„Im Zweifel für den Angeklagten?" - Baumschützer erheben schwere Vorwürfe gegen Justiz

Im Streit um die Jasperallee-Ahorne war ein Mitglied der BI Baumschutz vom Amtsgericht zu einem Bußgeld von 250 Euro verurteilt worden. Die Baumschützer vermuten dahinter einen Einschüchterungsversuch, die Staatsanwaltschaft widerspricht.

von


Die Jasperallee - Damals noch mit Ahornen. Wegen des Anbringens von Plakaten wurde gegen ein Mitglied der BI Baumschutz ein Bußgeld von 250 Euro verhängt. (Archivbild)
Die Jasperallee - Damals noch mit Ahornen. Wegen des Anbringens von Plakaten wurde gegen ein Mitglied der BI Baumschutz ein Bußgeld von 250 Euro verhängt. (Archivbild) | Foto: Dontscheff

Braunschweig. Die Aktivisten der Bürgerinteressengemeinschaft Baumschutz (BI Baumschutz) erheben schwerwiegende Vorwürfe gegen die Justiz. Ihnen wurde vorgeworfen, Plakate an Bäumen „angebracht oder dies veranlasst zu haben“. Zwei Ordnungswidrigkeitsverfahren wurden geführt, eines wurde fallen gelassen. Im anderen Verfahren lautete das Urteil auf eine Geldstrafe von 250 Euro, wie die BI Baumschutz in einer Pressemitteilung berichtet - ohne jegliche Beweise, klagen die Baumschützer an. Die Staatsanwaltschaft widerspricht den Vorwürfen.


Dazu Klimaschützer Edmund Schultz: „Der Hammer war, dass das Urteil schriftlich überhaupt nicht begründet wurde! In der Verhandlung hat die Richterin als Grund nur angeführt, dass sie sonst niemanden hätte. Das Urteil kam für uns völlig überraschend, denn der Grundsatz ‚im Zweifel für den Angeklagten‘ war nicht einmal nötig, da weder Beweise noch Indizien vorgebracht wurden.“

Baumschützerin Birgit Huvendieck ergänzt; „Angeklagt war eine Person, gemeint wir alle. Das Ordnungsamt wurde aufgrund eines Hinweises aktiv. Vorher wurden die freundlichen Baumplakate an den Jasperallee-Ahornen viele Wochen lang toleriert. Es ging also offensichtlich darum, engagierte Bürgerinnen und Bürger einzuschüchtern. Die Preisfrage ist: Wem war unser Widerstand gegen die Fällungen ein Dorn im Auge? Wer hat genug Einfluss, das Amt zum Handeln zu bewegen? Wieso konnte die Zeugin aus dem Amt vor Gericht den Namen nicht nennen? Zur Erinnerung: für die Fällungen gestimmt haben CDU, FDP und SPD…“

„Bürgerinitiativen und alle, die sich gegen Entscheidungen der Stadtverwaltung wehren, sollten mundtot gemacht werden. Dagegen haben wir uns natürlich zur Wehr gesetzt und wären notfalls bis nach Karlsruhe gegangen. Es kann nicht sein, dass in Braunschweig die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger missachtet werden!“ bekräftigt Baumschützerin Brigitte Dittrich.

Da das erste Bußgeld unter der Grenze von 250 Euro war, konnte keine Revision eingelegt werden und das strittige Urteil war rechtskräftig.

Staatsanwaltschaft widerspricht den Vorwürfen


regionalHeute.de hat Julia Meyer von der Staatsanwaltschaft Braunschweig zu dem Prozess vor dem Amtsgericht befragt. Laut Meyer hätte es Beweise gegeben: Zwei Mitarbeiterinnen des Zentralen Ordnungsdienstes seien Zeuginnen des Vorfalls gewesen. Weiterhin, so Meyer, könne bei Ordnungswidrigkeitsverfahren von einer schriftlichen Begründung des Urteils abgesehen werden - hiervon habe man in diesem Fall Gebrauch gemacht.

Dass die Richterin als Begründung für das Verfahren angeführt habe, dass "man sonst niemanden hat", könne Meyer weder bestätigen noch verneinen. "Dazu findet sich im Protokoll der Hauptverhandlung nichts", so die Staatsanwältin.

Der zweite Prozess läuft völlig anders


Erfreulicher sei für die BI Baumschutz Ende Juli der zweite Prozess ausgegangen: "Da die Beweislage nicht nur dünn, sondern gar nicht vorhanden war, hat diese Richterin das Verfahren eingestellt", berichtet die BI Baumschutz. Den Baumschützern habe insbesondere die rhetorische Frage der Richterin gefallen, ob es nicht anders bewertet werden müsse, wenn Plakate an Bäumen befestigt würden, deren Fällung ohnehin vorgesehen sei.


mehr News aus Braunschweig