Braunschweig. Eine Diskussionsrunde mit den Braunschweiger Oberbürgermeister-Kandidaten am vergangenen Sonntag kurzfristig geplatzt, da sich vier Kandidaten weigerten, sich mit dem AfD-Bürgermeister-Kandidaten Mirco Hanker auseinanderzusetzen. Hanker selbst bezieht auf Nachfrage von regionalHeute.de Stellung zu den Vorfällen und meint, dass wer das konstituierende Grundgesetz des demokratischen Gemeinwesens nicht kennt oder gar missachtet, sollt besser nicht als Oberbürgermeister kandidieren.
Es hätte ein öffentlicher, politischer Diskurs aller Oberbürgermeister-Kandidaten Braunschweigs sein sollen. Am Ende wurde es zum Eklat, indem die vier Kandidaten Thorsten Kornblum (SPD), Tatjana Schneider (unterstützt von Bündnis 90/Die Grünen und Piraten), Birgit Huvendieck (BIBS) und Anke Schneider (Die Linke) die Bühne schon im Vorfeld verließen. Grund war die Anwesenheit des AfD-Bürgermister-Kandidaten Mirco Hanker. "Wir wollen rechten Parolen im öffentlichen Diskurs kein Podium bieten", heißt es in einer gemeinsamen Presseerklärung am Montag.
Einzig der parteilose Oberbürgermeister-Kandidat Kaspar Haller hätte sich am Sonntag bereit erklärt mit allen Kandidaten in die Diskussion zu gehen - auch mit Hanker. Haller erklärt dazu in seinem Statement regionalHeute.de gegenüber, dass es für ihn keine Option gewesen wäre, der AfD die Bühne zu überlassen. "Klare Kante gegen Rechtspopulisten. Weglaufen ist keine Lösung. Das gleiche Diskussionsformat für Salzgitter und Wolfsburg hat gezeigt, dass man in die Auseinandersetzung mit einem AfD-Kandidaten gehen kann", so Haller.
Von Mirco Hanker erntet Haller zumindest dafür Respekt. Für das Verhalten der übrigen vier Kandidaten findet der Braunschweiger AfD-Mann deutliche Worte: "Ist das kindisch? Ist das eines Hauptverwaltungsbeamten einer Großstadt würdig? Wie stellen sich diese Kandidaten eigentlich eine politische Auseinandersetzung um Inhalte und gegensätzliche Positionen vor? Wem es in der Küche zu heiß ist, sollte nicht Koch werden, wer das konstituierende Grundgesetz unseres demokratischen Gemeinwesens nicht kennt oder gar missachtet, sollte besser nicht als Oberbürgermeister kandidieren. Zumal, wenn er sich Jurist schimpft und für Recht und Ordnung vom Rat der Stadt zum Dezernenten – auf Vorschlag des scheidenden SPD-Bürgermeisters – gewählt wurde. Da blitzen erschreckende Demokratiedefizite und fachliche Unkenntnis durch. Das lässt mich ein wenig schaudern und ist von der Klasse, der Souveränität und dem demokratischen Selbstverständnis des aktuellen OB meilenweit entfernt. Die Schuhe des Oberbürgermeisters passen halt nicht jedem."
Deutliche Worte
Hanker macht weiter deutlich: "Von den politischen Leichtmatrosen habe ich nix anderes erwartet, als „Empörung“, Haltung und Ausgrenzung. Das entspricht weitgehend ihrem politischen und intellektuellen Horizont, den man aus dem Rat oder dem Umfeld dieser Initiativen kennt. Die Kandidaten mussten ihre politische Komfortzone verlassen und sind fast alle grandios gescheitert. Ein Oberbürgermeister-Kandidat, der keine Brücken bauen will, ist eine Belastung für die Stadtgesellschaft und offenbar schon vor seinem möglichen Start gescheitert. Dem OB-Kandidat, der „rechten Parolen“ keinen Raum geben möchte, habe ich geantwortet: ich muss mir auch linken Quatsch anhören (Steuererhöhungsphantasien oder Enteignungswünsche) und halte das als Demokrat auch aus. Stellt sich die Frage, woher er weiß, welche Parolen ich „ausgegeben“ hätte, wenn er sich doch der Diskussion verweigert?".
Hanker überrascht von Haller
Auf die Frage, ob alle anwesenden Kandidaten mit Abneigung auf ihn reagiert hätten, oder ob gab es Kandidaten gab, der zu einer Diskussion bereit gewesen wäre, erklärt Hanker offen: "Zu meiner positiven Überraschung war der einzige Kandidat, der uns und mich mit Sicherheit nicht mag (muss er auch nicht), der zu einer Diskussion bereit gewesen ist und mich begrüßte und sich von mir verabschiedete, der parteilose Haller. Ich habe mich bei der Verabschiedung bei ihm für seine demokratische Grundhaltung bedankt. Wie wichtig und selten heutzutage, demokratisch eingestellte Verfechter der Grundrechte und Protagonisten sind, zeigte das Verhalten der empörten linken Blase gestern wieder einmal allzu deutlich."
Wie auch der Veranstalter, der Verein "studio kult TV", auf Nachfrage von regionalHeute.de erklärte, seien die Kandidaten vorab über die Einladung der anderen Teilnehmer informiert worden. So sieht es auch Mirco Hanker, der der Redaktion einen Ausschnitt der Einladung vorlegt. "Ja, mir war bewusst, dass alle Kandidaten eingeladen worden sind", sagt er.
Politische Ziele
Auf die Frage, wie er sich zukünftig die politische Zusammenarbeit mit anderen Parteien in Braunschweig vorstellt, sagt Hanker weiter: "Wir müssen die tiefe - vor allem von Roten und Grünen betriebene -Spaltung der Gesellschaft überwinden. Das beginnt mit dem Gendern, merkwürdiger Cancel-Culture und der Ausgrenzung und Isolation Andersdenkender. Das Verhalten dieser teils anarchistischen oder auch antibürgerlichen Parteien bereitet mir große Sorgen, ist demokratiefeindlich, diskursverwehrend und damit letztlich gegen unsere konstituierenden Grundrechte und die daraus resultierenden bürgerlichen Freiheiten gerichtet. Das muss - im Sinne Voltaires, im Sinne der Aufklärung und im Sinne der Zukunftsfestigkeit des Landes und einer Stadtgesellschaft, die Mehrheiten demokratisch, in der sachlichen Auseinandersetzung, aushandeln muss - aufhören. Wir brauchen eine „Wir-Gesellschaft“ für die Herausforderungen, die auf uns in naher Zukunft warten. Ich bin – wie immer – gesprächsbereit und Argumenten gegenüber offen. Als Oberbürgermeister würde ich als erstes, einen runden Tisch aller Kandidaten einrichten, die quartalsweise ihre Ideen, Anregungen, Wünsche und Vorstellungen in einem gemeinsamen Gespräch zum Wohle der Stadt einbringen können sollen. Braunschweig, wir müssen reden!".
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