobilität – den Wert der engen Zusammenarbeit der hochengagierten Partner auf unserem Forschungscampus. Damit haben wir gezeigt, dass Braunschweig einen weiteren wichtigen Beitrag zur Pandemiebekämpfung leisten kann.“

Professor Luka Cicin-Sain und Dr. Ulfert Rand, Leiter und Wissenschaftler der Forschungsgruppe Immunalterung und Chronische Infektionen am HZI, freuen sich sehr über die Ergebnisse der Studie. „Es war ein toller Moment, als wir im Experiment sahen, dass die Antikörper tatsächlich die Infektion mit SARS-CoV-2 verhindern konnten. Uns war sofort klar, dass wir eine mögliche Waffe gegen die Pandemie in Händen halten“, sagt Ulfert Rand. Cicin-Sain ergänzt: „Ulfert Rand hat in Rekordzeit die Methoden zur Bemessung der antiviralen Aktivität der Antikörper entwickelt. Insgesamt haben uns viele Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in unserer Gruppe und am HZI unterstützt und so für einen ausgesprochenen Teamerfolg gesorgt.“

Antikörper aus Insektenzellen


Dr. Maren Schubert aus der Abteilung Biotechnologie der TU Braunschweig, die mit einer von ihr neu entwickelten Methode zur Produktion der neuen Virusbauteile in Insektenzellen die Arbeiten maßgeblich beschleunigt habe, sagt: „Wir sind sehr glücklich, dass unser Projekt das Potenzial hat, die Corona-Pandemie abzumildern und Menschenleben zu retten. Aber wir können uns damit auch wesentlich schneller gegen zukünftige Bedrohungen wappnen.“

Professor Stefan Dübel, Leiter der Abteilung Biotechnologie der TU Braunschweig, ergänzt: „Wir haben mit der Studie gezeigt, wie man gegen zukünftige Epidemien vorher unbekannter Infektionskrankheiten schneller und effektiver vorgehen kann, als es bisher möglich war – auch, wenn diese aus fernen Gegenden der Welt noch gar nicht bis zu uns vorgedrungen sind. Damit haben wir eine neue Option geschaffen, um einer weltweiten Verbreitung, wie wir sie bei SARS-CoV-2 schmerzlich erfahren haben, in Zukunft besser entgegentreten zu können.“


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